1. Saar-Tradition: Gelungene Zeitreise
Ein Traditionsschiff Festival kann man sich wie ein Oldtimertreffen, nur eben auf dem Wasser, vorstellen. 16 Berufsschiffe älter als 60 Jahre kamen und wurden durch 24 Sportboote begeleitet. Sechs Pénichen, das sind Binnen-Frachtschiffe nach dem französischen Freycinet-Maß von 39 m Länge, 5 m Breite und etwa 300 t Tragkraft, lagen in vier Reihen am Saarufer. So etwas hatte Saarbrücken seit den 1960er Jahren nicht mehr gesehen. Und das war auch so gewünscht: Es sollten wieder so viele Pénichen am Ufer liegen, wie es in der Hochzeit der Saarschifffahrt von den 1920er bis in die 1960er Jahren normal war und das Stadtbild von Saarbrücken prägte.
Die älteste Péniche, die „Mosella“, wurde 1864, also vor 159 Jahren gebaut und ist somit 33 Jahre älter als das Saarbrücker Rathaus. Die weiteste Anreise hatte die Péniche „Willi“ von 1909 aus Basel. Sie war von 1956 bis 2006 sogar in Saarbrücken registriert, als sie der Verein Historische Binnenschifffahrt vor der Verschrottung rettete und seitdem als Museumsschiff betreibt.
Besonders gefreut hat die Veranstalter der Besuch der Pénichen „Manna“ (1959) und „Viator“ (1937). Beide Güterlastschiffe sind noch bei der Schiffswerft Wirotius in Hanweiler und der Wasserbaufirma Wacht aus Konz im aktiven Betrieb. Die „Viator“ hatte sogar noch Steine von der Baustelle im Oberwasser der Schleuse Güdingen im Laderaum. Die Firma Wacht hat dann auch gleich noch ihren Schlepper „Michael“ (1942) mitgebracht.

Und noch ein weiterer Schlepper war gekommen: „Bayern 2“ (1938) aus Aschaffenburg. Er hat sich bereit erklärt, die antriebslose Treidelpéniche „Anna-Leonie“ (1926) von Merzig nach Saarbrücken zu verholen. Die „Anna-Leonie“ wurde 2007 auf der Schiffswerft Wirotius restauriert und ist seitdem als Museumsschiff in der Trägerschaft des Fischereiverbands Saar KöR. „Bayern 2“, „Anna-Leonie“ und „Willi“ kamen Donnerstag als Schleppverband in Saarbrücken an. Auf dem Theaterschiff „Maria-helena“ (Saarpéniche von 1911) und dem Decksprahm „Encore“ (1904) fand am Samstag ein Konzert im Rahmen des Encore Theater Festivals statt.
Es kamen aber auch kleinere Traditionsschiffe wie die Luxemotor (holländisches Frachtschiff) „Imponderabilia“ (1927) aus der Schweiz oder das Fahrgastschiff „Whisky“ aus Pont-á-Mousson (1926).
Ein weiteres Highlight waren die drei Boote des Vereins Deutsche Traditions-Motorboot-Vereinigung e.V. (DTMV). Die „Poseidon“, ein ehemaliger Rheinversorger, brachte früher Kartoffeln und Bier auf die Güterlastschiffe, die Barkasse „Rheintreue“ war eine Fähre am Rhein und das alte Güterlastschiff „Tradition“ fuhr über die niederländischen Kanäle. Manche Schiffe kamen schon eine Woche vor der Veranstaltung. Die „Tradition“brachte gleich den Kapitän aus Köln mit und wurde schnell zum sozialen Treffpunkt der Traditionsschiffer. Die weiteste Anreise hatte die Besatzung des Polizeibootes „Falke“ (1940), das aus Wien anreiste. Als ehemaliges Polizeiboot durfte der „Falke“ die Parade der Traditionsschiffe eröffnen. Den Wienern gefiel es so gut in Saarbrücken, dass sie beschlossen mit der „Falke“ in Saarbrücken zu überwintern. Vielleicht ist Saarbrücken mit der Saar-Tradition ja auf einem guten Weg, wieder ein Treffpunkt für Traditionsschiffe zu werden, nicht nur für ein Wochenende.

Die Schiffer waren aber nicht allein. Der Regattaverein Saar e.V. als Veranstalter hatte auch die Sportboote eingeladen und sie kamen. So viele, dass alle Liegeplätze in Saarbrücken belegt waren.
Die Saar-Tradition wurde am Freitagnachmittag mit einem Crémant-Empfang eröffnet und am Abend gab es dann schon mit dem „Zusamme-Kommches“ den ersten Programmhöhepunkt. Alle Teilnehmer waren zum gemeinsamen Abendessen eingeladen und jeder brachte noch etwas aus seiner Region mit.
Der Samstag begann dann mit einem kleinen maritimen Flohmarkt und hatte seinen Höhepunkt mit der Schiffsparade am Nachmittag. Diese wurde von den Sportbooten eingeleitet, denen dann die Traditionsschiffe folgten. Die Parade wurde für das Publikum moderiert und jedes Schiff vorgestellt. Außerdem gab es Interviews und Hintergrundinformationen zu Saarschifffahrt und Flusstourismus. Der Tag wurde mit einem Abendessen für die Traditionsschiffer auf der „Anna-Leonie“ abgeschlossen.
Auf der „Anna-Leonie“ gab es aber noch weitere Sehenswürdigkeiten zu bewundern: Am Samstag organisierte die „Marinekameradschaft Zerstörer Lütjens Dudweiler e. V.“ den Shantychor „Maritimer Singkreis aus Schwalbach“, einen Knotenkurs sowie ein Kinderprogramm und servierte den Besuchern Kaffee und Kuchen. Sonntags gab es einen Gottesdienst und der Fischereiverband Saar KöR übernahm die Bewirtung mit geräucherten Regenbogenforellen.
An Bord war auch eine Modellbahnanlage aufgebaut, auf der eine kleine HOe-Lokomotive ein Treidelschiff – wie in Wirklichkeit – über den Rhein-Marne-Kanal in eine Schleuse zieht, wo es dann in einem Schleusengang in einer funktionierenden Schleuse zu Tal geschleust wird.
Am Sonntag fuhren alle Teilnehmer mit der Péniche „Willi“ nach Völklingen und besuchten das Weltkulturerbe Völklinger Hütte. Die Schifffahrt bei bestem Wetter auf dem historischen Schiff und das beeindruckende Denkmal industrieller Kultur wird allen Teilnehmern noch lange in Erinnerung bleiben.
Schon die erste Ausgabe der Saar-Tradition war ein großer Erfolg, bei der sich Schiffe und Boote gut präsentieren konnten und es einen intensiven Austausch der Traditionsschiffer und Bootsfahrer gab. Die zweite Saar-Tradition findet vom 23. – 25. August 2024 statt.