Absolute Navetta 48

Mit der Navetta-Modellreihe bedient die italienische Absolute-Werft all jene, die sich neben einem Schiff mit Urlaubs- und Reise-Qualitäten auch in Sachen Fahreigenschaften eine stramme Performance wünschen. Mit der 48er hat die Werft das Modell-Tripple bestehend aus der 52er, der 58 Navetta und des 73 Fuß Flaggschiffes zur Quadriga aufgerüstet. Wir fuhren den Prototypen vor Varazze an der ligurischen Küste.

Reisegleiter

Konzept, Design, Verarbeitung

„Mr. Space“ and „Lady Light“ sind zwar in Wirklichkeit zwei Mitarbeiter der Werft, stellten aber auf der Präsentation der Yacht die beiden Kontrahenten dar, die im Wettstreit um Licht und Luft auf der einen Seite, sowie Platz und Bewegungs- freiheit auf der anderen um die Gunst der Anwesenden buhlten. Der kurzweilige Marketing-Gag gipfelte dann auch im Versprechen, dass man sich schon beim Be- treten der Yacht auf einem Schiff wähnen würde, das mindestens eine Kategorie größer sei als 48 Fuß. Versprechungen dieser Art beeinflussen zwar den Ver- lauf der Aufmerksamkeits- kurve altgedienter Fachjour- nalisten in der Regel in die Richtung von: „…ich hol mir mal `nen Kaffee…“, in diesem Falle aber verwandelte sich das Abwinken manches Veteranen-Redakteurs beim Betreten der Yacht in anerkennendes Nicken. Sowohl „Mr. Space“ als auch „Lady Light“ haben ganze Arbeit geleistet. Und ja – hätte die Werft eine 50 statt einer 48 in die Typenbezeichnung geschrieben, es hätte zu- mindest niemand zweifeln nachgemessen, denn das Raumgefühl an Bord ist entsprechend großzügig. Space-and-Light soll jedoch nicht nur als Raumkonzept verstanden werden, sondern ganzheitlich. Und das beinhaltet die Funktionalität, den Komfort und ein leichtes Lebensgefühl an Bord.

Rein äußerlich führt auch die 48er das unverwechselbare Design der großen Schwestern weiter. „Wo Tradition auf die Moderne trifft…“ verspricht die Werft und trifft damit den Nagel allemal optisch auf den Kopf. Die gekonnte Italo-Interpretation des Mixes aus klassischen Trawler-Attributen und moderner Sportcruiser-Performance passt und verbindet dafür solide-kerniges Ambiente mit der Leichtigkeit und Eleganz von la dolce vita. Bene!

Wer über die Badeplattform das Cockpit entert, dem fällt der beidseitige Zugang dorthin auf, was u.a. die Anlegemanöver auf dem Achterschiff erleichtern soll. Auffällig ist, dass der Cockpitbereich mit Tisch und Sofa für die tatsächliche Größe des Bootes sehr großzügig bemessen ist. Und dies nur als Beispiel für weitere, clevere Details: Kaiseitige Steckdosen mit Schnellanschluss erleichtern die Kabelführung, geschützt vor Spritzwasser, Umwelteinflüssen und Beschädigungen ist das Ganze in einer Treppenstufe untergebracht. Ein Cockpitzelt, verschwindet bei Nichtgebrauch vollständig im Cockpithimmel.

Auf der über eine gut begehbare Treppe erreichbare Flybridge findet die Crew eine Open-Air Wohnlandschaft mit Aussicht vor: Neben reichlich Sitz und Sonnen-Gelegenheiten und dem vollwertigen Fahrstand mit guter Übersicht gibt’s auf Wunsch natürlich eine komplett ausgestattete Wetbar.

Ob bedacht mit Hartop-, faltbarem Bimini, Geräteräger oder ganz offen – auch hier stehen sämtliche Optionen zur Auswahl.

