Test Aquador 35 AQ
Design, Konzept, Verarbeitung
Ganz bewusst habe man mit Design-Traditionen gebrochen, verkünden die finnischen Designer selbstbewusst. Dabei standen Funktionalität, Komfort und eine bessere Raumausnutzung im Vordergrund. Anleihen aus Bereichen der modernen, finnischen Architektur wurden verknüpft mit Attributen, die ein gutes Seeschiff ausmachen und denen, die zu einer rationalen und damit letztendlich auch für den Endkunden preislich attraktiven Fertigung beitragen.
Aquador-Importeur und Finnboot-Geschäftsführer Dirk Varletta weiß um die Qualitäten des neuen Flaggschiffs, und schon am Steg stellt die 35 AQ ein selbstbewusstes Prestige zur Schau. Wer die Aquador bequem über die große Badeplattform betritt, findet sich sofort zurecht. Los geht’s mit der gekonnten Verbindung der Lebensräume innen und außen, beginnend mit der guten Rundumsicht im Salon und den hellen Kabinen mit großen Fenstern. Ein Knopfdruck und das riesige Schiebedach lässt nicht nur Licht, sondern auch viel Luft ins Boot. Wenn der Skipper die sehr praktische seitliche Schiebetür öffnet, fährt er den Boliden ggf. auch vom Seitendeck aus, per optionaler Joysticksteuerung sogar kinderleicht mit zwei Fingern.
Ist die hintere Schiebetür komplett geöffnet, ergibt sich zwischen Plicht und Salon eine Verbindung des Innen- und Außenbereiches. Die beiden Tische und die Sitzbank lassen sich per Einlegeteil zu einer langen Tafel verbinden. Liegt die ebenfalls helle und freundliche Eigner-Kammer noch hinsichtlich der Größe im Bereich dessen, was zu erwarten war, überrascht die Gäste-Unterflurkabine mit in dieser Klasse unerwartet großzügigem Wohnkomfort. Ebenfalls geräumig für die Schiffsgröße: Die Nasszelle mit abteilbarer Duschkabine. Bei der Gestaltung und Materialauswahl des Interieurs gehen die finnischen Bootsbauer den modernen Weg konsequent weiter: Klare, minimalistische und funktionale Lösungen in edlem Look und in einer schnörkellosen Formensprache. Die doppelt konvex gebogene Frontscheibe ist aus einem Stück gefertigt und integraler Teil der Struktur des Aufbaus. Hier gibt es keine Reflexionen und kein Aufheizen bei Sonneneinstrahlung und auch dem Beschlagen bei feuchtem Wetter wird ein Riegel vorgeschoben, indem die Scheibe über mikrofeinen heizbaren Film erwärmt wird. Ein lärmendes und Zugluft erzeugendes Gebläse ist hier somit nicht nötig. Unsere Testyacht ist innen und außen mit einem neuen sehr rutschfesten Decksbelag ausgestattet, der das moderne Konzept unterstreicht. Das Material ist ein aus nachwachsenden Rohstoffen entwickelter Kunststoff. Auf Wunsch sind natürlich auch andere Decksbeläge wie z.B. Flexiteak o.ä. erhältlich. Praktisch: Die Fenderkiste achtern auf dem Backbordlaufdeck. Hier sind die Fender schnell griffbereit und von der achteren Plicht aus sicher und im Nu verstaut. Verarbeitungsseitig fallen die sehr sauberen Kunststoffarbeiten auf, gefallen die solide gefertigten Beschläge, sowie die geringen Spaltmaße beim sorgfältig ausgeführten und haptisch edel anmutenden Innenausbau.
Fahreigenschaften
Erweckt die Aquador am Steg vielleicht rein optisch noch den Eindruck eines gemäßigten Trawlers, gibt schon der erste Schritt an Bord einen Hinweis auf einen scharfen V-Spant und die agilen Fahreigenschaften einer sportlichen Yacht. Spätestens wer das Datenblatt zum Punkt „Motorisierung“ studiert, lässt sich von der bulligen Optik nicht mehr täuschen. Reichlich Power lauert unter der riesigen Motorraumklappe, die fast aus dem gesamten achteren Cockpitboden besteht, und sich für allerbesten Zugang zum Motorraum elektrisch samt Sitzgruppe und Esstisch auf Knopfdruck anhebt.
