Wenn's an Bord funkt und britzelt …

Sicherheit: Elektro-Brände an Bord verhindern

Eine fehlerhafte Elektrik gehört zu den häufigsten Brandursachen auf Yachten. Oft ist es ein Fehler im 230 Volt „Landanschluss-Netz“, der zum verheerenden Brand führt. Doch es gibt Möglichkeiten, vorzubeugen.

Kernproblem der Brandursachen

Rund 30 Millionen Euro musste alleine die Pantaenius
Versicherung aus Hamburg in den letzten fünf Jahren aufwenden, um die Schäden,
die aus Feuer entstanden sind, zu regulieren, weiß Dipl. Ing. Holger Flindt, Mitglied
der Geschäftsleitung der Pantaenius-Versicherung. „Bei Motoryachten sind ca. 3%
aller Schäden auf Feuer zurückzuführen. Diese bezogen auf Totalverluste sind
13% verursacht durch Feuer und 2 % der Teilschäden. Bei Segelyachten sind dies
2% aller Schäden und 19% der Totalverluste und ebenso 2% bezogen auf die
Teilschäden“. Die Ursachen der Brände liegen dabei laut Flindt zu einem
überproportionalen Anteil an elektrischen Defekten. Schäden anderer
Versicherungen sind hierbei nicht eingeschlossen.

© Siemens

Basteln, quetschen, scheuern, rosten

„Leider sind die geforderten Standards im Yachtbau vergleichsweise niedrig angesetzt…“ bedauert Holger Flindt und ergänzt: „Mit der Berufsschifffahrt ist die elektrische Installation vom Niveau kaum zu vergleichen. Berufsschiffe in der Seeschifffahrt unterliegen einer technischen Überwachung durch die Klassifikationsgesellschaften. Das ‚Basteln‘ an der Elektrik, wie auf Yachten durch die Eigner durchaus üblich, entfällt.“

„Mit der Berufsschifffahrt ist die elektrische Installation auf Yachten kaum zu vergleichen“

Holger Flindt, Pantaenius Versicherungen

Doch nicht nur unsachgemäße „Bastelei“ führt u.U. zu Schäden an der Elektrik. Im 230 Volt Netz einer Yacht sind es insbesondere Ladegeräte, Heizlüfter oder auch Kühlboxen, die zu Überlastungen führen können. Zudem werden auch Leitungen, Steckverbindungen und Schalter von einer Vielzahl von Einflüssen belastet. So übertragen sich z.B. Vibrationen der Antriebsmaschine auf die Installationen. Durchgescheuerte Isolierungen können hier die Folge sein.

Auch die Umgebungsbedingungen auf einer Yacht fordern ihren Tribut: Die feuchte, auf seegehenden Schiffen auch salzhaltige Luft, starke Temperaturschwankungen in Verbindung mit Verschleiß und Verschmutzung, lassen Steck- und Schaltverbindungen korrodieren, was erhöhte Übergangswiderstände erzeugt. Das kann bis hin zur Lichtbogenbildung mit Temperaturen von mehreren tausend Grad Celsius führen, die dann zu einem Kabelbrand und zu einem Feuer führt.

Da die Yachten die meiste Zeit des Jahres unbeaufsichtigt am Liegeplatz oder im Winterlager liegen, sind die Folgen i.d.R. verheerend. „Entstehungsbrände, die leicht zu bekämpfen wären, bleiben daher unentdeckt und entwickeln sich so zu einem großen Schadenfeuer…“, weiß Holger Flindt.

Brandursache serielle Fehlerlichtbögen

Die gefährlichen Lichtbögen werden in parallele und
serielle Fehlerlichtbögen unterschieden. „Parallele Fehlerlichtbögen treten
zwischen Außenleiter gegen Erde oder Schutzleiter, zwischen zwei Außenleitern
oder zwischen Außen- und Neutralleiter auf. Serielle Fehlerlichtbögen hingegen
können bei der Unterbrechung eines Leiters oder in Folge von losen Kontakten
entstehen.

Zu den häufigsten Ursachen von seriellen Fehlerlichtbögen zählen beschädigte Leitungen…“, erklärt Stefan Pirkl, der in der Geschäftseinheit Low Voltage Products bei Siemens Deutschland in Nürnberg im Business Development von Siemens Smart Infrastructure tätig ist, in einem Beitrag des FeuerTRUTZ Magazins, einer Fachzeitschrift für Brandschutz. „Entsteht bei der defekten Leitung eine Engstelle, führt dies unter Strombelastung zur Temperaturerhöhung und kann in der nächsten Phase über Oxidation des heißen Kupfers zu Kupferoxid führen. Im Weiteren wird die Isolierung erhitzt und karbonisiert. Bei zunehmender starker Erhitzung schmilzt und vergast das Kupfer, es entsteht ein Luftspalt und sporadische Fehlerlichtbögen treten auf. Bei ungefähr 6.000 °C können sich diese über die karbonisierte Isolierung stabilisieren. Eine mögliche Folge ist Kabelbrand“, so Stefan Pirkl in seinem Fachbeitrag.

„Zu den häufigsten Ursachen von seriellen Fehlerlichtbögen zählen beschädigte Leitungen“

Stefan Pirkl, Siemens Deutschland

Brandschutzschalter

Der beste Brandschutz ist daher die Vermeidung von Bränden – sprich eine fachgerecht installierte und regelmäßig überprüfte Elektroinstallation mit entsprechenden Schutzmechanismen für den Notfall. Die gängigen Leitungsschutz- und Fehlerstromschalter – umgangssprachlich „Sicherungen“ genannt – sind entgegen der landläufigen Meinung aber nicht in der Lage, einen seriellen Lichtbogen zu erkennen.

