Test Volvo Penta Joystick Driving Function
Kannst Du es Dir vorstellen, auf das Steuerrad und die Gashebel an Bord einer Yacht zu verzichten, und sie nur über einen Joystick zu steuern?“ Meine Antwort auf die Frage der schwedischen Volvo-Penta Technikerin auf Krossholmen, dem Volvo Penta Testcenter in den Schären vor Göteborg, ist klar: „Natürlich nicht – Steuerrad und Gashebel gehören zur Steuerung und Kontrolle eines Bootes einfach dazu!“ Ob diese – eher traditionelle – Sicht der Dinge auch in der Praxis haltbar ist, will ich ausprobieren.
Docking Mode
Wir gehen an Bord einer Sargo 28, die mit einem Volvo Penta D4-320 Diesel und DPI-Heckantrieb ausgerüstet ist. Nach dem Start des Diesels betätigt unsere Skipperin per Knopfdruck auf dem auf der Armlehne des Fahrersitzes installierten Joystick, den „Docking“-Modus. Hier sind sowohl die Umsteuerung des Getriebes (Vorwärts-Rückwärts), sowie die Steuerung der Antriebseinheit und die Funktion des Bugstrahlruders integriert. Über diese Funktionen lässt sich die Yacht im Standgas, per Joystick mit spielerischer Leichtigkeit und wenigen Handbewegungen zielgenau von der Pier ablegen. Drücken starker Wind oder Strom, kann über einen zuschaltbaren „High-Mode“ die Drehzahl etwas erhöht werden, um beim Manövrieren etwas mehr Schub zu haben. Das alles ist bekannt und seit Jahren verfügbar.

Nachdem wir das Hafenbecken verlassen haben, übernehme ich das Ruder und fahre – ganz traditionell – ein paar Manöver per Steuerrad und Gashebel, ändere Kurs und Geschwindigkeit, um etwas Gefühl für die Yacht zu bekommen. Anschließend stoppe ich die Yacht auf, lehne ich mich in den Fahrersitz zurück, lege den Unterarm auf die Armlehne und aktiviere den „Drive-Mode“ am Joystick.
Driving Mode
„Beim Aktivieren der Joystick-Fahrfunktion werden die wichtigsten Fahrerinformationen wie der gewählte Gang (Vorwärts/Neutral/ Rückwärts), die Geschwindigkeit und der Steuerkurs automatisch auf dem Display des Volvo Penta Glass Cockpit angezeigt. Die Joystick-Ansicht kann individuell angepasst werden, um nur die benötigten Informationen anzuzeigen. Durch einfaches Drücken des Joysticks nach vorne kann der Gang eingelegt, beschleunigt oder verlangsamt werden, und durch Loslassen des Joysticks wird eine bestimmte Geschwindigkeit beibehalten. Die Beschleunigung erfolgt proportional zum Winkel des Joysticks. Zieht man den Joystick zurück, wird das Gas reduziert und das Boot stoppt auf. Die elektronische Schaltung ermöglicht eine sanfte Beschleunigung und Verzögerung.“

So verspricht es zumindest der Pressetext des Herstellers – na dann! Behutsam schiebe ich den Joystick nach vorne, das Getriebe kuppelt weich ein und die Yacht nimmt Fahrt auf. Eine Balkenanzeige auf dem Display am Armaturenbrett informiert über die Fahrstufe und zeigt an, wieviel Gas gegeben wird. Das ist optisch mit der Stellung des Gashebels vergleichbar und eindeutig. Ich beschleunige die Yacht sanft und gut kontrollierbar auf eine ökonomische Marschfahrt von 25 Knoten und lasse den Joystick dann los. Das Schiff hält nun Kurs und Geschwindigkeit und fährt exakt geradeaus.
Autopilot

„Joystick Driving bedeutet auch immer Autopilot“, erklärt uns der Volvo Penta Techniker an Bord. Das macht Sinn, denn die Steuerung des Schiffes mit minimalen Kurskorrekturen z.B. bei Seegang wäre über den Joystick auf Dauer zu mühsam. Also folgt die Yacht automatisch dem vorgegebenen Kurs. Neigt man den Joystick zur Seite fährt die Yacht eine Kurve. Lässt man den Stick dann wieder los, folgt das Schiff wieder dem vorher gültigen Steuerkurs. Dreht man den Joystick hingegen, poppt am oberen Display-Rand eine virtuelle Kompassanzeige auf und der Steuerkurs kann korrigiert werden. Das funktioniert schon nach den ersten Minuten erstaunlich intuitiv. Ich neige den Joystick scharf zur Seite, und die Sargo legt sich sportlich in die Kurve und folgt exakt und zeitlich unmittelbar meinen Kursvorgaben. Ein paar Schlangenlinien, ein enger Vollkreis – das ganze entspannt sitzend aus dem Handgelenk – das bringt richtig Spaß und Laune und ich gebe zu, dass ich das Gekurbel am Steuerrad und das Vorschieben des Gashebels nicht eine Sekunde vermisse – im Gegenteil! Auch rückwärts fahren funktioniert zielgenau, wobei das Boot dann quasi im „Docking-Mode“ fährt und nur wenig Gas anliegt, da es keinen Sinn machen würde, rückwärts mit Vollgas zu fahren.
Notstopp
Zum Schluss noch die Probe aufs Exempel: Der Notstopp! Wir ziehen den Joystick in schneller Gleitfahrt abrupt voll zurück. Blitzschnell regelt die Elektronik die Motordrehzahl herunter, steuert seidenweich exakt im richtigen Moment um, um dann wieder die Drehzahl zu erhöhen. Das Ganze geschieht seidenweich und sanft und mit kaum merkbarer Verzögerung. Die Yacht steht gefühlt nach wenigen Metern und nickt nur kurz mit dem Bug. Perfekt!

Fazit:
Die neue „Driving“-Funktion des Volvo Penta Joysticks ist intuitiv, funktioniert mit erstaunlich gelassener Selbstverständlichkeit, erlaubt die feinfühlige und exakte Steuerung von Yachten und macht dabei richtig Spaß! In Kombination mit den anderen integrierten Funktionen der Joystick-Steuerung ist diese ein echter Mehrwert an Bord einer modernen Yacht. Die Joystick-Steuerung ist als direktes Upgrade für Joystick-Lenkungen und die neueste Generation der Electronic Vessel Control (EVC 2) verfügbar. Sie kann auch als neues Feature installiert werden, erfordert aber eine elektrische Lenkung, einen Volvo Penta Autopiloten und ein Volvo Penta Glass Cockpit Display beliebiger Größe.