Test Vedette Salon Traveller 12.30
Text + Fotos: Claus Breitenfeld

Vedette
Jachtbouw, zwar ein noch relativ junges Unternehmen im holländischen
Stahlbootbau der Freizeitbranche – Gründer Hans van Veen hob die Werft im Jahre
2002 aus der Taufe – hat es jedoch im Laufe der annähernd zwei Jahrzehnte ihres
Daseins bereits zu international respektabler Reputation gebracht. Dass dazu
allerdings ein gerüttelt Maß an Innovationsbereitschaft, Flexibilität, aber
auch der gewisse Blick über den eigenen Tellerrand hinaus von Nöten ist, versteht
sich eigentlich von selbst.
Hinzu
kommt, dass Werftchef van Veen auf ein Mitarbeiterteam zurückgreifen kann, die
den Yachtbau – wenn man so will – „leben“, stets ein offenes Ohr für die
(Extra-) Wünsche künftiger Eigner haben, in der Lage sind, deren Vorstellungen
auch zu realisieren. Dies alles spiegelt sich eindrucksvoll wider in diesem
Protagonisten, was quasi zur Entwicklung eines neuen Schiffstyps geführt hat,
dabei niemals aus den Augen lassend sieben Basisgrundsätze: Herausragende
Fahreigenschaften; außergewöhnliches Design und Bauqualität; hochwertigste
Konservierung und Lackierung; luxuriöses, dennoch praxisorientiertes Interieur;
aktuellste Technik und Installation; maßgeschneiderte, personifizierte
Ausführung; exzellentes Preis- Leistungsverhältnis.
Design, Konzept, Verarbeitung

Im
Gegensatz zu diversen Vorgänger- bzw. Schwestermodellen, ebenfalls basierend auf
gleicher Rumpfabmessung, kommt beim Testschiff ein besonders geräumigerer Salon
zum Tragen, die so gut wie vollständige Verlängerung des Daches über das
komplette Cockpit, flankiert von zwei Laufbereichen, nach achtern bestens
abgesichert durch eine geschlossene Bauweise, die in dieser Darstellung
durchaus als bemerkenswert angesehen werden darf. Damit einhergehend stellt
sich auch die Heckpartie bzw. der Spiegel in seiner rechtwinkeligen Konfiguration
zur Badeplattform mit dem backbordseitigen Schanzkleid-Durchgang und schwerer
Verriegelung völlig verändert dar, als von traditionell herkömmlichen
„Vedetten“ gewohnt.

Einreihig
die stabile Reling entlang des drei Stufen höher liegenden Hauptgangbords in
Richtung Vorschiff, beidseitig
durchbrochen von Schiebeelementen, um das An- bzw. Vonbordkommen zu
erleichtern. Darunter ein dickes, umlaufendes Strukturtau. Klar Schiff und
aufgeräumt das Bug-Areal mit der vorbildlich zu bedienenden Ankerwinsch und dem
bestens zugänglichem Kettenkasten. Seitliche VA-Festmacher-Doppelpoller, deren
Pendant sich achterlich wiederfinden, dazwischen zweifach verschweißte
Springbeschlagklampen und der abklappbare Gerätemast auf dem Kabinenvordach
komplettieren die Deckssektion.
Stufenlos
auf einer Ebene führt der Weg von der Schwimmplattform mit steuerbordseitiger
Badeleiter in Richtung Salon. Vorbei an der nach Stb. ausgerichteten
L-Backskisten-Einheit, reichlich Innenraum bietend für locker zwei Fahrräder
und die Gasflaschen, davor der Einstieg in den aufgeräumten Maschinenraum.
Unterdeck und Cockpit werden getrennt durch eine stabile, zweiflügelige
Eingangstür.

Die
erste Etage stellt sich als eine Kombination aus zentralem Salon,
backbordseitiger Pantry mit dreiflammigem Gasherd, Kühlschrank, Spüle,
gegenüberliegender Dinette und Ruderhaus dar. Der Eigner verzichtete bewusst
auf die Installation eines Flachbild-TV, Nachrüstung jederzeit möglich.
Dreistufig der Niedergang ins Vorschiff Richtung Eignerkabine mit großem
Doppelbett, reichlich Stauraum in Schränken und Sideboards. Etagenbetten bietet
die Stb.-Gästekabine, gegenüber an Bb. die Abteilung Sanitär mit E-Toilette und
abgetrennter Dusche.

Des
Rudergängers Arbeitsplatz mit horizontal verschiebbarer Sitzbank und
integrierter Kühlkiste bei bester Rundumsicht an Bb., übersichtlich und
ergonomisch konzipiert, überzeugt durch perfekte Ausstattung. Unter anderem bestückt
mit Raymarine-Hybridtouch, keyless Start/Stopp, Bug- und
Heckquerstrahlschraube, Anzeigen für Ruderlage, Tankfüllstände, komplette
Motoren- und Navigationsüberwachung.

