Test Bavaria New Sport 300/330

Zwei alte Bekannte feiern Weltpremiere. Klingt paradox – stimmt aber: Mit der Bavaria Sport 29 und 32 bietet Bavaria zwei kompakte Cruising- und Familiensportler zum günstigen Einstiegspreis mit vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten an. Nun wurden beide Modelle einer gründlichen Überarbeitung unterzogen. WasserSport-Redakteur Christian Schneider konnte sich davon überzeugen, dass es sich bei den neuen Modellen New Sport 300 und Sport 330 um mehr als nur um ein optisches Upgrade handelt.

Design, Konzept Verarbeitung

Das Offensichtlichste ist die komplette Überarbeitung und Neuausrichtung des Cockpit-Interieurs und Layouts bei der die vorher an backbord vorne seitlich vor dem Niedergang angesiedelte Sitzgruppe zu Lasten der achteren Sonnenliege in den hinteren Bereich der Plicht versetzt wurde. Mit der neuen Anordnung vergrößern sich zum einen der Platz und der Bewegungsspielraum für Freunde und Familie in der Plicht deutlich, zudem erhöhen sich der Komfort und die Sicherheit bei schneller Fahrt für die Beifahrer, die jetzt einen nach vorne ausgerichteten Doppelsitz erhalten. Dabei setzen wir voraus, dass der auf den Prototypen noch fehlende Handgriff vor dem Beifahrersitz dann in der Serie vorhanden ist. Der Zugang zum Motorraum erfolgt jetzt durch eine Bodenluke, die geöffnet werden kann nachdem der Cockpittisch entfernt wurde. Die Sonnenliege gibt’s aber immer noch, wenn auch erst nach ein paar Umbaumaßnahmen. Kürzere Füße für den Cockpittisch nebst den vier hölzernen Auflagestützen an den Sitzbänken sind die mit wenigen Handgriffen montiert und eingesteckt. Cockpittisch einfädeln, Polster drauf – fertig ist eine großzügige, windgeschützte Sonnenliege. Ein paar Clips in den Backskisten zum griffbereiten verstauen der Tisch- bzw. Liegenfüße und eine praktische Staumöglichkeit für die hölzernen Auflager sollte sich nachrüsten lassen.

Zudem wurde der Fahrstand neu designt und ergonomisch überarbeitet. Auch die Scheiben und die damit verbundene Linienführung sind jetzt etwas gerader und eckiger als vorher. Bei der Sport 300 ist die Frontscheibe jetzt recht dunkel getönt, was aber wegen der niedrigen Bauhöhe eher einer Design- denn einen praktischen Effekt hat. Nicht geändert hat sich die Tatsache, dass es auf beiden Modellen natürlich eine integrierte Wetbar in der Plicht gibt.

Henkelkörbchen ade – wer es mag, kann die beiden Yachten 300 und 330 S nun ohne Geräteträger ordern. Für die Befestigung und Montage von Cabrio-Verdecken, Biminis, Radar-Antennen, und weiteres Equipment müssen dann aber andere, ggf. individuell zu konstruierende Halterungen her. Dafür stimmt die rassige Optik. Während die 300er als „S“ ohne und als „Open“ mit Geräteträger lieferbar ist, bietet Bavaria die 330 zudem noch mit geschlossenem Fahrstand, aber mit einem zu öffnenden, riesigen Softtop an.

Das Konzept unter Deck hat sich im Vergleich zur Sport 29 und 32 nicht verändert – warum auch? Es passte ja bisher schon bestens. Neu gestaltet wurde hingegen das Interieur. Es ist erstaunlich wie „erwachsen“ die kompakte Yacht wirkt und welchen Wohnkomfort und wieviel Platz sie unter Deck bietet, inklusive einer maximalen Raumhöhe von 1,85 Meter, der Unterflurkammer achtern mit der Doppelkoje, für die Größe reichlich Schrank- und Stauraum, einer Pantry, der separaten Nasszelle und der Doppelkoje im Salon nach dem Absenken des Esstisches. Licht und Luft kann durch große Decksluken und zu öffnende Fenster ins Innere gelangen.