Beim Betreten des Salons fallen neben den hochwertigen Materialien und der guten Verarbeitungsqualität die großen Fenster auf – „Lady Light“ hat sich hier durchgesetzt – und erlauben in Verbindung mit neuen, abgerundete Stützen an den Seiten der Windschutzschei- be ohne Mittelsäule nahezu eine 360 Grad Rundumsicht.

Elektrische Fensterheber auf der Backbordseite und die Schiebetür an Steuerbord aufs breite, seitliche Gangbord, verdeckte Scheibenwischer unter dem Dachüberstand im oberen Bereich der Frontscheibe, die voll ausgestattete Küche auf dem Hauptdeck mit dem achteren Cockpit als große Terrasse, geben einen Hinweis auf die zahlreichen, durchdachten und sehr funktionalen Bedien- und Ausstattungselemente an Bord. Unter Deck überrascht die Yacht wiederum mit Großzügigkeit, viel Licht und Luft, geschickter Raumausnutzung, einer riesigen Master- und einer fast gleichwertigen VIP-Kabine, der zweiten Gästekammer und den hochwertigen Materialien des Innenaus- baus. Keine Frage – hier ist alles auf hohem qualitativen Niveau umgesetzt. Ganz achtern über die Badeplatt- form zugänglich kann zudem eine optionale Crew-Kabine eingerichtet werden. Hier findet bei Bedarf auch eine Waschmaschine Platz.
Die Erfahrung der Abso- lute-Gründer in Bezug auf modernen Bootsbau und Bautechniken hat zu einem innovativen Arbeitsprozess geführt, der alle Aktivitäten in einem effizienten und optimierten System für jeden Bauabschnitt vereint: Dem Integrierten Struktur-System (ISS). Dabei wird die gesamte Innenstruktur des Schiffes, aus Stringern, Schotten, Spanten, Wrangen und tragenden Teilen der Inneneinrichtung aus millimetergenau per computer- gesteuerter Fräse zugeschnittenen Bauteilen außerhalb des Rumpfes zusammengefügt, mit einander verklebt und laminiert und dann als komplexe, steife und stabile Einheit in der Rumpfschale verklebt. Das Ergebnis ist eine integrierte, sehr steife Struktur der Yacht. In Sachen individuelle Anpassungen verweist die Werft auf eine lange Optionenliste der schon im Standard überkomplett ausgestatteten Yachten, die keine Wünsche offen lassen sollte.

Fahreigenschaften

Wer am Fahrstand der Absolute Navetta 48 Platz nimmt, freut sich über eine perfekte Ergonomie und die gute Übersicht übers Schiff. Durch die Schiebetür kann der Kreuzer bei Bedarf – z.B. beim Anlegen— auch vom Steuerbord-Seitendeck aus gefahren werden. Die Bedienelemente für die beiden Volvo Penta IPS 600 Antriebe à 320 kw (435 PS) sind gut erreichbar. Auffällig ist die gute Geräuschisolierung der beiden Motoren, die auch bei offenen Türen nur gedämpft wahrnehmbar sind. Mit auflandiger gut einen Meter hoher Welle, finden wir quasi ideale Testbedingungen vor, die ein solches Reiseschiff mit realistischen Bedingungen konfrontieren. Dass sich die Yacht mit ihren beiden Volvo Penta IPS- PODS im Manövrierverhalten keine Blöße gibt und der Wert von 3,5 Schiffslängen für den Vollkreis mit voll eingeschlagenem Ruder bei dieser Antriebsart und Doppelmotorisierung eher theoretischer Natur ist, ist klar. Andererseits gibt es einen Hinweis darauf, dass wir es hier eher mit einer sportlich ausgelegten Kreuzeryacht als einem echten Sportcruiser zu tun haben. Das bestätigt sich auch beim weiteren Verlauf der Testfahrt, denn die Navetta 48 pariert den anrollenden Schwell mit souveräner Gelassenheit und das messerscharfe Vorschiff zerteilt die See mit weichem Lauf. Der Übergang von der Verdränger- in die Gleitfahrt ist fast nicht spürbar, so leichtfüßig schiebt sich die Navetta, ohne sich groß aufzustellen, „über den Berg“. Wer die Fuhre in lockerem Trab bei einer Marschfahrt um die 20 Knoten laufen lässt, macht auch bei diesen etwas raueren Bedingungen zügig Strecke und freut sich dabei über komfortable Fahreigenschaften. Erst wenn die „Hebel auf den Tisch“ gelegt werden, beginnt die Navetta der kurzen Welle ihren Tribut zu zollen und setzt im Sprung auch schon mal jenseits des scharfen V-Spants des Vorschiffs etwas mittiger und damit härter ein. Allerderdings auch hier ist alles noch im grünen Bereich und kein vernünftiger Skipper wird seinem Schiff bei Seegang gegenan mit Vollgas die Sporen geben. Auch in ambitionierter Kurvenfahrt weiß der „Sport-Trawler“ zu überzeugen. So legt sich die Yacht in hart gefahrener Kurve nur wenig auf die Seite und zieht kursstabil ihre Bahn. So bleiben Kaffeetassen und Urlaubsausrüstung auch dann am Platz, wenn dem Skipper am Gashebel und am Volant mal „die Pferde durchgehen“. Mit gut 27 Knoten Höchstgeschwindigkeit lässt die Navetta 48 dabei auch in dieser Hinsicht keine Wünsche offen. Der Brennstoffverbrauch ist hierbei gemessen an Schiffsgröße, Gewicht und Motorleistung im Rahmen des Klassenüblichen, soll aber laut Aussage der Werft im Vergleich zu Mitbewerbern hier im unteren Bereich liegen.

