Kurs auf die elektrische Zukunft
Direkt nach der Ankündigung von Volvo Penta bis 2021, elektrische Energielösungen für Land und Meer bereitzustellen, hat das Unternehmen Details eine hybridbetriebenen Inboard Performance System (IPS)-Konzepts bekannt gegeben. Die Hybridvariante, die den Vorteil von IPS weiter ausbauen soll, ermöglicht den Einsatz von Booten in emissonsfreien Zonen, die z.B in Norwegen in den kommenden Jahren eingeführt werden sollen. Ein Engagement, das aber erst am Anfang stehen dürfte. Wir befragten Johan Inden , Volvo Penta Europa-Präsident und Chef der Sektion Marine Diesel & Commercial und Peter Granqvist, Vize Präsident für Produktentwicklung, Planung und Vertrieb auf der boot Düsseldorf.
MotorBoot Online: Herr Inden, ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des ersten Volvo Penta IPS-Hybridsystems für Schiffe wurde unter Ihrer Führung im Bereich Produktentwicklung gemacht. Welche Rolle spielte das Freizeityachtindustrie bei der Entscheidung für diesen Schritt?
Johann Inden: Die Einführung im vergangenen Jahr basierte auf unserem IPS-Antrieb. Dieser ist sowohl auf der kommerziellen Seite des Schiffsbetriebs als auch auf der Freizeitseite vorhanden. Und wir sehen, dass die von uns entwickelte Plattform auf beiden Seiten nutzbar ist. Wenn es um den Business Case geht, steht die kommerzielle Seite der Schifffahrt bei der Elektrifizierung im Vordergrund. Aber auch die Freizeitseite, bei emissionsfreien Bewegungen im und aus dem Hafen, beim anlegen im sensiblen Gebieten usw. sind Hybridsysteme interessant. Bei unserem Plan, den ersten Hybrid-Antrieb für Schiffe zu entwickeln haben wir beide Bereiche im Blick.
MotorBoot Online: Wird es notwendig sein, die elektrische Infrastruktur in den Häfen anzupassen, um eine größere Anzahl von Yachten mit der notwendigen Energie zu versorgen, wenn sich diese Systeme mittelfristig etablieren?
Johan Inden: Schauen wir uns die Pkw-Industrie an. Auch dort musste sich eine Infrastruktur erst entwickeln. Und das hat sie auch. Es gibt die Möglichkeit, über das bestehende Stromnetz zu laden. Für ein schnelleres Laden werden spezielle Stationen benötigt und auch gebaut werden. Wir wissen, dass die elektrische Infrastruktur in Marinas sehr unterschiedlich ist. Ich bin mir also sicher, dass dies ein Schwerpunkt sein wird, wenn mehr Elektroboote aufs Wasser kommen.
Peter Granqvist: In einigen Gebieten wird sicherlich auch auf eigene Möglichkeiten zum Aufladen zurückgegriffen werden müssen, wenn noch keine passende Infrastruktur vorhanden ist. Das ist dann abhängig von der Anwendung und von der Marina.
MotorBoot Online: Wie sieht es mit den Kosten für das neue IPS-Hybridsystem im Vergleich zum klassischen Einbau eines Verbrennungsmotors aus?
Johann Inden: Ich denke, das wird sich erst in der Praxis herausstellen. Denn es hängt davon ab, wie sie das System nutzen, wie sie aufladen und wie ihr Fahrzyklus aussieht. Aber im Allgemeinen würde ich sagen, dass das Hybridsystem teurer ist als das normale System. Schon allein aufgrund der heute noch sehr hohen Kosten für die Batterien. Aber wir werden recht schnelle Entwicklungen bei den verschiedenen Kosten in diesem Markt sehen.
MotorBoot Online: Ein Volvo Penta Hybrid-System ist derzeit nur für die größeren IPS-Antriebe geplant. Wann sind alternative Volvo Penta Antriebskonzepte für kleinere Einheiten, insbesondere für Yachten, geplant? Gibt es einen Zeitplan für die Umstellung der gesamten Palette von Schiffsmotoren auf Elektro- oder Hybridantrieb, z.B für Segelyachten oder Wellenantriebe?