Wer jetzt die 330er betritt, dem wird klar, dass Yachten immer in der Mitte den berühmten Meter länger sind. Hier stellt sich echtes „Yachtfeeling“ ein, das sich nicht zuletzt in der luftigen und hellen Großzügigkeit des Salons begründet ist. Gut gelöst ist das von der Sport 32 ebenfalls bekannte und bewährte Raumkonzept mit der vorderen Doppelkoje, deren eine Hälfte durch das Umklappen der Rückenlehne der Sitzbank verlängert werden kann. Wer morgens zu faul ist das Bett zu machen, trennt das Vorschiff mit dem Vorhang ab und präsentiert den Besuchern die aufgeräumte Sitzgruppe und die geräumige Pantryzeile. Auch hier: An Schrank-und Stauraum mangelt es nicht, der Innenausbau wurde überarbeitet und aufgewertet. Die Unterflurkammer im achteren Bereich ist auf beiden Modellen gut zugänglich, wohnlich und durch ein zur Plicht hin zu öffnendes Fenster auch quer zu lüften. Die Sport 330 präsentiert sich mit Platzverhältnissen und Raumkonzepten, die auch den Bedürfnissen eines anspruchsvolleren Publikums für einen längeren Urlaub mit der Familie an Bord gerecht werden. Die Länge der Kojen von maximal knapp zwei Metern auf beiden Yachten gehen auch für die meisten großen Menschen eben noch in Ordnung.

Verarbeitungsseitig geht’s auf beiden Bavarias solide und ordentlich zu. Hier gibt’s selbst an den beiden Prototypen nichts zu meckern, was für die lange Erfahrung der Giebelstädter Werft spricht. Noch ein paar kleine Feinheiten hier und da – aber nichts, was es sich lohnen würde aufzuzählen. Alles in allem präsentiert sich der Innenausbau der beiden Testkandidaten freundlich, hell, gradlinig und funktional. Das gefällt.

Fahreigenschaften:

Die hinlänglich bekannten V8 Mercruiser 5.0 MPI DTS Bravo III Motoren + Antrieben mit jeweils 260 PS befeuern unsere beiden Testschiffe im Doppelpack. Sie sind bewährt, zeichnen sich durch gute Leistungsabgabe aus, sind allerdings auch recht durstig. Das Modell wird aber demnächst durch eine modernere V6 4,5 Liter Version mit 250 PS ersetzt, für die laut eines Bavaria-Verantwortlichem dann aber vom Motorenhersteller eine Preissteigerung zu erwarten ist.

Bavaria Sport 300 S

Die Standardmotorisierung der Bavaria Sport 300 ist eine V8-Einzelmotorisierung vom Typ Mercruiser 6,2 MPI DTS Bravo III mit 320 PS. Völlig ausreichend für den sportlichen „Normalbetrieb“ wie sich zeigen wird. Alternativ gibt’s Feinstes aus der neuen „roten Linie“ – sprich Benziner-Modellreihe – von Volvo Penta, inklusive eines V8 mit 350 PS und BSO fürs „Schwäbische Meer“. Das einmotorige Dieselangebot endet mit dem Volvo Penta D4-260 und kann alternativ durch eine D3-220 Diesel-Doppelmotorisierung aufgewertet werden.

Einen ersten Hinweis auf die Agilität der Sport 300 zeigt sich schon beim Fahren im Manövrierbetrieb. Mit voll eingeschlagenem Ruder benötigt das Boot gerade mal eine knappe Bootlänge Platz für den Vollkreis mit einer Maschine im Standgas. Beim Sprint aus dem Stand erfolgt der Vortrieb erwartungsgemäß mit erfreulich deutlicher Vehemenz. Die untere Gleitfahrt ermitteln wir hier analog zum Test der Sport 29 vor eineinhalb Jahren (WasserSport 01/2014) bei ca. 15 Knoten. Nach 12 Sekunden erreichen wir bei 3600 U/min und 28 Knoten eine angenehm zu fahrende und in Relation zum Verbrauch auch ökonomische Reisegeschwindigkeit. Das Boot zeigt dabei in der kleinen, aber kurzen Ostseewelle, die durch die Heckwellen einiger Motorboote noch verstärkt wird, ein ausgeglichenes Fahrverhalten und liegt spur treu auf dem Ruder. Der Einsatz der Trimmeinrichtungen zeigt zumindest in dem etwas welligen Ostsee Test-Geläuf keine erkennbare Wirkung.