Hier kommen sog. Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen oder auch Kontaktfehlerschalter (engl. Arc Fault Detection Device, kurz AFDD) zum Einsatz. In den USA sind solche Schalter schon seit 2008 für den Schutz von Wohnräumen vorgeschrieben und haben in der Gebäudetechnik auch in Europa Eingang in die Normen gefunden.

 „Sicherungen“ sind nicht in der Lage, einen seriellen Lichtbogen zu erkennen.

Diese Brandschutzschalter verhindern Überhitzungen an schlechten Kontaktstellen oder bei Überschlägen zwischen zwei Leitern. Kommt es zur Lichtbogenbildung, schaltet der Schalter umgehend den Stromkreis ab und verhindert damit, dass sich aus dem Lichtbogen ein Kabelbrand entwickeln kann. Jeder Schalter überwacht einen einzeln abgesicherten 230 Volt Stromkreis. Ein Sicherheitsfeature, das auch an Bord einer Yacht, wo die Umgebungsbedingungen oftmals ungleich anspruchsvoller als in der Gebäudetechnik sind, für deutlich verbesserten Schutz vor Bränden im 230 Volt Netz an Bord sorgen kann.

Einige Marinas und Yachthäfen haben daher derartige Schalter bereits in ihren Landanschlusseinheiten auf den Stegen nachgerüstet. Will der Eigner auf Nummer sicher gehen, sollte ein entsprechender Schalter aber auch im bordeigenen 230-Volt Bordnetz installiert sein. (Siehe Kasten/Grafik). Die Schalter sind im Elektrofachhandel oder bei Boots-Zubehörhändlern erhältlich und kosten je nach Ausführung zwischen ca. 100,- und 200,- Euro.

Totalschaden am Liegeplatz – diese Yacht wurde ein Raub der Flammen © Pantaenius

Brandvermeidung ist der beste Schutz!

Mit einigen Sicherungsmaßnahmen lässt sich die Gefahr eines Feuers an Bord, das über die Elektroinstallation ausgelöst wurde, deutlich verringern.

  • Lassen Sie elektrische Geräte an Bord nie unbeaufsichtigt laufen.
  • Schalten sie das Bordnetz über den Bord-Hauptschalter ab, wenn Sie das Boot längere Zeit verlassen.
  • Verwenden Sie keine beschädigten Stecker oder Kabel.
  • Lassen Sie Arbeiten an der Bordelektrik immer von einem Fachmann ausführen und vermeiden Sie „Bastelei“.
  • Lassen Sie eine Fehlerlichtbogen-Erkennungseinheit (Brandschutzschalter) im 230 Volt Bordnetz Ihrer Yacht fachmännisch installieren.
  • Überprüfen Sie zum Ein- und Auswintern der Yacht elektrische Anschlüsse, Kontakte und Schalter auf Korrosion, Verschmutzung und Beschädigungen durch eine Sichtprüfung und lassen Sie eventuelle Fehler fachmännisch reparieren. ACHTUNG: Vor dem Beginn von Arbeiten an der Elektrik, trennen Sie den Landstromanschluss und die Batterien vom Bordnetz!

Für den Fall der Fälle:

  • Installieren Sie automatisch auslösende Löschsysteme in Schaltschränken, um hier Entstehungsbrände frühzeitig bekämpfen zu können.
  • Die empfohlene Minimalgröße für Bordfeuerlöscher liegt bei 6 kg! Auf einem Zehn-Meter Boot sollten wenigstens zwei davon + eine Löschdecke verfügbar sein.
  • Lassen Sie die Feuerlöscheinrichtungen in den vorgeschriebenen Intervallen warten.
  • Nehmen Sie an einem Brandbekämpfungs-Training für Sportbootfahrer teil. Infos erhalten Sie z.B. über die Sportbootverbände und/ oder Ihren Versicherer.
  • Checken Sie Ihre Yachtversicherung in Bezug auf Schäden durch Feuer, ob Schmorbrände, wie z.B. ein Kabelbrand, als Brandursache mitversichert sind.

Kompakte Einheit
Die Firma Siemens bietet für den Yachtbereich über den Boots-Zubehörhändler SVB eine Erkennungseinheit für serielle Fehlerlichtbögen mit einer patentierten Erkennungstechnologie an, die sich durch ihre besonders kompakten Einbaumaße besonders für die nachträgliche Installation an Bord eignet. Der aktuelle Brandschutzschalter 5SV6 gehört bereits der dritten Produktgeneration an und ist lt. Hersteller der weltweit schmalste Brandschutzschalter mit integriertem Leitungsschutz in nur einer Teilungseinheit, und benötigt daher nur halb so viel Platz wie vorherige Einheiten und kann so einfach in bestehende Installationen nachgerüstet werden und gegen einen herkömmlichen Leitungsschutzschalter ausgetauscht werden. Die Installation sollte von einer Elektrofachkraft ausgeführt werden.
Die technische Basis des innovativen Schutzgeräts ist eine patentierte Erkennungstechnologie: Der Brandschutzschalter analysiert das Hochfrequenz-Rauschen. Der integrierte Microcontroller erkennt unerwünschte Fehlerlichtbögen sofort. Harmlose Störquellen, wie sie zum Beispiel beim Betrieb von Bohrmaschinen vorkommen, kann der Brandschutzschalter aber von den gefährlichen seriellen Fehlerlichtbögen, die zum Brand führen können, unterscheiden.
Infos unter www.svb.de

2 in 1- Kompakte Leitungs-, Personen- und Brandschutz in einer 230-Volt-Landanschluss-Einheit © Siemens