Bequem und mit guter Übersicht logiert es sich am Fahrstand, bei schönem Wetter hat der Fahrer die Möglichkeit bei geöffnetem Schiebedach im Stehen sogar „draußen“ zu fahren. Unser Testschiff ist mit zwei 3,0 Liter V6 Mercury-Dieselmotoren à 260 PS und Bravo 3X Z-Antrieben und Joysticksteuerung ausgerüstet. Reichlich „Bumms“ für eine Fahrtenyacht und so der klare Hinweis: Wir können auch anders! Davon ist allerdings im Manöverbetrieb erstmal nichts zu merken, und das ist positiv gemeint. Das kantige Nordlicht dreht auch ohne Querstrahlruder voll eingeschlagen und nur mit einer Maschine eingekuppelt fast auf dem Teller und lässt sich spurtreu und zielgenau dirigieren. Das ändert sich auch nicht in der Verdränger-Fahrt z.B. auf dem Binnenrevier. Brav zieht die Finnin ihre Bahn. Wer überwiegend binnen unterwegs ist, sollte auch mit der Einzelmotorisierung mit einem Volvo Penta D6-400 Diesel einen potenten und kraftvollen Kreuzer mit guten Reserven für stramme Bergfahrten finden.
Unserem Testkandidaten steht die Maximalmotorisierung aber gut, erlaubt sie doch schnelle Seepassagen mit Marschgeschwindigkeiten um die 25 Knoten (ca. 46 km/h) und eine beachtliche Höchstgeschwindigkeit von 36 Knoten (ca. 66 km/h). Auch hinsichtlich der Beschleunigungswerte straft die Finnin ihre Kreuzeryacht-Optik Lügen und spendiert der Crew einen kräftigen Antritt. Sportlich geht es auch in der schnellen Kurvenfahrt zu, bei der sich die Aquador bedingt durch den scharfen V-Spant und hoch liegender Kimmkante schon deutlich „auf die Backe“ legt.
Die eine oder andere Dusche ist zumindest in der kurzen, kabbeligen Ostseewelle des Testtages auf dem Vorschiff ebenfalls inbegriffen, Mätzchen wie ein ausbrechendes Heck sind der Yacht dabei aber fremd. Die scharfen Linien des Sportkreuzers ergeben ein agiles Fahrverhalten einerseits, weichen Lauf in der Welle und bei Rauwasser andererseits. In Skandinavien üblich: Ein kräftiges Ankergeschirr nebst Winde am Heck des Bootes, um vor Heckanker und mit Bug-Leine an einer der tausenden Schären vor der Küste liegen zu können. Da dieses Ausrüstungsteil hierzulande meist nicht benötigt wird, wurde bei unserem Testkandidaten darauf verzichtet. Hier muss dann aber ggf. beim Trimm des Bootes nachgebessert werden, denn das fehlende Gewicht von Anker, Kette + Winsch im Heck macht sich bemerkbar und lässt die Yacht eventuell achtern etwas höher aufschwimmen. Möglicherweise der Grund dafür, dass die Props des Testschiffes in enger gefahrenen Kurven zum Ventilieren neigen und Luft ziehen. Eventuell könnte hier auch noch an der Abstimmung in Bezug auf die Steigung gefeilt werden, allerdings erreicht unser Testkandidat bei Volllast exakt die herstellerseitig angegebene Maximaldrehzahl von 4000 U/min.
Dominiert optisch und Layout-seitig klar der Anspruch als Kreuzeryacht, ist die Aquador 35 AQ fahrerisch ein reinrassiger Sportkreuzer, der durch Agilität und sportliche Fahrleistungen punktet. Erwähnt werden sollte die hervorragend funktionierende Mercruiser Axius Joystick Steuerung, die in Kombination mit dieser Motorisierung erhältlich ist und besonders für kleine Crews empfehlenswert ist. Zumal mit dem im Axius Premium-Paket integrierten Feature „SkyHook“ – einer Funktion bei der die Yacht z.B. vor einer Schleuse oder vorm Hafen zum klar legen von Fendern und Leinen per Knopfdruck automatisch die Position hält. So fährt der Skipper sein Boot im wahrsten Sinne „einhand“.
Mein Fazit:
Mit der neuen Aquador 35 AQ spricht die Werft den modernen Bootsfahrer an. Dabei schaffen es die Finnen, neues, modernes und frisches Design in Einklang mit pfiffigen, funktionalen Lösungen und der Tradition der Leichtigkeit des skandinavischen Lebensstils in Einklang zu bringen. So ergibt sich ein guter Mix aus vielseitiger Nutzbarkeit und Fahrspaß. Eine gute Bauqualität, und ein attraktives Preis-Leistungsverhältnis sind seit jeher Markenzeichen der Werft. Ein Hingucker mit souveränem Prestige und Zeitgeist ist die markant auftretende Yacht dabei sowieso.
Konstruktion/Design | Aquador |
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Herstellerland | Finnland |
Motorisierung Test KW (PS): | 2x Mercruiser Diesel 3,0 / je191 kw ( 260 PS) |
Antriebsart | Heckantrieb / BravoX |
Preis Standard/Testschiff: | 314200 / 346450€ |
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10,28m
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3,49m
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1,1m
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294-385KW / 400 -500PS
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GFK
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599l
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173l
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6200 (leer)kg
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B
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8
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2+1
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4+2