Die Hatz ums Eck gelingt schnell und knackig. Kurven lassen sich bei dieser Geschwindigkeit sportlich mit ordentlicher Lage und engen Radien durchfahren. Bemerkbar macht sich jetzt wieder der starke Lenkeinschlag, der einen engen Kurvenradius erlaubt. Schiebt man den Gashebel beherzt weiter nach vorne, entpuppt sich das Boot mit solch leistungsstarkem Vortriebsequipment im „Keller“ als Wolf im Schafspelz mit kräftigem Biss und entwickelt sportliche Attitüden, die dem knuffigen Giebelstädter Einstiegsmodell auf den ersten Blick nicht unbedingt zugetraut werden. Nochmal sechs Sekunden oben drauf und die Marke der Höchstgeschwindigkeit ist bei 40 Knoten erreicht. Bei sehr hohen Geschwindigkeiten oberhalb der 30 Knoten kann das Boot seine Stärken in glattem Wasser voll ausspielen. In der kurzen Ostseewelle ist dagegen etwas Zurückhaltung geboten, wenn starkes Nicken und steile Abflüge vom Wellenkamm vermieden werden sollen. Mit höher werdenden Geschwindigkeiten ist am Volant der Sport 300 dann Fingerspitzengefühl gefragt, um der agilen Yacht nicht die Entscheidung für die Linie und den Radius in der Kurvenfahrt zu überlassen. Ob der besseren Übersicht bleibt der Flip-Up Sitz in Offshore Position. In der Kombination von zunehmendem Speed und gleichzeitig abnehmendem Kurvenradius sowie in der Welle, wäre jetzt etwas mehr Seitenhalt im Sitz, eine bessere Abstützung der Füße und eine ergonomische Unterarmauflage am Gashebel wünschenswert, um den deftigen Vertikal- und Zentrifugalbeschleunigungskräften einen entsprechenden Konterpart entgegenstellen zu können. Der Quickstop-Strip der Motoren sollte daher von ambitionierten, sportlichen Fahrern angelegt werden. Beim schnellen Cruisen und einer etwas gesitteteren Fahrweise erfreut der eher auf Komfort ausgerichtete Fahrstand hingegen sehr.

So eröffnet die kleine Bavaria eine große Bandbreite an Möglichkeiten hinsichtlich des möglichen fahrerischen Potentials und weiß anspruchsvolle Fahrer mit einer Auswahl sehr leistungsstarker Motoren ebenso zu begeistern, wie den sportlichen Tourenskipper mit zahmeren und verbrauchsfreundlicheren, aber sicherlich keineswegs langweiligen Spezifikationen. Eine der Benziner Einzelmotorisierungen sollte hier sowohl leistungsmäßig gut passen, und im Hinblick auf Anschaffungspreis und Brennstoffverbrauch, für die Fahrt ins Wochenende, den Kurzurlaub oder das Bootsvergnügen nach Feierabend auch in ökonomischer Hinsicht eine gute Wahl sein.

Bavaria Sport 330 HT

Wir wechseln aus der komfortablen Sportliga in die sportliche Komfort-Klasse und steigen über auf die Bavaria Sport 330. Erfreuten wir uns eben noch an agilem Sportbootfeeling, stellt sich hier sofort ein großzügiges, kraftvolles und seriöses Yacht-Gefühl ein. Das mag auch am geschlossenen Fahrstand liegen— in den offenen Versionen kann das Boot seine Sportbootgene vielleicht noch etwas mehr hervorheben— doch ist die Yacht an sich der Übergang in eine andere Welt. Dass die größere und leer knapp 1,2 Tonnen schwerere Sport 330 mit derselben Test-Motorenkonfiguration nicht die Fahrwerte der Sport 300 erreichen kann, ist klar. Das macht sie aber mit einer kraftvollen und sicheren Fahrweise, unbeeindrucktem Verhalten in der Welle und einem im ganzen satten, stabilen und schiffigeren Fahrverhalten wieder wett. Der kommende 4,5 Liter V6 Mercruiser Benziner à 250 PS ist dann auch im Doppelpack die im Standard angebotene Antriebsquelle, die leistungsmäßig gut passt, und gegen die stärkere 6,2 Liter V8 -Variante mit je 320 PS ebenfalls als Doppelmotorisierung ausgetauscht werden kann. Als Diesel-Alternativen stehen der bewährte und sparsame Volvo Penta 4 Zylinder D3-220 im Doppel sowie der seidenweich laufende 6-Zylinder D6- 330 oder 370 als Einzelmotorisierung in der Spezifikationsliste. Das BSO Zertifikat gibt’s auch hier mit dem Volvo Penta V8-Benziner mit 350 Pferden am Prop.