Mein Fazit:

Wie auch schon ihre großen Schwestern schafft die Absolute Navetta 48 den schwierigen Spagat zwischen Perfomance-Cruiser und Reiseschiff und adaptiert damit das Prinzip des komfortablen, leistungsstarken Oberklasse-SUVs aufs Wasser. Dabei kommen luxuriöse Lifestyle-Elemente ebenso wenig zu kurz wie die klassischen Trawler-Attribute wie Funktionalität, ein großes Raumangebot, gute Seegangs-Eigenschaften und robuste Bauqualität. Das Schiff wirkt mit seinem konsequenten und ausgeklügelten „Space-and-Light“ Konzeptes modern, großzügig und angenehm luftig, und ist in dieser gut handzuhabenden Größe ein überzeugendes Angebot für Familiencrews nicht nur auf dem Mittelmeer, sondern gerade auch auf Nord- und Ostsee.

Christian Schneider
Christian Schneider
Testbedingungen
RevierMittelmeer
Wind (Beaufort)3-4
Strom (Knoten)1kn
Wellenhöhe1m
Personen an Bord8
Tankinhalt Wasser530l
Tankinhalt Treibstoff1800l
Absolute Navetta 48
HerstellerlandItalien
Motorisierung Test KW (PS):2x Volvo Penta IPS 600 320 (435)
AntriebsartIPS
Preis Standard/Testschiff:720.000/1.035.920 netto ab Werft (Stand 7.2018)

Messwerte

FahrstufeDrehzahlGeschwindigkeitVerbrauch
U/minknkm/hl/hl/sml/km
Beschleunigung O-Vmax minus 1kn. (Sek): keine Messung,
Drehkreis in Bootslängen = 3,5 Längen,
Reichweite bei Revierfahrt/Marschfahrt (Tankinhalt-10 %) in sm (km): 1514 (2804)/279 (517)
Standgas eingekuppelt6003,506,482,000,570,31
Revierfahrt (ca. 6kn / 12km/h)10005,5010,195,901,070,58
Gleitfahrtgrenze250013,0024,0872,005,542,99
Marschfahrt280016,0029,6394,005,883,17
Schnelle Marschfahrt340024,0044,45140,005,833,15
V-max.360027,0050,00169,006,263,38
  • 15,10m
  • 4,65m
  • 1,25m
  • 2x320KW / 2x435PS
  • GFK
  • 1800l
  • 530l
  • 22.500kg
  • B
  • 14
  • 7+2
  • 27kn / 50km/h
  • 2804km / 517km