Johann Inden: Wir haben keinen exakten Zeitplan dafür. Aber die Entwicklung geht in einem sehr breiten Teil der gesamten Schifffahrt in diese Richtung. Bevor wir uns entschieden haben, mit dem JPS zu beginnen, haben wir all die verschiedenen Anwendungen und Bedürfnisse betrachtet, die wir bedienen. Den aktuellen Stad der Technologien und die Nutzungsmuster der Bootsfahrer. Wir haben versucht zu sehen, wo wir die ersten tragfähigen Business Cases erstellen können und was die zu erwarteten Zeitpläne für die Kommerzialisierung sind. Und dann haben wir uns entschieden, auf der IPS-Grundlage mit unserer einzigartigen Infrastruktur zu starten und sodass wir schon viele Vorteile kurzfristig am Markt anbieten können. Und dann wird es eine Entwicklung hin zu mehr Elektrizität geben.

© Volvo Penta
MotorBoot Online: Einige Hersteller, die sich auf rein elektrische Antriebe spezialisiert haben, bieten bereits komplette Systemlösungen an, zum Beispiel für Segelyachten. Haben diese Hersteller einen technologischen Vorteil gegenüber Volvo Penta im Bezug auf kleinere Einheiten?
Peter Granqvist: Wer früher anfängt hat natürlich einen Vorteil. Man lernt schließlich auch durch Erfahrung. Aber es gibt sehr unterschiedliche Bedürfnisse bei kleineren Schiffen. Ein Segelboot funktioniert ganz anders im Vergleich zu einer größeren Yacht oder sogar einem kommerziellen Schiff. Man muss sein Segment kennen und ich denke, es ist in diesem Fall extrem wichtig, den Anwendungsbereich richtig zu verstehen.
MotorBoot Online: Haben Sie einige technische Spezifikationen von anderen Teilen von Volvo Penta angepasst?
Johan Inden: Wir sind Teil der Volvo-Gruppe, die bereits solche Systeme in Bussen, Baumaschinen und LKW entwickelt und umgesetzt hat. Innerhalb dieser Gruppe nutzen wir eine gemeinsame Entwicklungsplattform von Kompetenzen. So werden beispielsweise die Batteriepacks, die wir für den IPS-Hybrid verwenden, bereits heute in kommerziellen Bussen eingesetzt. Dies gibt uns einen umfassenden Einblick in die Leistungsfähigkeit der Technologie. Wie es verwendet wird oder wie die Ladezyklen sind. Wir lieben unsere Kollegen dafür und es gibt uns einen Vorsprung in der Elektrifizierung.
Peter Granqvist: Und – um auf die vorherige Frage zurück zu kommen: Wir haben ebenfalls viel Erfahrung in der Entwicklung von elektrischen Antriebssträngen im Allgemeinen, so dass wir bereits auch da über viel Kompetenz in der über Gruppe verfügen. Insbesondere in Bezug auf die Größe der Antriebe bei der wir heute bereits stark sind auf der Seite von Verbrennungsmotoren. Das ist ein großer Vorteil und Vorsprung für uns.
MotorBoot Online: Was sind derzeit die größten technischen Herausforderungen bei der Entwicklung und Umsetzung alternativer Antriebskonzepte in der Schifffahrt?
John Inden: Ich würde es nicht als die größte Herausforderung bezeichnen, aber wie Peter sagte, die Anwendungsbereiche zu verstehen und die Technologie nicht auf den Markt zu bringen, nur um der Technologie willen, sondern sicherzustellen, dass sie tatsächlich einen Nutzen und zusätzliche Vorteile für den Kunden bringt. Darauf verwenden wir die meiste Zeit, um sicherzustellen, dass wir etwas Besseres entwickeln als das, was schon auf dem Markt ist. Und dann ist da noch die allgemeine Debatte über die Batteriekapazität und die Kosten und die Ladeinfrastruktur- Das betrifft aber den gesamten Bereich der elektrischen Mobilität. Wir versuchen also das, was da ist, zu nutzen und dem Kunden einen besseren Use-Case zu bieten. Das ist es, wonach wir ständig streben.
Das Gespräch führte Christian Schneider