Test Pardo 50: Mit Stil und Speed

Nach der Pardo 43 im Jahr 2017 schicken die Italiener 2018 die Pardo 50 als größere und in diesem Jahr die Pardo 38 als kleinere Schwester ins Rennen um die Gunst der anspruchsvollen Kundschaft. Wir konnten beide anlässlich der Cantiere del Pardo Week im Frühjahr im italienischen Porto Piccolo fahren. Die Pardo 50 ist das Flaggschiff der Baureihe.

Cantiere del Pardo ist im Bereich der exklusiven Segelyachten mit der Marke Grand Soleil keine Unbekannte und verfügt über mehr als 40 Jahre Erfahrung im Bau exklusiver Yachten. So sorgte die 43er für Aufsehen mit dem markanten Design, aber auch für Diskussionen und in Bezug auf konzeptionelle Ähnlichkeiten zur Fjord 42 der Hanse AG aus Greifswald.

Die gilt als Ikone auf dem nicht zuletzt erst durch sie selbst befeuerten Markt der Luxus-Tender. Die Nachfrage nach Booten dieser Art boomt also und nachdem sich der Rauch juristischer Kanonaden verzogen hatte, und eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beiden Werften unterzeichnet war, entwickelte sich die Marke Pardo rasant.

Design, Konzept, Verarbeitung

Rumpf und Deck der Pardos sind im Vakuum-Infusionsverfahren aus Osmose-resistentem Vinylesterharz gefertigt. Für eine deutliche Wiedererkennbarkeit der Yachten sorgt der negativ nach achtern einfallende Vorsteven, der als deutliches Kennzeichen der Baureihe gelten kann. Dafür war es nötig, eine ausfahrbare Konstruktion für den Anker zu konstruieren. Klingt kompliziert, wurde von Pardo aber solide und konstruktiv erstaunlich einfach umgesetzt und ist kinderleicht – natürlich elektrisch – bedienbar.

Das Grundkonzept der 50er unterscheidet sich nicht von den beiden kleineren Schwestern, setzt im Detail aber noch kräftig einen oben drauf. Nicht nur in Sachen Platz, sondern auch in Punkto Vielseitigkeit lässt die 50iger mit zusätzlicher Crew-oder Gästekabine, großer Tendergarage, riesiger Deckslounge mit großer Pantry, zwei Nasszellen und natürlich dem großen zusätzlichen Platzangebot die beiden Schwestern im breiten Kielwasser. Das Wort „Flugzeugträger“ macht die Runde und bezieht sich dabei auf die eindrucksvolle Decksfläche und die große Breite der imposanten Yacht.

Auch wenn ca. die Hälfte des Raumes unter Deck von den beiden D8 Volvo Penta Dieselmotoren und den IPS-Antrieben, Tanks, Generator, mustergültig ausgeführten Technikinstallationen, Tendergarage und Stauräumen in Beschlag genommen wird – es bleibt noch reichlich Platz für die Crew. Da die Pantry ihren Platz an Deck unter dem mit einem nach achtern elektrisch ausfahrbaren Softtop zu verlängernden T-Top aus Carbofaser-Prepregs hat, bleibt unter Deck Platz für eine mehr als geräumige Master-Vorschiff-Suite, besagte zwei Nasszellen, einen begehbaren Kleiderschrank und eine abgeteilte Gäste- oder Kinderkabine. Das Vorschiff ist optional auch hinter der vorderen Koje variabel abteilbar, was der Privatsphäre der Eigner zugutekommt, wenn Gäste an Bord sind. Die Crew-Kabine ist über einen separaten Niedergang vom Backbord-Seitendeck erreichbar.

Das Deck gleicht einer maritimen Flaniermeile in Bezug auf die Breite und die Länge von der vorderen Sonnenliege plus behaglichem Sitz im Bug bis zur riesigen, hydraulisch absenkbaren Badeplattform achtern. Kinder-Haustier- und Seniorenfreundlich seeseitig gesichert von einer hohen Schanz mit edlen versenkbaren Klampen mit „Pardo“-Schriftzug und ebenfalls versenkbaren, raffinierten LED-Leuchten.

