Test Intercruiser 29: “Irgendwann willst Du mehr….”
Meist beginnt der Wassersport-Bazillus künftige Eigner während des bloßen Anblickes eines schönen Bootes zu befallen. Und das muss nicht die mondäne Yacht irgendwelcher „Großkopferten“ sein, die sich eh‘ nur wenige leisten können – dennoch sei es ihnen vergönnt – oftmals genügt es schon, bei Freunden oder Bekannten auf einer „kleinen Rutsche“, wie zum Beispiel einer „Sloep“, erste Begeisterungs-Wallungen zu empfinden. Längst vorbei sind die Zeiten, als diese Art von Booten ausnahmslos als sogenanntes Arbeitsgerät auf dem Wasser Verwendung fanden. Schöne Sloepen avancieren mittlerweile zu kultigen Family-Relax-Sportgeräten, die auch sonntags im „gepflegten Zwirn“ genutzt werden. Und davon hat die Interboat-Werft so einige zu bieten.
Design, Konzept, Verarbeitung
Das umfasst insgesamt 15 unterschiedliche Typen und splittet sich in drei Basis-Modellreihen: „Sloepen“ (5,70 – 6,80 m), „Intender“ (6,50 – 9,75 m) und „Intercruiser“ (8,50 – 10,50 m). Darüber hinaus ist es dank der kompletten, eigenen Herstellung möglich, die in der Standard-Ausstattung im Handauflegeverfahren bereits ohnehin fahrfertig und aufwändig ausgestatteten Boote, von A bis Z völlig individuell nach Wünschen und Bedürfnissen jeweilige Eigner zu veredeln, quasi in Maßarbeit mit individuellem Zubehör und einer breiten Palette an Motorisierungen. Einhergehend mit dem überaus hohen Qualitätslevel der Interboat-Produkte, ist schlussendlich auch die Tatsache, dass sich die Werft den Luxus erlauben kann, zehn Jahre Garantie auf sämtliche Rümpfe zu gewähren.
Spätestens an dieser Stelle sei assoziierend der Kontext zur Headline, „. . . und irgendwann willst du mehr“, hergestellt. Denn sich für den Kauf des ersten Bootes zu entscheiden, das ist die eine Sache, dessen Wertigkeit zu erhalten die andere, meist gefolgt vom Wunsch, „darf’s auch etwas größer sein“. Das setzt jedoch in der Regel voraus, ein gepflegtes Objekt möglichst verlustlos in Zahlung geben zu können. Auch ein Fakt, der bei Interboot-Produkten das Prädikat „wertvoll“ durchaus rechtfertigt, denn die Schiffe dieser Werft werden auch im gebrauchten Zustand noch hoch gehandelt.
Wir gehen an Bord. Beeindruckende Dimensionen empfangen den Betrachter, in Relation gesetzt zu einem Neun-Meter-Schiff. Einerseits überrascht die Weitläufigkeit des Cockpits mit zwei relativ großen L-Sofas, deren „Silverguard-Polsterbezüge“ nicht nur pflegeleicht, sondern auch wasserabweisend daherkommen, andererseits könnte vermutet werden, entsprechend eng geht’s unter Deck zu. Doch weit gefehlt. Zwar kein Tanzsaal, dennoch vier Schlafplätze, aufgeteilt in eine Vorpiek-V-Doppel-Koje mit Stauraum satt darunter und nach Umbau der seitlichen Sitzbänke-Rückenlehnen, deren weitere zwei im „Hundekojen-Format“, ebenfalls mit Stauraum darunter. Backbords die Nasszelle mit Dusche, Toilette, Waschbecken, Deckenluk und Bulleye.
Neben dem leicht nach Stb. versetzten Niedergang im Schott zur Plicht, das Elektropaneel, darunter ein Stauschrak und die Mikrowelle. Unter dem Fußbodenluk, Zugang zur Dreiwege-Schlauchverbindung, die das Abwasser der Spüle, Dusche und Toilette in den Fäkalientank zusammenführt. Der komplette Innenausbau in Nussbaum, vermittelt wohlig warme Atmosphäre. Klappluk und stabile Tür verschließen den Unterdecksbereich, dessen Kajütdach in Sandwichbauweise hochisolierend gegen Sonne, aber auch Minustemperaturen wirkt.
Das schiffige Ambiente setzt sich im selbstlenzenden Cockpit, auf der Badeplattform und den Gangbords durch präzise verlegtes Flexiteak fort. Steuerbords, direkt neben dem Kajüt-Eingang, die Pantry mit zweiflammigem Gaskocher, 65-l-Kühlschrank, VA-Warm- und Kaltwasserspüle. Unter dem sich anschließenden, langgestreckten L-Sofa, deren achterliche Sitzfläche gleichzeitig als Steuerstandbank fungiert, eine Dometic-Kühlkiste, der Gasflaschenkasten und weiterer Stauraum. Diagonal gegenüber an Bb. das zweite L-Kanapee. Dazwischen, bestens zugänglich unter dem Bodenluk, der Maschinenraum mit Sprit-Absperrhahn, automatisches Feuerlösch-System, elektrische und manuelle Bilgenpumpe, in dem der 220er-D3-Volvo Penta-Diesel zuverlässig und servicefreundlich seinen Dienst verrichtet. Backbords achtern, der Weg auf die Badeplattform, abgesichert durch eine kleine Tür. Dort auch der Landanschluss und steuerbords auf der Badeplattform die Teleskopleiter, daneben Außendusche und Kraftstoffeinfüllstutzen
Dominierend in der Plicht, der elegant und nach ergonomischen Vorgaben designte Steuerstand. Unterstrichen wird der schiffige Touch zusätzlich durch das relativ große Holzruder mit sechs VA-Speichen. Sehr gut dosierbar, die stb.-seitig angeflanschte Einhebelschaltung dank einer Handballen-Auflage. Gegenüber Gläserhalter und darunter drei Minipaneele mit den Funktionen keyless Start-Stop, Bilgenpumpe, sechs Kippschalter für Navigations-, Anker- und Decksbeleuchtung, Scheibenwischer, 12-V-Streckdose, Horn und ein Quickstopp-Bändsel.
