Test Bavaria Virtess 420: sportlicher Luxuskreuzer
Das Ergebnis: Die Bavaria Virtess 420 Flybridge – Sieger bei der Wahl „Boot des Jahres“ auf der boot Düsseldorf 2013 in der Kategorie bis 45 Fuß – und das Schwesterschiff Coupé. Claus D. Breitenfeld hat sich den Testschlag vor den Gestaden der türkischen Küste nicht entgehen lassen.
Eleganz von der Kielsohle bis zum Topplicht, zeitloses Design, Komfort und Luxus nach Wunsch und Bedarf, frei kombinierbar aus einer schier unerschöpflichen Options-Agenda, Wohlfühlambiente per se in Symbiose mit formidablen Fahreigenschaften, so präsentieren sich die beiden topaktuellen, neuen Virtess-Bavarias, deren namentliche Typisierung allein schon Programm ist. Das geflügelte Wort „nomen est omen“ könnte kaum besser passend angewandt werden als hier im Fall von „Virtess“ – abgeleitet und frei neu gemixt aus dem lateinischen „virtus“ und dem französischen „vitesse“, was so viel bedeutet wie Perfektion und Schnelligkeit.
Dass Bavaria im fränkischen Giebelstadt, unweit der Mainmetropole Würzburg angesiedelt, zu den weltweit erfolgreichsten Werften im GfK-Serienbau gehört, ist seit Jahrzehnten unbestrittener Fakt und wird mit immer wieder überraschenden Innovationen unter Beweis gestellt. Design, Technik und Komfort reichen sich bereits auf dem Zeichenbrett die Hand, die Praxis schlussendlich setzt Ideen und Anregungen um, die nicht selten aus dem Dialog mit dem Kunden und dessen Wünschen resultieren. Absolut überzeugend, die eindrucksvolle Demonstration der neuen Yachtlinie Virtess, wie auch schon bei vielen anderen Vorgängerentwürfen und Exponaten. Auf den Punkt gebracht, Luxus in Reinkultur für eine unvergessliche Zeit auf dem Wasser, so die Botschaft, die Bavaria mit der neuen Modellreihe nicht nur vermitteln will, sondern sie auch demonstrativ und nachhaltig in die Tat umsetzt.
Fahreigenschaften
Wer sich, wie Bavaria seit Jahrzehnten, im Yachtgeschäft tummelt und bislang tausende von Schiffen erfolgreich im Markt platziert hat, von dem kann kaum angenommen werden, dass ihm ausgerechnet in dieser Nobelklasse fahrtechnisch ein Fauxpas unterlaufen könnte. Genau das Gegenteil ist der Fall und wird noch dadurch unterstrichen, dass sich die Werft den Luxus erlaubt, künftigen Eignern zwei völlig gegensätzliche Antriebssysteme zu offerieren, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Egal, ob die Entscheidung zugunsten von IPS, den „ziehenden Props“ – oder Z-Antrieben fällt, im praktischen Fahrbetrieb geben oder nehmen sich beide nicht viel, zumindest dann nicht, wenn gleitender Weise Kurs voraus anliegt. Etwas eleganter hingegen benimmt sich eventuell die IPS-Variante beim Manövrieren, da sie die höhere Flexibilität unter dem Rumpfboden für sich reklamieren kann. Beiden zu eigen sind hingegen das kinderleichte Ein- und Ausparken in engen Liegeplatzboxen, das seitliche Versetzen oder Verholen, was bei Schiffen dieser Größenordnung unter Dwarswind-Bedingungen zuweilen Probleme bereitet.
Ansonsten, Trimmklappen neutral positioniert, die Hebel auf den imaginären Tisch gelegt, dabei die elektrische Schaltung so konfiguriert, dass sich beide Motoren in Sachen Drehzahl automatisch synchronisieren – und ab geht die Post. Trotz unterschiedlicher Leistung – die beiden Volvo Penta D6-400 EVC‘s mit den G4-Duoprops bei der Coupé bringen es jeweils auf 281 kW (382 PS) am Propeller, die D6-600-IPS im Bauch der Fly hingegen jeweils 35 PS mehr – ist kein signifikanter Unterschied in Sachen Beschleunigungsschub oder Endgeschwindigkeit zu verzeichnen. Beide schaffen zeitgleich in ca. sechs Sekunden die Gleitgrenze und identisch nach etwa 25 Sekunden liegt Volllast an. Die Fly pendelt sich bei 64,5 km/h (34,8 kn) ein, die Coupé ist gerade `mal 0,9 km/h langsamer, nämlich 63,6 km/h (34,3 kn). Aber auch diese Tatsache artet nicht zum großen Rätselraten aus, schließlich bringt die Flybridge-Ausführung 400 kg mehr auf die Waage und zudem waren die Kraftstofftanks unterschiedlich befüllt.
In voller Fahrt das Ruder hart gelegt, Fly 3½ Umdrehungen von Seite zu Seite, 2½ bei der Coupé, schließt sich der Kreisbogen beider Rümpfe im Durchmesser von 2,5 Bootslängen. Ein Superwert für Schiffe dieser Kategorie. Dass sich dabei die Flybridge etwas mehr auf die Backe legt, ohne jedoch in luftiger Höhe zu keinem Zeitpunkt das Gefühl von Unsicherheit zu vermitteln, ist völlig normal und dem unterschiedlichen Schwerpunkt zuzuschreiben. Aber auch bei der Coupé braucht der Mann an der Haspel auf erfrischenden Fahrtwind nicht zu verzichten, so er will, ist doch der Steuerstand unter Deck so konzipiert, dass bei geöffnetem, elektrischen Schiebedach in stehender Position am Ruder über die Frontscheibe hinweggeblickt werden kann.