Verarbeitungsseitig ist sowieso alles im dunkelgrünen Bereich, was angesichts der Erfahrung der Werft nicht verwundert. An und unter Deck wirkt die Yacht top-modern, ohne dabei übertrieben extravagant zu sein und lässt so auch bei Liebhabern von zeitlosem Ambiente das Herz höher schlagen. Na klar – exzellentes Design in Verbindung mit funktionaler Praktikabilität war schon immer eine italienische Kernkompetenz. Eigner-Wünsche können dabei berücksichtigt werden.

Fahreigenschaften

Am hochglänzenden, schwarzen Fahrstand der Yacht in den üppig gepolsterten Sitzen mit Flip-up Funktion, fühlt sich der Skipper wie Captain Kirk an Bord der Enterprise angesichts der beiden großen Simrad-Screens und der Phalanx der ergonomisch bestens angeordneten Bedienelemente – Energie!

Prächtig gedämpft melden sich die beiden Volvo Penta D8 à 600 PS zu Wort und das „Ausdocken“  und der Manövrierbetrieb gelingen dank IPS und Joystick-Steuerung trotz Seitenwind per Fingerübung. Die 50er punktet mit einer Mischung aus bulliger Präsenz und souveränem Understatement, das nur bieten kann, wer sich seiner Kraft und Leistung bewusst ist. So gleitet die Yacht elegant und dank ihrer anmutigen, messerscharfen Linien scheinbar schwerelos in leiser Fahrt durch die Marina und lässt Spaziergänger und andere Yachties staunend innehalten.

Am Testtag laufen lediglich ein paar lange Roller unaufgeregt in Richtung Küste, kein Grund die Fahrhebel nicht nach vorne zu schieben.  Auf Kommando erwachen die beiden Diesel Boliden mit je 7,7 Liter Hubraum zum Leben und ziehen die große Yacht per IPS-Antrieb druckvoll in nur 20 Sekunden auf eine Geschwindigkeit von 30 Knoten. 25 Knoten entpuppen sich als ideale und entspannte Reisegeschwindigkeit, doch auch beim Topspeed, der mit neun Personen, halb-vollen Tanks und vollem Eigner-Urlaubsequipment bestückten Yacht von 34 Knoten, kommt nirgendwo Hektik auf. Im Gegenteil: Es ist eindrucksvoll mit wie viel rassiger Eleganz der 50 Fuß Kreuzer sein messerscharfes Vorschiff durch die Wellen schiebt, auch bei hart gelegtem Ruder selbst bei Vollgas nichts weiter als kraftvolle Souveränität, bulligen Schub und lässigen Verve serviert. Kein Anzeichen einer fahrerischen Instabilität, oder etwa einer sich abzeichnenden Gefahr des Kontrollverlustes. Was die Yacht im Stande ist, ggf. auch einmal bei aufziehendem schlechten Wetter zu leisten, davon gibt der erste Fahrtest des Prototypen der kleineren Pardo 38 bei bis zu acht Windstärken am nächsten Tag einen Eindruck.

Mein Fazit:

La dolce vita: Druck, lässiges Cruisen und kraftvoller Punch, gepaart mit einer satten und beruhigendem und doch leichtfüßigen Lage im Wasser zeichnen diese Yacht als das aus, was sie ist: Ein echter Luxus-Tender, eine gelungene Mischung aus großer Sportyacht, elegantem Daycruiser und doch auch tauglich für einen mehrtägigen Törn an Bord, einen Kurzurlaub oder das Tingeln von Bucht zu Bucht an mediterranen Küsten. An und unter Deck überzeugt die Yacht mit italienischem Lebensgefühl, einer angenehmen Leichtigkeit bei gleichzeitiger luxuriöser Großzügigkeit, die sich so wohl erst ab 50 Fuß Schiffslänge realisieren lässt. Doch auch die inneren Werte überzeugen: Aufwendige Bauverfahren, hochwertige Technik und eine standesgemäße Verarbeitungsqualität rechtfertigen eine entsprechende Preisgestaltung.

Christian Schneider
Cantiere del Pardo Pardo 50
Konstruktion/DesignCantiere del Pardo
HerstellerlandItalien
Motorisierung Test KW (PS):2 x Volvo Penta D8-600
AntriebsartIPS
  • 14,95 / 16,95 (mit Badepltf.m
  • 4,95m
  • 1,23m
  • k.A.m
  • 2x 320 - 2x 440KW / 2 x 435 - 2 x 600PS
  • GFK
  • 2200l
  • 450l
  • ca. 14900kg
  • A/B/C
  • 12 /16 / 20
  • 2/3
  • 4+1