Test Interboat 19E

Tuckerboot ohne Getucker Mit der Interboat 19E bietet die Firma Kielwasser eine elektrisch angetriebene Version ihrer klassischen Sloep an. Diese niederländische Variante des Tuckerboots steht für eine unkomplizierte Zeit auf dem Wasser. Das funktioniert mit der Elektro-Ausgabe gleich noch einmal so gut. Design, Konzept, Verarbeitung Das Neue an der Sloep Interboat 19E ist ihr Antrieb. […]

Tuckerboot ohne Getucker

Mit der Interboat 19E bietet die Firma Kielwasser eine elektrisch angetriebene Version ihrer klassischen Sloep an. Diese niederländische Variante des Tuckerboots steht für eine unkomplizierte Zeit auf dem Wasser. Das funktioniert mit der Elektro-Ausgabe gleich noch einmal so gut.

Design, Konzept, Verarbeitung

Das Neue an der Sloep Interboat 19E ist ihr Antrieb. In der Motorkiste steckt ein Kräutler-Elektromotor mit 5,1 kW Leistung. Der klassische Rumpf erfordert einen Antrieb per Welle. Für diese Konstellation bietet der österreichische Elektromaschinenhersteller aus Sicht der niederländischen Werft die beste Lösung. Die Energieversorgung wird durch ein Akkupack mit 335 Ah sichergestellt. Die Batteriezellen sind in den Backskisten seitlich knapp vor dem Motorblock sicher und recht nahe am Schwerpunkt untergebracht.

Die Sloep selbst ist eine alte Bekannte. Nach Angaben des Händlers Oliver Kulzer von der Firma Kielwasser handelt es sich bei der Interboat 19 um das erfolgreichste Modell der Werft. Seit seiner Vorstellung 1996 hat sie den Riss mehrfach überarbeitet, zuletzt 2010. Aber auch zwischendurch passt sie immer wieder kleinere Details an. Daher ist die Interboat 19 inzwischen beispielsweise optional mit einer Badeplattform zu haben. Diese passt gut zu naturnahen Revieren wie der brandenburgischen Havelseenkette, dem Hausrevier von Kielwasser.

Sloepen sind ursprünglich Berufsschiffe gewesen, eingesetzt als Bei- und Rettungsboote. Als diese den Vorschriften nicht mehr genügten und ausgemustert wurden, bauten findige Fans sie nach ihren Wünschen aus. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Werften auf die Idee kamen, diesen Bootstyp neu und von vornherein auf Freizeitskipper zugeschnitten anzubieten – eine davon ist Interboat. Ein Markenzeichen der Sloepen ist der Fahrstand achtern. Der Skipper blickt nach vorn in die Sitzgruppe. Der Klönschnack ist Konzept.

So ist es auch auf der Interboat 19: Es geht um Gemütlichkeit, nicht um Geschwindigkeit. Die erforderliche Energie, um ihren klassischen Verdrängerrumpf zu bewegen, kann auch ein E-Antrieb leisten. Dessen Geräuschlosigkeit trägt dann auf der Version Interboat 19E erheblich zur Gemütlichkeit bei. Entsprechend hat die Werft auf den Einbau einer Logge verzichtet. Auch andere Technik sucht man vergeblich. Wozu auch? Startknopf, Fahrhebel, Kapazitätsanzeige, fertig. Weniger ist mehr, heißt die Philosophie.

Die Bandbreite der Zielgruppen für die Interboat 19E ist damit ziemlich groß. Zum einen sind das Kunden an Gewässern, auf denen Verbrenner nicht zugelassen sind. Zum anderen zielt die Werft auf Wassersportler mit ökologischem Gewissen. Das Boot passt in die Zeit. Schließlich ist es aber auch interessant für Menschen, die bisher mit Booten gar nichts am Hut hatten. Das Handling ist einfach und erfordert kaum Know-How. Die Interboat 19 ist schon immer ein Einsteigermodell gewesen. In der Elektrovariante könnte sie nun neue Zielgruppen zum Einsteigen bewegen.

Im Prinzip sind das alle, die Lust auf Leben am und auf dem Wasser haben. Ob es eine einfache Ausfahrt nach Feierabend oder am Wochenende ist, ob es ein Badenachmittag vor Anker ist oder ob es ein Ausflug zum Café um die Ecke ist, das alles und mehr geht mit der Interboat 19E problemlos. Was das Revier angeht, taugt die Sloep mit ihrem niederländischen Erbe in erster Linie für strömungsarme Gewässer wie Grachten, Kanäle und Seen. Aber auch kleine Flüsse mit begrenzter Strömungsgeschwindigkeit kommen in Frage.

Schon am Steg sieht die Interboat 19E sehr solide aus. Die umlaufende Tauwieling statt einer Scheuerleiste macht einen schiffigen Eindruck und verweist auf die Wurzeln in der Berufsschifffahrt. Auch bei genauerer Betrachtung an Deck zeigen sich die Oberflächen und die montierten Beschläge tadellos. Selbst bei einem Griff unter die Deckel und hinter die Schotts gibt es nichts zu beanstanden. Die Kanten sind sauber entgratet, auch die inneren Oberflächen des Laminats ansprechend glatt. So sieht eine gute Verarbeitung aus.

