Analyse Produktionserwartung 2035

E-Fuels für die Sportschifffahrt?

Laut einer Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die dem ARD-Magazin FAKT exklusiv vorliegen soll, sollen die notwendigen weltweiten Produktionskapazitäten für E-Fuels bis ins Jahr 2035 nicht ausreichen, um die zu erwartende Nachfrage nach E-Fuels in Deutschland zu decken. Das wirft auch die Frage auf, inwieweit E-Fuels für Verbrennungsmotoren in der Freizeitschifffahrt zur Verfügung stehen können.

Die Forderungen aus dem aktuellen IPCC-Bericht zum Sachstand des Klimawandels sind deutlich, die Warnungen unüberhörbar: Es ist kaum noch Zeit, den Klimawandel aufzuhalten, das Emittieren von CO₂ aus fossilen Brennstoffen in die Umwelt muss drastisch eingedämmt werden, wenn der Klimawandel noch begrenzt werden soll. Dabei zählt jeder Beitrag, Klimaneutralität ist angesagt. Ansonsten droht auch die Freizeitschifffahrt auf dem Trockenen zu stranden, wie es schon im letzten Jahr aufgrund niedriger Wasserstände vielerorts der Fall war.

In der Diskussion um die Zukunft des Verbrennungsmotors spielen sog. E-Fuels eine zentrale Rolle. Diese aus dem CO₂ der Luft und Wasserstoff aus Wasser erzeugten synthetischen Kraftstoffe könnten die bisherigen fossilen Kraftstoffe ersetzen, und den klimaneutralen Betrieb von Verbrennungsmotoren auch zukünftig erlauben, wenn sie ausschließlich mithilfe erneuerbarer Energien hergestellt würden.

Auch die Sportschifffahrt hofft auf E-Fuels

Auch in der Sportschifffahrt wird hoffnungsvoll in Richtung der klimaneutralen Kraftstoffe geschaut. Wer Offshore oder in strömungsreichen Gewässern unterwegs ist, oder hohe Geschwindigkeiten in Gleitfahrt und alles in Verbindung mit einer adäquaten Reichweite erreichen will, findet derzeit kaum Alternativen zum Verbrennungsmotor an Bord. Hinzu kommt eine riesige, weltweite Bestandsflotte, die mit Verbrennungsmotoren betrieben wird, und die auf eine klimaneutrale Alternative lauert.

Leistungsstarke Yachten, die auch längere Strecken im Offshore-Bereich zurücklegen sollen (hier: Absolute 56 Fly), können diesen Anforderungen derzeit nur mit Verbrennungsmotoren gerecht werden. (Foto: C. Schneider)

Rein technisch ist das lt Aussagen von Fachleuten auch kein Problem. Danach können Verbrenner auch mit E-Fuels, statt mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Zudem stünde die gesamte Infrastruktur zur Versorgung mit den Kraftstoffen bereits zur Verfügung. Das Problem ist, dass die Herstellung der E-Fuels sehr Energie-intensiv ist und die Kapazitäten für die Herstellung zur Verfügung stehender erneuerbarer Energien begrenzt sind.

Deutsche Firma will alternative Kraftstoffe für Sportboote anbieten

Als Partner des eFuels Forum wird die Lühmann Gruppe ab Februar 2023 in der Grafschaft Hoya bereits zwei Dieselprodukte anbieten, die den Aussagen zufolge bis zu 90% CO₂-neutral sind. Dabei handelt es sich allerdings nicht um E-Fuels aus CO₂ und Wasserstoff, sondern um Diesel, der aus biologischen Abfallstoffen wie z.B. alten Pflanzenfetten gewonnen wird.

Dr. Lorenz Kiene, Geschäftsführer der Lühmann GmbH mit Sitz in Hoya und in Personalunion auch Geschäftsführer des eFuels Forum informierte in einem Vortrag über die Bedeutung von eFuels im Rahmen der Defossilisierung des Verkehrswesens und gab einen Ausblick auf die Nutzbarkeit der neuen Kraftstoffe für den motorisierten Wassersport. Dafür haben sich zehn mittelständische Mineralölunternehmen unter dem eFuel-GmbH-Dach zusammengeschlossen, um sich an eFuels produzierenden Unternehmen zu beteiligen und den Kraftstoff an die Tankstellen zu bringen. „Wir werden im nächsten Jahr auch Sprit für Ihre Boote bereitstellen und laden Sie ein, gemeinsam mit uns entsprechende Tests zu fahren“, so Dr. Lorenz Kiene anlässlich seines Vortrags zu den interessierten Teilnehmern aus den Reihen des Deutschen Motoryachtsverbands. Ein erster Test mit dem Boot des Umweltbeauftragen im DMYV und 1. Vizepräsidenten des Landesverbands Motorbootsport Baden-Württemberg Peter Haag ist schon in Vorbereitung, „weil der nicht schnell genug auf den Bäumen war“, so Dr. Lorenz Kiene scherzhaft.

Wenn schon für den PKW nicht reichen sollte, wirds für das Sportboot eng: E-Fuels gelten vielen als Hoffnungsträger für den klimaneutralen Betrieb von Verbrennern. (Foto: C. Schneider)

Ernüchternde Analyse aus Potsdam

Das Ergebnis der Analyse des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) ist allerdings ernüchternd. Auch wenn die Sportschifffahrt nicht im Fokus der Analyse stand, könnte man aus deren Ergebnis entsprechende Rückschlüsse ziehen. Die Untersuchung kommt lt. eines Berichts der tagesschau zu dem Ergebnis, dass der Bedarf an E-Fuels im Jahr 2035 nicht einmal für die sog. „unverzichtbaren Nachfragen“ im Jahr 2035 in Deutschland gedeckt werden kann. Damit sind lt. dem Bericht die Bereiche Flugverkehr, Schiffsverkehr (gewerblich – Anmerkung d. Redaktion) und die chemische Industrie gemeint. Aufgrund der benötigten hohen Energiedichten lassen sich diese Bereiche nicht vollständig elektrifizieren. Ein Problem, das auf die besagten Bereiche in der motorisierten Sportschifffahrt ebenfalls zutrifft.

Nachhaltigkeit wird auch in der Sportschifffahrt immer größer geschrieben – Die Nachfrage nach alternativen Antrieben steigt. (Foto: Jan Maas)

Schon für den PKW-Verkehr stünden keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung, so die Analyse. Daraus könnte abgeleitet werden, dass es mit der Verfügbarkeit von E-Fuels auch für eher nachrangige Nachfragen im Bereich der Freizeitgestaltung eng werden könnte. Selbst in der Erwartung eines „Best-Case“-Szenarios, das darauf beruht, dass die Produktion von E-Fuels in der Zukunft durch technische Entwicklungen deutlich kostengünstiger und effizienter läuft als bisher, gehen die Forscher nicht davon aus, dass der Bedarf an E-Fuels und die Verfügbarkeit für eine Nachfrage in der Breite der Gesellschaft bis ins Jahr 2035 gewährleistet werden kann. So gäbe es erst für ein Prozent der weltweit geplanten Produktionsanlagen für E-Fuels überhaupt eine gesicherte Finanzierung.

Klares Bekenntnis und Investitionssicherheit gefordert

Experten aus den Reihen der Kraftstoffbranche kritisieren hingegen, dass als Voraussetzung für die Investitionen zum Aufbau einer hohen weltweiten E-Fuel Produktionskapazität in industriellen Rahmen, erst einmal die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, um Investitionssicherheit zu gewährleisten. Wie die aktuelle Diskussion in Deutschland und Europa zeigt, mangelt es aber derzeit genau daran.

www.pik-potsdam.de