Drive-Style: Test Nimbus 305 Drophead
Design, Konzept, Verarbeitung
Ein altes Sprichwort besagt: „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“. Die Modellbezeichnung „Drophead“ statt einfach „Open“ soll nicht zuletzt deshalb laut Insidern auch Werft intern zu kontroversen Diskussionen geführt haben. Sie bezieht sich hier auf die legendären, automobilen Drophead-Coupés einer britischen Nobelmarke, deren Dach sich per Knopfdruck ein- bzw. entfalten lässt.

Was erstmal ungewohnt klingt, funktioniert in der Praxis aber bestens: Wo andernorts Fingernägel beim Zerren, Ziehen, Auf- und Zuknöpfen brechen, unterdrückte Flüche ausgestoßen werden und Cabrio-Verdecke aus diesem Grund nur ein einziges Mal auf- aber nie wieder abgebaut werden, genügt bei der Nimbus ein Knopfdruck. Das Verdeck faltet sich in wenigen Sekunden an seinem soliden Gestänge aus einer Kassette auf dem vorderen Scheibenrahmen aus – und ggf. natürlich auch wieder ein. Die beiden Seitenteile werden mit einem Keder bei Bedarf am Scheibenrahmen ruck-zuck in eine Nut eingezogen und ans Verdeck per stabilem Reißverschluss angeschlossen. Den gibt’s auch bei den hinteren Teilen. So ist das komplette Zeltverdeck der 305 Drophead in zwei bis drei Minuten inklusive des Zusammenlegens und Verstauens der Persenningteile ab und wieder aufgebaut, und in Sekunden ein Sonnen- oder Regenschutz per Knopfdruck verfügbar bzw. wird die „Open“ zur urlaubstauglichen „Kajütyacht“. Passt, funktioniert, geht einfach – schöner „Appetizer“!




In Sachen Interieur setzen die schwedischen Werftköche auf bekömmliche, skandinavische Bootsbau-Kost: Klar, gradlinig, geschmackvoll und ohne Firlefanz: An und unter Deck wartet im Prinzip das bekannte Layout der geschlossenen Schwester 305 Coupé (siehe Test WasserSport 07/2015). Am bewährten Konzept – inklusive der komfortablen Eigner-Kammer im Vorschiff mit wahlweise quer- oder längsschiffs eingbauter Doppelkoje, Nasszelle und Dusche, Gästekabine, dem breiten Gangbord – dem „Sidewalk“ – an Steuerbord – wurde nichts geändert.

Was bei der Coupé nicht auffällt, da an dieser Stelle das achtere Schott des Salons mit der Schiebetür zur Plicht steht: Plicht und Cockpit liegen nicht auf einem Niveau, so dass es hier eine Stolperkante auf dem Weg von vorn nach achtern gibt. Die Werft hat dies erkannt und will diese Kante in Zukunft mit einem darüber liegenden Edelstahlblech entschärfen. In Sachen Materialauswahl dominieren pflegeleichte, robuste, witterungsbeständige, aber sehr hochwertige Materialien wie Corean-Oberflächen und UV-beständige Sunbrella-Bezugsstoffe. Lediglich die Tischplatten bestehen aus öko-zertifiziertem, unbehandeltem Teakholz.

Als Decksbelag stehen Flexiteek, Teakholz oder auch ein rutschhemmend strukturiertes GFK-Deck zur Wahl. Alles ist pflegeleicht und funktional, aber wirkt solide und edel, wie man es von den Schweden gewohnt ist. Sozialkompetenz inklusive: Im geräumigen Cockpit oder in der achteren Plicht lässt es sich vortrefflich mit Freunden und der Familie plaudern, spielen, essen und trinken, lässt man vielleicht den achteren Tisch elektrisch aufs Niveau der Sitzbänke ab, legt ein Polster ein, liest ein Buch und genießt ein Sonnenbad – alternativ natürlich auch auf dem Vorschiff. Lecker!
Fahreigenschaften

Leinen los! Sanft brummelnd meldet sich der gut isolierte eingebaute Volvo Penta D3-150 Diesel. Die Motorisierung des Testschiffes ist die Gleiche wie seinerseits die des Coupé-Testkandidaten und entspricht der Werftempfehlung. (Anmerkg. der Redaktion, April 2023: Das Schiff wird aktuell mit dem Volvo Penta D4-270 ausgerüstet, da die D3-Baureihe ausläuft) Wind, Wellen und Möwengeschrei haben gefühlt die akustische Oberhand. Das Geräuschniveau ist kaum anders als in der geschlossenen Version. Zwischen 65 und 75 dB inklusive besagter Nebengeräusche bewegt sich der am Fahrstand gemessene Geräuschpegel bei sechs Knoten Revierfahrt und 12 Knoten Marschfahrt und selbst bei 3150 U/min Vollastfahrt und 18 Knoten wird ein Wert von 80 dB nicht überschritten. Geschmeidig geht die Nimbus mit ihren optimierten Rumpflinien in flotten Trab über, ohne das eine Gleitfahrtgrenze spürbar wäre, oder sie sich signifikant an hohen Verbrauchswerten zeigen würde. Leicht hebt sich der Bug und sauber läuft das Kielwasser in einer dezenten Heckwelle aus. Das Schiff liegt in jeder Fahrstufe sehr handig und leichtfüßig auf dem Ruder.