Auf schnelle Richtungsänderungen reagieren beide Rümpfe Dank elektrohydraulischer Ruder prompt und spontan, weich das Einsetzen in die Welle nach dem Queren von Heckwasser vorausfahrender Schiffe und sauber die Abweisung von Gischt. Der Fahrgeräuschpegel, mehr Wind und Wellen zuzuordnen, denn den Maschinen, zeugt von bester Dämmung. Auf der Flybridge allemal so gut wie keine messbaren dB(A)-Motorwerte.
Als ökonomische Fahrstufe kristallisierte sich bei der Fly-Variante der Drehzahlbereich um 3.000 U/min heraus, 51,8 km/h (28 kn), 2,3 Liter Kraftstoffverbrauch pro Kilometer. Die Coupé spritzt sich bei 2.650 U/min zwei Liter Diesel pro Kilometer in die insgesamt zwölf Brennräume der beiden Volvos ein und rauscht so mit 45,5 km/h (24 kn) über die Wellenkämme.
Ausstattung und Verarbeitung
Da bekanntlich Bilder mehr sagen als tausend Worte, stellen wir es dem geneigten Leser anheim, sich von diesen mehr oder weniger inspirieren zu lassen. Und dass Luxus, Komfort, gediegene Atmosphäre und zeitloses Design in höchster Verarbeitungsqualität nicht zu kurz kommen, das versteht sich bei Schiffen dieser Kategorie eigentlich von selbst. Dennoch, das eine oder andere Tüpfelchen aufs „i“ soll nicht unerwähnt bleiben, wie zum Bespiel die opulente Flybridge, zu erreichen über die gut begehbare „Spartreppe“, die schon fast einer Wohnlandschaft gleichkommt. So wird zum Beispiel aus der Beifahrerbank mit dem vorgelagerten Polster eine üppige Sonnenliege, das großzügig bemessene Sitz-U an Stb. nach achtern bevorzugter Freisitz gegenüber der Wetbar mit Kühlschrank, Spüle und Grill. Doch auch bei der Coupé muss die Crew nicht auf den Platz an der Sonne verzichten. Die breite Sonnenliege auf dem Salondach macht’s möglich.
Nicht weniger elegant und komfortabel geht es auf der Salonebene zu. Der wandelbare Cockpitbereich mit dem Kederschienen-System und darin zu verschiebenden Backskisten bzw. Tisch, erscheint je nach Belieben in immer neuer Variante. Hydraulisch absenkbar die mächtige Badeplattform mit sich angleichender Badetreppe und entsprechend komfortabel auch die Gangbords aufs Vorschiff, abgesichert durch die stabile Seereling.
Unter Deck gleicht die Aufteilung beider Schiffe wie ein Ei dem anderen, mit dem Unterschied des geschlossenen Daches bei der Fly, die Coupé dafür im vorderen Bereich oben ohne, basierend auf dem elektrischen Schiebedach. Pantry mit Mikrowelle, Kochplatten und Spüle, TV-Sideboard an Bb. im Salon, gegenüber aufwändig gepolstert die Steuerstandbank mit Platz für zwei Personen, dahinter sich anschließend das große L-Sofa samt Tisch – elektrisch in der Höhe zu variieren bei der Coupé – und einer raffinierten Hocker-Stuhlkombination. Der ergonomisch und technisch perfektionierte Steuerstand, eine Augenweide für jeden Rudergänger, dessen Pendant bei der Fly logischerweise einen Stock höher zum zweiten Mal anzutreffen ist. Seitliche Schiebefenster und die riesige, vierflügelige, schwere Glastür garantieren für besten Luftaustausch Ausknöpfbar der teilverlegte Teppichboden, darunter allerdings vollflächig das Laminat komplett im Salon.
Im Vorschiff schließlich die großzügige Eignerkabine mit freistehendem französischem Bett nebst separatem Toiletten-Duschbereich und die beiden, parallel zueinander angeordneten Unterflurkabinen, jeweils mit zwei Einzelbetten, die durch Polstereinlagen in Doppelliegen umzufunktionieren sind. Beide teilen sich eine weitere, separate Nasszelle mit Dusche und elektrischem „Töpfchen“.
Die mannigfaltigen Stauräume im Detail aufzählen zu wollen, würde an dieser Stelle den Rahmen der Berichterstattung sprengen. Es darf davon ausgegangen werden, dass deren satt und reichlich vorhanden sind, sei es an oder unter Deck, in Sideboards, unter Sitz- und Liegeflächen, Schränken, Schapps oder wo immer nur möglich.
Mein Fazit:
Konstruktion/Design | Marco Casali / Bavaria |
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Herstellerland | Deutschland |
Motorisierung Test KW (PS): | 2x Volvo Penta D6-435 (Fly) / 400 (Coupe) |
Antriebsart | IPS |
Preis Standard/Testschiff: | ab 379610,- (Fly)/ ab 355810,-(Coupé)€ |
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12,39 (13,60- inkl Bad.pltf.)m
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4,21m
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1,10m
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4,59 /4,55m
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2x 272 - 2x 320KW / 2x 370 - 2x 435PS
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GFK
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1200l
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410l
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11,4 / 11kg
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B
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3+1
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6