Alle Wetter: Test Jeanneau Velasco 43
Hätten wir das Ganze mit eigenen Fotos dokumentiert, hätten sich den Betrachtern beindruckende Bilder geboten, denn die Velasco zeigte echte Nehmerqualitäten. Doch so müssen Sie, werte Leser, mit den sonnigen Aufnahmen vorliebnehmen, die uns die Werft zur Verfügung stellte. Zugegebenen Maßen zeigen diese auch eher die Bedingungen unter denen gemeinhin eine erholsame Ausfahrt wünschenswert ist.
Fahreigenschaften:
Das Ausparken aus der engen Box gelingt trotz starken Seitenwindes dank Doppelmotorisierung und Bug- und Heckstrahlruder problemlos, zumal sich die Drehzahl im Standgas über einen zuschaltbaren Trolling-Modus nochmal verringert lässt. Eine Option, die bei den auftretenden starken Böen und der hohen Bauart der Velasco in diesem Falle zwar nicht angesagt war, bei ruhigen Bedingungen jedoch auch dank der sehr weich einkuppelnden Getriebe der beiden Cummins-Diesel zielgenaues Manövrieren und Fahren mit sehr langsamer Fahrt auch auf engstem Raum zulässt. Vom inneren Fahrstand aus hat der Skipper dank der großen Fensterflächen, die durch eine integrale Verklebung die selbsttragende Struktur des Aufbaus unterstützen, eine ausgezeichnete Rundumsicht.
In der Abdeckung der schützenden Küste pendelt sich die Maximalgeschwindigkeit bei gut 26 Knoten (ca. 48 km/h) ein. 28 Knoten (ca. 52 km/h) sollen laut Torsten Camin bei ruhigem Wasser drin sein. Resolut der Antritt des Schiffes und die Beschleunigung. Messungen haben wir uns vor dem Hintergrund der Bedingungen gespart, da diese keine verwertbaren Vergleichsergebnisse gebracht hätten. Wir verlassen den Küstenbereich und fahren auf die Lübecker Bucht heraus. Dort empfängt uns eine aufgewühlte See mit einer steilen und kurzen Welle. Etwas weiter draußen kommen uns Serien von richtigen Rollern, die sich schäumend brechen, entgegen. Kein Problem für die Velasco. Schon bei der Überführung des Schiffes über Nordsee und Elbe war die Gründl-Überführungscrew in hartes Wetter gekommen und war beeindruckt vom Seeverhalten des Schiffes. Zu Recht, denn die Yacht zeigte was mit einer guten Konstruktion geht. Völlig unbeeindruckt dampfte die Velasco mit einer Reisegeschwindigkeit von 15 Knoten (knapp 28 km/h) gegen die grobe See gegen an ohne dass irgendwann das Gefühl aufkam, es sei zu viel was dem Schiff abgefordert wurde. Weich setzte der scharfe Stefen in die See ein und in hohem Bogen wurde das Wasser vom oben austulpenden Bug zur Seite gedrückt. Bei ruhigem Wetter sollten Reisegeschwindigkeiten von gut 20 Knoten drin sein. Beeindruckend auch die ruhige Lage der Yacht quer zur Welle. Selbst in einer Serie größerer Wellen und Roller neigte das Schiff nicht zum Aufschaukeln und Rollen, sondern lag stabil und zog spurtreu seine Bahn. Vor der Welle konnte der Speed noch gesteigert werden und die Velasco surfte mit über 20 Knoten auf dem Wellenkamm. Nie war die Tendenz zum Unterschneiden oder Einhaken sichtbar. Diese Konstruktion passt! Hier wurde ein Seeschiff gebaut, mit dem die Crew auch auf längeren Touren keine Sorgen vor schlechtem Wetter haben muss. Erstens ist genug Druck und Potential in den beiden mächtigen je 380 PS starken und auffällig weich laufenden Sechszylinder Cummins-Dieseln, um einem anrauschenden Tiefdruckgebiet wegzufahren, andererseits lässt sich mit dieser Yacht auch bei grobem Wetter schnell und komfortabel reisen.
