Corona-Krise: Vollschutz im Winterlager?
Strenge Erlasse im Norden
Klare Kante gibt‘s derzeit vor allem im hohen Norden, denn am 17. März 2020 erließ die Landesregierung Schleswig-Holstein einen Erlass, der erstmals auch explizit Yacht- und Sportboothäfen aufführt. In ihm wird geregelt, dass auch Yachthäfen ab dem 18. März 2020 keine Personen zu touristischen Zwecken beherbergen dürfen. Der Erlass gilt vorerst bis zum 19. April 2020.
„Betreibern von Beherbergungsstätten, Campingplätzen,
Wohnmobilstellplätzen, Yacht- und Sportboothäfen sowie privaten und
gewerblichen Vermietern von Ferienwohnungen und -häusern und vergleichbaren
Angeboten ist es untersagt, Personen zu touristischen Zwecken zu beherbergen.
Einrichtungen, die ausschließlich touristischen Zwecken dienen, sind zu
schließen. Für bereits beherbergte Personen gilt dies ab dem Tag nach Inkrafttreten“,
heißt es im Wortlaut und damit ist klar: Bootseigner bleiben am besten Zuhause.

Das gilt ohnehin für all jene, die ihren Wohnsitz nicht, den Bootsliegeplatz aber schon in Schleswig-Holstein haben, denn der Besuch des nördlichsten Bundeslandes zu touristischen Zwecken – und da ist auch der Freizeitboots-Bereich einzuordnen – ist ebenfalls vorläufig untersagt. Das betrifft auch Tagesgäste. Das Einreiseverbot in das Bundesland „gilt auch für Reisen, die zu Freizeitzwecken, zu Fortbildungszwecken oder zur Entgegennahme von vermeidbaren oder aufschiebbaren Maßnahmen der medizinischen Versorgung, Vorsorge oder Rehabilitation unternommen werden.“
Für die Sportschifffahrt wurde dieser Erlass in Schleswig-Holstein mittlerweile präzisiert und überarbeitet.
Danach sind Winterlagerarbeiten sind im Rahmen der geltenden Regelungen zur Kontaktvermeidung zulässig, d.h. außerhalb von Vereinsaktivitäten und ohne Zusammenkünfte z.B. in Winterlagerhallen.
Früh teilten bereits die ersten Marinas mit, dass sie vorerst schließen würden, bzw. nur noch in einem reduzierten Teilbetrieb arbeiten würden. Die ancora Marina in Neustadt bat die Liegeplatzinhaber, „…nur unabdingbar notwendige persönliche und absolut erforderliche Besuche der ancora Marina zum Schutz unserer Mitarbeiter durchzuführen.“ In Neustadt soll aber weiterhin gekrant und an den Schiffen gearbeitet werden: „Wir sichern Ihnen aber zu, dass wir im Hintergrund alles daransetzen, um mit unseren Mitarbeitern die wesentlichen Abläufe auf der Liegenschaft, den Steganlagen und den Arbeiten an den Schiffen in unseren Hallen auszuführen …“ Diese Arbeiten werden allerdings ausschließlich durch das Personal der Marina durchgeführt. Ähnlich sieht es in anderen Häfen an der Ostseeküste Schleswig-Holsteins aus. Auftragsarbeit der Werft werden soweit möglich abgearbeitet, Eigner werden gebeten, möglichst zuhause zu bleiben. Sollen die Schiffe ins Wasser, werden die Kranarbeiten durchgeführt, vorzugsweise aber mit eigenem Personal und ohne den Eigner, um Kontakte soweit als möglich zu vermeiden.
Um die Kundenaufträge in den kommenden Wochen trotz der Virus-Gefahr
termingerecht abarbeiten zu können, hat die Kieler Yachtwerft Dick am
Nord-Ostsee-Kanal einen Drei-Schicht-Betrieb eingerichtet. „Die drei Gruppen
von Mitarbeitern arbeiten zeitlich und räumlich voneinander getrennt, um das
Ansteckungsrisiko zu minimieren“, erklärt Werft-Inhaber Helmut Dick. Das heißt
auch, dass Kundenanfragen zwar gern telefonisch beantwortet werden, eine
persönliche Zusammenkunft auf dem Werftgelände aber vermieden wird.

Schutz der Kunden und Mitarbeiter
Bei der Sportboothafen Kiel GmbH sind seit Mittwochmittag
alle neun Häfen sowie die Winterlager-Hallen geschlossen. „Wir haben alles auf
Halt gestellt, weil wir sonst die Gefahr nicht kontrollieren könnten. Denn bei
einem Weiterbetrieb würden auch immer mehrere Menschen zusammenkommen“, erklärt
Geschäftsführer Philipp Mühlenhardt. Durch die Schließung der Häfen mussten
auch die ersten großen Kran-Aktionen der Vereine ab Anfang April abgesagt
werden. „Für uns geht es jetzt darum, die finanziellen Schäden in Grenzen zu
halten. Möglicherweise werden wir die Mitarbeiter mit Kurzarbeit nach Hause
schicken“, so Mühlenhardt. Auch bei der Marina Großenbrode läuft der
Werftbetrieb zwar weiter, für Privatpersonen ist das Gelände aber derzeit
geschlossen.
Ähnlich verhält sich die Situation in Mecklenburg-Vorpommern. Auf der Werft Rammin in Barth weist bereits an der Toreinfahrt ein großes Schild auf die notwendigen Verhaltensregeln hin, die allesamt dazu dienen, Mitarbeiter und Kunden zu schützen. So ist das Betreten des Geländes nur mit Einschränkungen möglich, das Betreten der Büroräume, der Werkstätten und anderer Bereich ist betriebsfremden Personen z.T. nicht gestattet. Auch die Kontaktaufnahme mit den Mitarbeitern ist untersagt, Kranen und Maststellen auf Booten wird ausschließlich vom Werftpersonal ohne Mitwirkung des Eigners durchgeführt, Termine können ggf. verschoben werden.