Der Fahrstand hinter der Motorkiste bietet einen guten Zugriff auf Lenkung und Gashebel, besonders aus seitlicher Position. Direkt dahinter ist der Platz am Boden bereits für Schuhgröße 42 zu kurz. Passend zum Konzept befinden sich an Motorkiste und Fahrstand vier Getränkehalter. Vier weitere gibt es an der Bordwand. Das integrierte Kartenfach wird in der Praxis wahrscheinlich selten als solches zum Einsatz kommen und eher Handy, Tablet oder Brieftasche aufnehmen. In der achteren Backskiste der Interboat 19E hat man Zugang zur Welle und zur Handlenzpumpe.

In den Durchgängen zwischen Fahrstand und Sitzgruppe befinden sich zwei Schwalbennester in der richtigen Größe für Fender und Leinen. Zum Anhängen der Fender befinden sich pfiffige Clips auf der Bordwand. Unter dem Verdeck finden Gäste Platz. Nach CE-Zertifikat dürfen insgesamt neun Personen auf der Interboat 19E mitfahren – bequem sind fünf bis sechs realistisch, ansonsten gibt es Knoten in den Beinen. Ganz vorne befindet sich eine kleine Vorpiek. Die Sitzgruppe kann mit einer Auflage auch zu einer Liegefläche umgewandelt werden.

In den Backskisten unter den vorderen Sitzbänken ist Platz für Tagesgepäck wie Badesachen. Die beiden achteren Backskisten sind tiefer, nehmen aber bereits die Batterien mit auf. Die vordere Backskiste ist flacher, aber dafür komplett frei und zur Verwendung als Kühlbox isoliert. Die Ankerlast vorne am Bug ist eher niedlich, aber das Boot ist ja nicht groß. Ein kleiner Anker mit Bleileine ist problemlos unterzubringen und völlig ausreichend. Es ist nicht davon auszugehen, dass jemand mit der Interboat 19E in einer Sturmnacht ankert.

Fahreigenschaften

Die auffälligste Eigenschaft der Interboat 19E in Fahrt ist, dass sie nicht auffällt. Der E-Antrieb ist vollkommen leise. Nur unter Vollast pflanzen sich leichte Vibrationen von der Welle in den Rumpf fort. Man spürt sie fast mehr in den Füßen, als dass man sie hört. Auf dem Papier soll die Sloep unter Vollast 10 km/h erreichen, am Testtag kommen wir auf 9 km/h. Doch da die Reichweite bei Volllast arg begrenzt ist, wird das Boot in gemütlicher Marschfahrt eher im Bereich um die 6 km/h bewegt werden. So soll die Batteriekapazität für ca. vier Stunden reichen.

Tuckerboottypisch liegt die Interboat 19E vergleichsweise tief im Wasser. Der breite und runde formstabile Rumpf lässt sich kaum aus der Ruhe bringen, wenn man sich an Bord bewegt. Der Drehkreis liegt aus voller Fahrt bei 1,5 Bootslängen zu jeder Seite. Eine seitliche Neigung tritt dabei kaum auf. Schwell von anderen Booten ist das Einzige, was die Sloep etwas in Bewegung bringt. Ansonsten zieht sie kursstabil ihre Bahn und strahlt genau die Gemütlichkeit aus, die man an Bord genießen möchte.

Beim Aufstoppen braucht die Interboat 19E ungefähr eine Bootslänge, um zum Stehen zu kommen. Im Hafen zeigt sich der typische Nachteil des ansonsten schönen klassischen Risses mit Welle: In Rückwärtsfahrt ist die Steuerwirkung des Ruders nur gering und die Sloep ist wegen dieser Verzögerung entsprechend eingeschränkt zu manövrieren. Doch wer vorausschauend fährt, kann sich dafür den Radeffekt zunutze machen, der das Heck beim Aufstoppen nach Backbord zieht, bzw. das berücksichtigen.

Mein Fazit:

Ob die Runde an Bord nun eher für Kaffee und Kuchen oder für Bier und Erdnüsse zu haben ist – wer auf der Suche nach Gemütlichkeit auf dem Wasser ist, dem macht Interboat schon mit dem Grundmodell 19 ein interessantes Angebot.

Dazu kommt nun der E-Antrieb. Die Idee dahinter: Raus in die Natur, ohne sie zu belasten. Das passt gut zur Sloep, denn damit ist man ohnehin nicht unterwegs, um Strecke zu machen oder zu heizen, sondern um die Zeit an Bord zu genießen. Das Ganze mit Stil, klassischer Optik, in bester Bauqualität und ohne Lärm und Abgase.

Die Philosophie des „Weniger ist mehr“ passt nicht nur in die Zeit, sondern sie hat auch das Potenzial, ein neues Publikum an den Wassersport heranzuführen. Aufsteigen, anschalten, abfahren – viel einfacher geht es wirklich nicht – super!

Jan Maas
Testbedingungen
RevierHavel
Wind (Beaufort)1
Wellenhöhe0,1m
Personen an Bord2
Kielwasser Sloep
HerstellerlandHolland
Motorisierung Test KW (PS):5,1
AntriebsartElektromotor
Preis Standard/Testschiff:ab 39.200,- / 44.923,-
  • 6m
  • 2,4m
  • 0,6m
  • 0,95m
  • 5,1KW
  • GFK
  • 1050kg
  • C
  • 9