Soweit alles wie erwartet und von der Coupé-Schwester bekannt. Doch hinter der breiten Windschutzscheibe sitzend fühlt sich diese Yacht deutlich größer an als 30 Fuß. Wie eine großes, kraftvolles weich und zügig laufendes Oberklassen-Cabrio auf der Landstraße, will die 305 Drophead hier in den schwedischen Schären durch einen seriösen, kultivierten Fahrstil, mit einem satten, wohligen Komfortgefühl und qualitativ-hochwertiger Klasse gefallen. Zudem bietet das offene Boot einen Fahrspaß, der bei einer Geschwindigkeit unterhalb 20 Knoten vielleicht nicht erwartet worden ist. Schnelle Marschfahrt, volle Ruderlage und fast ohne Seitneigung fährt der Cabrio-Kreuzer schwungvoll ums Eck und kreuzt seidenweich und unbeeindruckt die Wellen. Nichts schlägt, rumpelt, oder knirscht. Zurücklehnen und die Fahrt genießen! Ein gelassenes, zufriedenes Lebensgefühl macht sich breit, während die Sonne ins Cockpit scheint und der Wind sich leicht in den Haaren verfängt. Unbeschwerter Life- und souveräner Drive-Style. Nachschlag bitte!

Zum Nachtisch offeriert die Werft in Kooperation mit dem deutschen Hersteller für Elektromotoren Torqeedo auch einen vollelektrischen Antrieb auf Basis des Torqeedo Deep Blue 80i Motors für den hydrodynamisch optimierten Rumpf der 305 als Drophead als auch als Coupé an. Eine ideale Kombination z.B. für den Einsatz auf ruhigen Binnengewässern und Seen und u.U. sogar für die Nutzung selbst in sensiblen Umweltbereichen. So wird die Nimbus 305 zur lautlosen Lounge auf dem Wasser, zum flüsterleisen Seenkreuzer und stilvoll-dezenten Dahin-Gleiter.


Mein Fazit:
Die Werft hat ordentlich aufgetischt, sehr lecker ist`s und hungrig bleibt auch keiner. Die Nimbus 305 Drophead ist eine Yacht, deren Konzept sich spätestens durch das Erleben an Bord selbst erklärt. Den Komfort und die Qualität, sowie die guten Fahreigenschaften haben wir von der schwedischen Premiumwerft erwartet. Die Souveränität, den Stil, die geschmeidige, kraftvoll-gelassene Art und das daraus resultierende Lebensgefühl in Verbindung mit einem solchen offenen Boot aber haben wir neu „erfahren“. Prädikat: Delikat – Probier-Fahrt dringend empfohlen!
Revier | Ostsee/ schwedische Westschären |
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Wind (Beaufort) | 3 |
Strom (Knoten) | 1kn |
Wellenhöhe | 0,2-0,3m |
Personen an Bord | 2 |
Tankinhalt Wasser | 50l |
Tankinhalt Treibstoff | 100l |
Konstruktion/Design | Nimbus Boats |
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Herstellerland | Schweden |
Motorisierung Test KW (PS): | Volvo Penta D3-150 |
Antriebsart | Welle |
Messwerte
Fahrstufe | Drehzahl | Geschwindigkeit | Verbrauch | Reichweite* | Schallpegel** | ||||
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U/min | kn | km/h | l/h | l/sm | l/km | sm | km | dB(A) | |
Revierfahrt (ca. 6kn / 12km/h) | 1320 | 6 | 11,1 | 4 | 0,67 | 0,36 | 336 | 622 | 65 |
Ökonomische Marschfahrt | 2350 | 12 | 22,2 | 18,2 | 1,52 | 0,82 | 148 | 274 | 75 |
V-max. | 3150 | 18 | 33,3 | 28,6 | 1,59 | 0,86 | 141 | 262 | 80 |
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10,07m
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3,25m
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0,9m
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2,65 / 2,26m
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110KW / 150PS
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GFK
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250l
-
150l
-
3095kg
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B
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8
-
2
-
4
-
18kn / 33km/h
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622km / 274km