Der
Versuch, an dieser Stelle umfassend die standardmäßige Ausstattung dieser
Vedette kommentieren zu wollen, würde den Rahmen der Berichterstattung
sprengen. Hierzu sei ein Blick auf die Webside der Werft empfohlen. Dennoch
nachfolgend einige erwähnenswerte Details: Unter anderem Bugschraube,
Antifouling, Flexiteak auf der Badeplattform, elektrische Ankerwinde, Notruder-Pinne,
Doppelverglasung, 3 x Scheibenwischer, Holzinnenausbau nach Wahl, hochwertige
Isolierung, Heißluftheizung, automatische Feuerlöschanlage im Maschinenraum,
AGM-Batterien, 12 und 230 V-Steckdosen, Landstrom, Industriesicherungen, fünf
Jahre Konservierungsgarantie.

-
Modern gestylter Toilettenbereich mit direktem Zugang in die Duschkabine.
-
Fahreigenschaften

Zwar
zertifiziert nach CE-Klasse „B“ (außerhalb von Küstengewässern), doch mangels
ausreichenden Zeitfensters die „Kanalkröte“ schlucken müssend, hier
wiedergegebene fahrtechnische Impressionen auf stehendem Gewässer „rund Ter Aar“,
der Wiege aller Vedetten.
Aus
ruhender Position den imaginären Hebel auf den Tisch gelegt, Wassertiefe 2,20 m
unterm Kiel, verrinnen ca. 20 Sekunden bis Erreichen von Vmax bei 3.100 U/min, Speed 17,4 km/h (9,4 kn).
Wie ausnahmslos bei jedem
Verdränger-Rumpf ökonomisch völlig
indiskutabel – aber möglich. Positiv, so gut wie kein Anheben des Bugs und auch
harter Rudereinschlag kann den Rumpf nicht zu nennenswerten
Krängungserscheinungen verleiten. Selbst ein Vollkreis gefahren unter diesen
Bedingungen beschränkt sich auf etwa lediglich eine Bootslänge.

Sei’s
drum, trotz dieser durchaus erfreulichen Erkenntnis, lassen wir’s moderater
angehen und reduzieren die Drehfreudigkeit des fünfzylindrigen Volvo
Penta-Diesel um gut die Hälfte. 1.500 U/min, solide Marschfahrt von 11,5 km/h
(6,2 kn) liegt an, lediglich 4,1 Liter Sprit pro Stunde werden dabei durch die
Einspritzdüsen gepresst. Unterm Strich sprechen wir hier von rund 85 % (!)
Kraftstoffeinsparung bei gerade mal einer Geschwindigkeitseinbuße von knapp
sechs Stundenkilometern. Na, wenn das kein Argument fürs gemäßigte
Wasserwandern und die Schonung der Bordkasse ist . . .?! Ergo, besser etwas
früher aus den Federn und das gleiche Tagespensum kann abgespult werden.
Unter
diesen Umständen braucht sich der Mann an der Haspel auch bei deutlich
reduzierter Drehzahl keinen Kopf über die Kursgenauigkeit zu machen. Dank des
lang durchgezogenen Kiels folgt der Rumpf spurtreu jeder Ruderbewegung,
hektisches Gekurbel – Fehlanzeige. Darüber hinaus kann aufgrund der
Gesamtkonzeption durchaus davon ausgegangen werden, dass diese positiven
Fahreindrücke ebenso im Küstengewässer ihre Bestätigung finden werden. Auf den
Punkt gebracht: Alles im grünen Bereich.
-
Über drei Stufen zu erreichen, die seitlichen, gut begehbaren Gangbords.
-
Die zweiflügelige Eingangstür trennt Cockpit und Salon auf einer Ebene.
Fazit
Auch wenn wir uns währen des Testschlages mit dem 12.30-iger Vedette-Traveller-Probanden „binnengewässerseitig“ auseinandersetzen mussten, es ist kaum anzunehmen, dass die Werft so töricht sein würde, einer „B“-Zertifizierung das Wort zu reden, wäre sie nicht der Überzeugung, der Rumpf erfüllte diese Anforderungen voll und ganz. Hinzu kommt auch noch die immerhin fast zwei Jahrzehnte lange Erfahrung in Sachen Stahlbootbau, einhergehend mit lupenreiner, positiver Reputation, die diese These zusätzlich untermauert. Resümee: Erste Fahreindrücke, Verarbeitung, solide Technik, praxisorientiertes Handling und ein absolut akzeptables Preis-Leistungsverhältnis können voll überzeugen.

Technische Daten
Länge ü. A. (m): |
12,80 |
Breite (m): | 4,15 |
Tiefgang(m): | 1,00 |
Durchfahrtshöhe (m): |
2.48 |
Gewicht leer (ca. kg) / Zuladung (kg): |
14.500 / 1.200 |
Baumaterial: | Stahl / Multi-Knickspant |
Leistung von-bis (kw/PS) |
81 – 162 (110 – 220) auch Doppelmotorisierung |
Kraftstofftank (l): |
400 |
Frischwassertank / Fäkalien (l): |
450 / 120 |
zulässige Personen / CE-Kat.: |
10 / B |
Schlafplätze (ggf.+Salon): |
4 + 2 |
Werft:
Vedette Jachtbouw
Smidskade 18
NL-2461 TR Ter Aar