Dem Mann an der Haspel stehen analoge Instrumente zur Verfügung, die Auskunft geben über Ruderlage, Kraftstoffvorrat, Motor-Kühlwassertemperatur, Voltmeter und Drehzahlmesser. Darüber hinaus zwei digitale Multifunktionsanzeigen von Raymarine und Volvo Penta, das Volvo Penta Trimmklappen-System und die Bug- bzw. Heckstrahler-Pins. Wird die straffsitzende, das gesamte Cockpit überspannende Fahrpersenning aufgezogen, entsteht darunter quasi ein zweiter Salon. Gut begehbare Gangbords führen aufs Vorschiff mit versenkter E-Ankerwinsch, abgesichert von kniehoher Reling. Mit jeweils drei ordentlichen VA-Festmacher-Pollern pro Seite, ist sicheres Liegen am Steg garantiert.
Fahreigenschaften
Eigentlich ist der Verkaufsrenner dieses „29er Intercruisers“ die Variante mit 81 kW (110 PS) Diesel – eigentlich. Entspanntes Wasserwandern, dafür reicht diese gemäßigte Motorisierungen allemal aus. Selbst mit der geringsten Power von 48 kW (65 PS), wäre man in stehenden Gewässern immer noch gut zugange. Doch die Interboat-Macher wollten mit der Präsentation dieses Paradepferdes den Beweis antreten, dass ein Rumpf mit lang durchgezogenem Kiel, der zwar vorbildliche Fahreigenschaften als Verdränger aufweist, auch als Gleiter durchaus ernst zu nehmen ist. Dass dabei das passende Antriebsaggregat zum Einsatz kommen muss, versteht sich von selbst. Die Wahl fiel auf den fünfzylindrigen Volvo Penta D-3, 162 kW (220 PS). Und der bringt’s voll.
Nach lediglich 20 Sekunden lag aus ruhender Position und „Ad hoc“-Beschleunigung Vmax mit 18,5 kn (34,3 km/h) bei 4.000 U/min an. Testgewicht ca. 6,5 Tonnen. Da kann nicht gemeckert werden. Dass diese Fahrstufe nicht „für Nüsse“ zu bekommen ist, auch dessen sollte sich jedermann bewusst sein. Gut 40 Liter Diesel pro Stunde rauschen dann schon mal durch die Einspritzdüsen.
Dabei lässt sich der Rumpf in keiner Weise in seiner souveränen Fahrstabilität beeindrucken, egal, ob „straight“ in eine Richtung oder slalomähnliche Haken schlagend mit abrupten Ruderbewegungen, deren achteinhalb von Seite zu Seite. Auch permanente Gaszufuhr bis zum Anschlag, bei engst gefahrenen Kreisbögen, quittiert das Unterwasserschiff willig ohne Kavitationserscheinungen.
Doch Hand aufs Herz, zwar wäre „Dauerheizerei“ mit einem Schiffe dieses Couleurs durchaus möglich und mag auch angesichts gegebener Tatsache zuweilen beruhigend wirken, jedoch sinnvoll? Mitnichten. Und mit Ökonomie hat das gleich gar nix zu tun. Daher, Marsch- oder Revierfahrt lautet das Motto. 5,6 bis 6,5 kn (10,4 bis 12 km/h), Spritverbrauch vier bis sechs Liter pro Stunde, somit reicht eine Tankfüllung locker für gut 500 bis 700 km, erholsam, Bordkasse und nervenschonend.
Mein Fazit:
Veredelt in der hier vorgestellten Aufrüstung, kann dieser „Intercruiser 29“ durchaus in die Kategorie „Sahnehäubchen“ seiner Gattung einsortiert werden. Augenfälligstes Sonderzubehör, der fünfteilige Scheibenrahmen. Standardmäßig wird diese Kajüt-Cruiser-Sloep als „Oben-Ohne-Variante“ geliefert, dann allerdings auch mit deutlich flacherer Reling. Als weitere Extras verbaut, unter anderem die Kühlkiste, Decksdusche, Heizung, Heckschraube, E-Ankerwinsch, Flexiteak, Bimini-Verdeck etc., alles in allem Facilities, die durchaus Sinn machen und wozu der Chronist nur raten kann. Unbestritten die hohe Verarbeitungsqualität sämtlicher Komponenten und das außergewöhnlich penible Finish im Allgemeinen. Dem Ganzen wird die Krone aufgesetzt durch küstentaugliche Fahreigenschaften nach CE-Kategorie „B“, denn, frei nach Werftchef Jerry Schuiten „. . . irgendwann willst du mehr“.
Konstruktion/Design | Interboat |
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Herstellerland | Holland |
Motorisierung Test KW (PS): | Volvo Penta D3-220 / 162 kw (220 PS) |
Antriebsart | Welle |
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9,00m
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3,35m
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0,95m
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min 1,70m
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48-162KW / 65-220PS
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GFK
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300l
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300l
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ca. 6000kg
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B
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8
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1
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2 +2