Rund um die Oostvaardersplassen

Sechs Meter unter dem Meeresspiegel

Vor über fünfzig Jahren rangen die Niederländer mit dem weltweit größten Einpolderungsprojekt Flevoland dem Meer mühevoll neues Land ab. Damit schufen sie auf dem Meeresboden der ehemaligen Zuiderzee nicht nur Land, sondern auch ein einzigartiges Naturschutzgebiet: die Oostvaardersplassen. Diese sind Teil des neuesten Nationalparks Nieuw Land (Neu Land), der im Oktober 2018 seinen Status erhielt. Zu ihm gehören auch die Lepelaarplassen, das Markermeer und die neu angelegte Inselwelt Marker Wadden.

Während eines Motorboot-Törns um die Oostvaardersplassen
bewegt man sich nicht nur sechs Meter unter dem Meeresspiegel, sondern auch
durch ein besonderes Naturgebiet. Einst als Industriegebiet geplant, warten die
Oostvaardersplassen heute mit vielen Naturschönheiten auf. Dazu laden ausgedehnte
Wander- und Radwege zur Beobachtung seltener Vögel, Hirsche und freilebender
Konik-Ponys ein.

Die Entstehung
Flevolands

Die Runde kann in Almere-Haven am
Gooimeer oder in einem der Häfen von Lelystad am Markermeer begonnen werden. Eine
Einführung in die Geschichte der Einpolderung und der Entstehung der Provinz
Flevoland erhält man auf dem Museumsgelände Batavialand. Eindrucksvoller kann die Funktion von Schleusen, Deichen und
Pumpwerken vermittelt werden. Auf dem Außengelände ist der originalgetreue
Nachbau des OstindienfahrersBatavia
zu besichtigen. Das Original sank auf seiner ersten Fahrt vor der Westküste Australiens.
In den angeschlossenen Werkstätten entstehen auf traditionelle Art Galionsfiguren,
Tauwerk und Baumwollsegel.

Bestens informiert kann es dann auf Tourgehen.Aufgrund guter
Wetterbedingungen bleiben wir auf dem Markermeer und nehmen Kurs Almere.
Steuerbord die Küste des Flevopolders, Backbord die Weite des Markermeers. Übernachtet
wird im Gemeindehafen von Almere-Haven. Almere-Haven war der erste der
Stadtteile am Gooimeer, der Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts auf
dem Reißbrett entwickelt wurde. Inzwischen hat sich Almere um ein Vielfaches
erweitert. Neben architektonischen Sehenswürdigkeiten wie das Rathaus von 1986
bietet Almere alles, was man von einer Stadt erwartet: Möglichkeiten zum
Ausgehen, Bummeln und Shoppen. Neben zahlreichen Museen lohnt sich ein Besuch
im Naturerlebniszentrum De Oostvaarders mit seiner Ausstellung über Natur und
Archäologie der Oostvaarderplassen. Noch heute entdecken Archäologen
Schiffswracks und Fundstücke aus Zeiten der Zuiderzee im Boden von Flevoland.

Als moderne Stadt präsentiert sich Almere, die erst Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts entstanden ist. Foto: NBTC

Die Hafenkomschleuse in Almere-Haven gibt Zugang in die
Kromme Wetering nach Almere-Stad. Nach Steuerbord gelangt man in die Hoge Vaart
und in die Polderlandschaft. Zu beachten ist, dass die Schleuse nur mit einem
maximalen Tiefgang von 1,25 m und einer Durchfahrtshöhe von 2,50 m zu befahren
ist.

Natur als
Kunsterlebnis

Ruhe und Natur erwartet die Bootsfahrer auf den
schnurgeraden Kanälen durch den Flevopolder. Als „Grüne Kathedrale“ wird die
von Künstlerhand gestaltete Anpflanzung italienischer Pappeln an Backbord bezeichnet.
Sie soll der gotischen Kathedrale Notre-Dame von Reims nachempfunden sein.

Diverse Anlegestellen für Sportboote entlang der Kanäle durch
den Polder können zu Landgängen oder Übernachtung angesteuert werden. Solch ein
Liegeplatz steht Bootsfahrern für dreimal 24 Stunden gratis zur Verfügung.
Allerdings gibt es keine Versorgungsmöglichkeiten und Sanitäranlagen.

Nach Passieren der Knarschleuse, die meistens offensteht, legen
wir an einem solchen Steg zu einem Spaziergang an. Zu Beginn der Einpolderung war
der Knardeich die einzige feste Verbindung zwischen dem nordöstlichen und
südlichen Teil Flevolands.

Die Larservaart knickt nach Backbord ab und wird schmaler. Wenig
später stehen wir vor der Larserschleuse, die wir per Knopfdruck selbst
bedienen müssen. Nach kurzer Wartezeit signalisiert grünes Licht die Einfahrt
in die Schleusenkammer. Alles Weitere erfolgt automatisch. Auch in der
Larservaart wieder Anlegestellen, die sich zu Entdeckungstouren durch den nahegelegenen
Naturpark Lelystad anbieten. Zu bewundern sind neben den hier gezüchteten Przewalskypferden
Otter, Wisente, Rentiere, Elche, Wildschweine, Rotwild, Störche und andere
Vogelarten.

Der Park ist nicht mit einem Zoo zu verwechseln. Auf
kilometerlangen Fuß- und Radwegen geht es durch das weitläufige Gelände, in
denen die Tiere ihre Gehege haben. Informationen über die Tiere und
Fütterungszeiten gibt es im Besucherzentrum Naturpark Lelystad.

Am nächsten Wasserkreuz biegen wir in die Lage Vaart, wenig
später in die Lage Dwarsvaart ab und nehmen Kurs auf die Noorderschleuse. Sechs
Meter geht es aufwärts, bevor sie uns aufs Markermeer entlässt, wo wir den
Rückweg nach Lelystad antreten. Wer die Tour ausdehnen möchte, folgt der Lage
Vaart bis zur Zuiderschleuse südlich beim Blocq van Kuffeler und gelangt hier ebenfalls
wieder aufs Markermeer.                                                                    I.B.