Ausstattung/Konzept/ Verarbeitung:
Gut gefiel das Layout an Deck. Wer sich hier bei Seegang bewegt, findet Sicherheit hinter einer hohen Schanz nebst Seereling, Handläufe überall dort wo sie gebraucht werden und beim Gang über Deck immer den Anschluss zur nächsten Möglichkeit sich festzuhalten. Was an Deck gefiel, wird unter Deck allerdings vermisst. Die ruppigen Testbedingungen offenbaren gnadenlos auch kleinere Schwächen. Handgriffe? Fehlanzeige. Wer hier bei Seegang durch den großzügigen Salon geht und sich festhalten will, der greift ins Leere. Ebenso Schlingerleisten oder Ablagen in denen Ausrüstung und persönliche Habe seefest abgelegt werden können. Zwar gibt es natürlich genügend Schubladen und Schrankraum. Vermisst werden aber Plätze, an denen sich z. B. ein Schlüssel, das Handy, Zeitschriften oder auch Seekarten so ablegen lassen, dass sie nicht beim ersten Überholen der Yacht in der Welle gleich durchs Schiff katapultiert werden. Kritikpunkte, die auch Jeanneau-Händler Gründl sieht. „ Hier kann von unserer Seite für den Kunden natürlich nach- und aufgerüstet werden. Zudem haben wir guten Kontakt zur Werft. Wir gehen davon aus, dass diese Punkte bei den nächsten Schiffen geändert werden“, so das Statement aus dem Hause des erfahrenen und renommierten Bootsimporteurs unisono.
Qualitativ gibt’s sowieso nichts zu meckern. Hell, freundlich, gut verarbeitetet und in modernem Chic präsentiert sich das Innere der Velasco. Gut gelöst: Die zahlreichen Belüftungen in den Einbauten. Ausgezeichnet bewährte sich die Frontscheibenbelüftung bei dem feuchten Wetter des Testtages. Sehr schön die Oberlichter, die neben den großen Fenstern viel Licht ins Innere lassen. Die Eignerkabine im Vorschiff präsentiert sich als luftiger Raum mit gedeckten Farbkontrasten. Wem das 1,40 Meter breite Doppelbett zu schmal ist, der kann es mit einem optionalen Anlageteil seitlich verbreitern. Ergonomisch und übersichtlich gestaltet sich der Fahrstand, von dem aus der Skipper schnell und unkompliziert durch eine seitliche Schiebetür ins Freie gelangt. Sehr gut die Möglichkeiten des Notstopps der Maschinen an beiden Fahrständen.
Eine hochwertige Stereo Anlage und ein versenkbarer Fernsehmonitor bilden das Entertainment Paket. Konzeptionell gingen die französischen Bootsbauer beim Innenausbau des Salons neue Wege und richteten die Aufteilung nach den Aspekten der Kommunikation aus. Genial der verschiebbare und ausklappbare Salontisch an dem dann sowohl auf dem U-Sofa an Steuerbord als auch der Liege an Backbord eine große Gesellschaft Platz nehmen kann. Der Pantryblock wurde hierfür nach vorne gerückt und liegt gegenüber dem Fahrersitz. Dafür musste allerdings der klassische Beifahrersitz weichen. Den gibt’s dafür mit multiplen Verstell -Möglichkeiten – vom Sitz zur Liege – auf der Flybridge. Während hier im vorderen Bereich eine großzügige Außenlounge inklusive einer optionalen Wetbar geschaffen wurde, erstreckt sich achtern eine riesige Liegewiese zum Sonnen oder Lesen. Der zentrale Gerätemast soll bei zukünftigen Schiffen klappbar sein, was die Möglichkeiten erweitert, das Schiff auch im Binnenbereich zu nutzen.
Ein richtiges Reiseschiff benötigt Stauraum. Und den findet die Crew nach dem Anheben der Bodenplatten. Die Velasco hat quasi einen richtigen „Keller“. Hier finden auch Tiefkühler oder Waschmaschine ihren Platz. Zahlreiche Staufächer und Klappen sind ideal, die Ausrüstung und/oder Vorräte sicher zu verstauen. Zudem ist hier ein Zugang zum Motorraum, neben einem weiteren durch eine Bodenluke auf der Heckterrasse. Übersichtlich und sauber auch die technischen Installationen.
Mein Fazit:
Revier | Ostsee |
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Wind (Beaufort) | 6-8 |
Strom (Knoten) | 1-1,5kn |
Wellenhöhe | 1-2m |
Personen an Bord | 2 |
Tankinhalt Wasser | leerl |
Tankinhalt Treibstoff | volll |
Konstruktion/Design | Tony Castro Yacht Design / Jeanneau Design |
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Herstellerland | Frankreich |
Motorisierung Test KW (PS): | 2x Cummins QSB 6,7 Liter / je 380 PS |
Antriebsart | Welle |
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13,7m
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4,13m
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1,17m
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5,65m
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740PS
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GFK
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1170l
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400l
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100076kg
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B
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12
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2 + Salon
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4 + 2
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28kn