Die 330er zeichnet sich durch ein wendiges Manövrierverhalten und enge, aber sicher gefahrene Kurvenradien ohne die Tendenz zum Einhaken oder Ausbrechen aus. Das Fahrverhalten ist mit dieser Motorisierung naturgemäß weniger spektakulär als bei der kleinen Schwester, doch gute Beschleunigungswerte und hohe Endgeschwindigkeiten sprechen für sich. Die Gleitfahrtgrenze erreicht die Sport 330 bei einer Geschwindigkeit von ca. 13 Knoten nach sieben Sekunden und wirkt in dieser Fahrstufe – wen wundert’s – etwas angestrengt. Auch hier können wir keinen Effekt des Powertrimms erkennen, aber nach einem vehementen herabdrücken der Fahrhebel ist die Yacht „über den Berg“ und läuft nur wenige Sekunden später „Yachtsmen-like“ gelassen eine Reisegeschwindigkeit von 27 Knoten bei geschmeidigen 3600 Touren. Die Übersicht am komfortablen Fahrstand mit verstellbarem Rad geht dabei in Ordnung und die Kommandozentrale passt ergonomisch gut zum eher aufs sportliche Cruisen ausgelegten Gesamtkonzept.

Wer längere Reisen plant, sollte bei der Bestellung der Bavaria Sport 330 sein Kreuz bei einer der Volvo Penta Diesel-Motorisierungen machen, um gute Leistung, Reichweite, Langstrecken-Tauglichkeit und ökonomische Fahrwerte miteinander in Einklang zu bringen.

Mein Fazit:

Die Bavaria Sport 300 und Sport 330 präsentieren sich als ideale Ergänzungen und in mancher Hinsicht auch als Aufwertungen zu den weiterhin verfügbaren Schwestern Sport 29 und Sport 32. Dabei sind das „Mehr“ an Platz und Bewegungsfreiraum an Deck die entscheidenden Aspekte, die den Kunden je nach Vorliebe, geplanter Nutzung und Geschmack das für Ihn passende Modell wählen lassen. Bei der quirligen Bavaria Sport 300 steht das „sportliche Fahren mit Wohnkomfort“ auf der Liste der Charakteristika ganz oben. Sie empfiehlt sich auch hinsichtlich der Größe für Binnen- oder geschützte Küstenreviere. Bestechend sind der noch kompakte, aber schon erwachsene Auftritt mit rassig-schicker Optik, die geschickte Raumausnutzung an und unter Deck und das agile Fahrverhalten. Dagegen spielt die 330 ihre Vorteile in Sachen Platz, sportlicher aber sicherer Fahrweise bei immer noch übersichtlichen Abmessungen voll aus. Sie ist zusammen mit der Sport 32 Bavarias Einstieg in die Welt der echten Sportcruiser, die auch einen längeren Aufenthalt an Bord und Reisen über See mit hohen Reisegeschwindigkeiten ermöglichen. Das Ganze gibt’s in guter Verarbeitungsqualität zu einem Bavaria-typisch günstigen Einstiegspreis mit zahlreichen Optionen und Konfigurationsmöglichkeiten, die aus dem Serien-Standardschiff nicht nur eine fahrfertig ausgerüstete, sondern auch individuelle Yacht machen.

Christian Schneider
Bavaria Sport 300 S / Sport 330 HT
Konstruktion/DesignMarco Casali / Bavaria
HerstellerlandDeustchland
Motorisierung Test KW (PS):2 x Mercruiser je 260 PS
AntriebsartHeckantrieb
  • 9,31 / 10,94m
  • 2,99/ 3,31m
  • 1,29 / 1,26m
  • 2,73 / 3 (Open)m
  • 2x 191KW / 2x 260PS
  • GFK
  • 520 / 520l
  • 120 / 150l
  • ca. 4700 / 5888kg
  • B / B
  • 6 / 8
  • 4 + 1
  • 40 / 35kn / 74 / 65km/h