Nicht viel anders verhält es sich in der Marina Kröslin. Hier heißt es in einem Rundschreiben: „Die wichtigste aller Kundenfragen bezieht sich darauf, ob Sie ihrem Schiff auf unserem Gelände einen Besuch abstatten können. (…) Im Interesse Ihrer und der Gesundheit unseres Teams möchten wir Sie jedoch darum bitten, gewissenhaft abzuwägen, ob dieser Plan nicht bis auf Weiteres verschoben werden kann.“ Zwar können Eigner beim Kranen anwesend sein, müssen aber einen Mindestabstand von zwei Metern zum Personal halten und werden gebeten, diese Arbeiten am besten ohne eigene Anwesenheit ausführen zu lassen. Bestimmte Bereiche der Marina wie der Wellnessbereich, der Friseur, die Modeboutique usw. sind geschlossen oder sind nur mit Einschränkungen verfügbar. Der Kranbetrieb bleibt aber aufrechterhalten.
Der Werftbetrieb läuft
Ob es an den strikten Erlassen der jeweiligen Landesregierungen liegt, oder an der klaren und geraden norddeutschen Mentalität: Nicht ganz so streng sah es anfangs z.T. in einigen südlicheren Landesteilen aus, mittlerweile hat sich die Situation dort aber angeglichen und in Sachen Sportschifffahrt läuft für Privatleute praktisch nichts. In der Marina Lanke in Berlin lief der Betrieb weitgehend normal. Selbst die Sportbootschule führte Kurse durch. Schüler, die hier aufgrund der Infektionsgefahr absagen, erhielten aber ihre Anzahlung zurück. Allerdings gelten in allen Bereichen verschärfte Abstandsregeln untereinander und häufiges Händewaschen ist angebracht. Personen, die Erkrankungssymptome zeigen, sollen aber fernbleiben, auch wenn es noch so in den Fingern juckt. Die Marina bemüht sich, die zugesagten Termine z.B. zum Kranen einzuhalten.
Ähnlich war es auch in einem der größten Yachthäfen im Süden. In der Ultramarin Meichle und Mohr Marina am Bodensee kam es zwar zu verkürzten Öffnungszeiten, und das Bekleidungsgeschäft auf dem Gelände bleibt geschlossen, ansonsten lief der Betrieb aber über weite Strecken normal, Kran- und Servicearbeiten wurden bis jetzt planmäßig abgewickelt. Auf die Sicherheitsregeln wie genügend Abstand usw. soll aber selbstverständlich geachtet werden.
Mittlerweile haben sich die Abläufe aber auch hier geändert, denn nach der Einstufung der Landesregierung sind Häfen und Marinas als Sportstätten zu kategorisieren. Nach der aktuellen Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus sind Sportstätten zu schließen und das Betreten derer untersagt, sodass das Gelände von Privatpersonen derzeit nicht betreten werden darf, und Shops und Restaurants geschlossen sind. Auch die geplante Boatshow am 9./10. Mai ist abgesagt worden.

Auch auf der anderen Seite des Bodensees, in Hilzingen bei MIZU gilt: Boatshow am 4./5. April verschoben, Showroom bis auf Weiteres dicht, heißt es vom Cobrey und Futura Importeur. Servicearbeiten und Anfragen bitte telefonisch oder per Mail, hier ist die Erreichbarkeit gewährleistet.
Die Marina Oberhausen am Rhein ist zu den Öffnungszeiten telefonisch erreichbar, man gibt gerne Auskünfte und arbeitete bisher weitestgehend normal. Allerdings verweist man darauf, dass eine Planung über den nächsten Tag hinaus bei der dynamischen Entwicklung derzeit kaum möglich ist, bittet Eigner, die notwendigen Arbeiten ohne eigene Anwesenheit vom Personal durchführen zu lassen und im Zweifelsfalle vorher anzufragen und sich über die Situation vor Ort zu informieren

Nicht viel anders wird es in den
Marinas im Ausland aussehen. Da aber zahlreiche Länder die Grenzen geschlossen
haben, Flüge europaweit im großen Umfang annulliert werden und eine
internationale Reisewarnung besteht, bzw. z.T. Ausgangsperren bestehen, kommt
die Anreise zum Boot im Ausland derzeit eh nicht in Frage, sodass wir diesen Aspekt
hier ausklammern.
Arbeiten eventuell verschieben
Auch wenn der Winter lang war und der Saisonstart herbeigesehnt wird, im Moment gilt die Regel: Am besten zuhause bleiben und eventuell notwendige Arbeiten verschieben oder vom Werftpersonal durchführen lassen. Aufträge sollten idealerweise telefonisch, per Fax oder per E-Mail erteilt werden. Persönlicher Kontakt sollte vorerst soweit als möglich unterbleiben und wenn es denn unvermeidlich ist, dann bitte unter Einhaltung der allgemein gültigen Sicherheitsregeln, wie z.B. zwei Metern Abstand voneinander.
Verhaltensregeln professionell arbeitender Betriebe, die auch von den Vereinen eingehalten werden sollten. Wenn wir uns alle vernünftig verhalten und uns gegenseitig weiterhelfen, besteht eine gute Aussicht, dass die nächste schöne Boots-Saison vielleicht spät, aber eben doch irgendwann kommt.