Test Minor (Sargo) 36 Offshore

Das Schiff des Bootsbauers aus dem hohen Norden, der seine Yachten unterdessen unter dem Markennamen SARGO anbietet, ist in die engere Auswahl für die Auszeichnung im Jahr 2013 gekommen. Claus D. Breitenfeld hatte den 740-PS-Boliden schon `mal vorab durch den finnischen Schärengarten vor Turkus Gestaden gescheucht

Wer auf der Webseite der Sargo-Werft stöbert, der wird auf den Button „All Season“ stoßen. Dahinter verbirgt sich, wenn man so will, die Philosophie der Werft. Für Minor-Boote – und deren Eigner – endet die Saison nämlich nicht dann, wenn alle anderen sich mit dem Gedanken tragen, ihr Schiff aus dem Wasser zu nehmen, es einzuwintern. Wer sich mit den Grundsätzen dieser Werft anfreunden kann, für den dauert die Saison zwölf Monate im Jahr. Und das selbst unter Bedingungen, mit denen wir in Mitteleuropa wohl nur höchst selten konfrontiert werden.

Etwa 40 hochqualifizierte Mitarbeiter produzieren derzeit rund 60 Schiffe im Jahr. Nicht eingerechnet die Sondermodelle der Professional-Range für Behörden, Feuerwehr, Polizei, Zoll und Rettungsdienste. Summa summarum haben im Laufe der zurückliegenden viereinhalb Jahrzehnte rund 2.000 Boote die Werfthallen verlassen.

Fahreigenschaften

Egal, welchen Einsatzzwecken eine Minor (der Markenname wurde inzwischen auf Sargo geändert -Anmerkg. der Redaktion) dienen soll, allein der Profilook lässt Rückschlüsse darauf zu, dass dieses Boot nicht dazu gemacht ist, um am Steg als schwimmende Gartenhütte zu versauern. Minors wollen bewegt werden, egal wo und wie. Maximal 588 kW (800 PS), verteilt auf zwei Maschinen, packt die Werft in diesen Rumpf. Das ist für einen 36-Füßer schon eine ganze Menge. Nur unwesentlich bescheidener, dabei aber in keiner Weise weniger vehement, fiel die Testmotorisierung unseres Probanden aus, der mit der Baunummer „1“ quasi als „Erlkönig“ präsentiert wurde.

Zwei Volvo Penta D6-370 Diesel, die es zusammen immerhin auch auf stolze 544 kW (740 PS) bringen und ihre Power über Z-Antriebe ins Wasser quirlen, bestückt mit Nibral-Duoprops der Größe „G6“, machten aus dem lammfromm am Steg dahindümpelnden Boot einen Offshorer per excellence, für den es schon ganz dick kommen müsste, damit dieses Schiff das Handtuch wirft. Unter Volllast bei 3.500 U/min und einem Testgewicht von annähernd neuneinhalb Tonnen, überzeugte die Minor mit Spurtqualitäten, die wir selbst bei dieser Motorisierung nicht unbedingt erwartet hatten.

Nach lediglich 5,5 Sekunden aus ruhender Position, die Hebel der elektronischen Schaltung auf voll voraus gelegt, sind wir „überm Berg“ in Gleitfahrt, die sich bei 28,3 km/h (15,3 kn) und 2.000 U/min einpendelt. Eine Fahrstufe, die bei ruhigem Wasser soeben gehalten werden kann, sich aber dennoch am Rande des Praktikablen bewegt, vor allem dann, gilt es Wind und Wellen zu trotzen. Ergo, eine Schippe drauflegen und als ökonomische Marschfahrt die Marke von 2.700 U/min anliegen lassen. Die GPS-Anzeige schnellt dabei auf bemerkenswerte 52,2 km/h (28,2 kn) hoch, die von den Volvos ausgehende Kraft entwickelt sich zu einer angenehmen Symbiose aus Fahrspaß und Feeling, der Geräuschpegel pendelte sich um den moderaten Wert von 73 Phon am Steuerstand ein, was für die hervorragende Dämmung des Schiffes spricht.

Doch damit ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Wer sich’s wirklich geben will, ohne vor kurzer, kabbeliger See zu Kreuze zu kriechen, der muss dann schon die Hebel komplett auf den Tisch legen. 3.500 U/min sind dabei angesagt und heraus kommen unter diesen Vorzeichen stolze 74,1 km/h, auf den Punkt 40 Knoten, erreicht nach etwa 17 Sekunden. Chapeau! Und selbst in dieser Fahrstufe kann über den Geräuschpegel nicht gemeckert werden: 77 dB(A).

Jetzt zeigt sich – und das ist das irre an diesem Schiff – was konstruktive Steifigkeit und Bausubstanz ausmachen. Es gibt nicht allzu viele Boote in dieser Größenklasse, die es sich leisten können, auch `mal in das so genannte „Loch“, sprich Wellental, volle Kanne rein zu donnern, ohne das Gefühl zu haben, hoffentlich ist nicht zu Bruch gegangen. Für diese Minor ein Klacks, sie steckt so etwas problemlos weg, schnurgerade, kursstabil und aufrecht. Dafür steht unter anderem die automatische Trimmfunktion, eine feine Einrichtung, die in Gleitfahrt Schräglagen, zum Beispiel verursacht durch heftige Dwarswinde, problemlos korrigiert.

Positives Fazit der Fahrchecks schließlich bei hart gelegtem Ruder, 5,5 Umdrehungen von Seite zu Seite unter Volllast, ein Kreisbogen von ca. 2,5 Bootslängen, ohne dabei Kavitation an den Propellern zu produzieren. Dass schlussendlich die Manövriereigenschaften bei niedrigsten U/min und gegenläufigen Antrieben sich als Drehen auf dem Teller herausstellten, muss nicht besonders betont werden.

Ausstattung und Verarbeitung

Die Basis in Sachen Qualität beginnt beim Aufbau der Rümpfe, deren sprichwörtlich zu nehmenden, inneren Werte, die aus einem Gitterwerk ähnlichem Verstrebungs-System bestehen, was wiederum für enorm hohe Steifheit und Belastbarkeit bürgt. Darüber hinaus wird hier nicht im „durchsichtigen“ Millimeterbereich gewerkelt, das von Hand aufgebaute Laminat ist im Kiel- und Unterwasserbereich locker satte drei Zentimeter stark, reduziert sich darüber auf zweieinhalb bis zwei Zentimeter und gipfelt in der kompletten Ausschäumung des relativ hohen Schanzkleides von knapp 80 Zentimetern. Die daraus resultierenden, sich an professionellen Erfordernissen orientierenden Fahreigenschaften, wie im Kapitel zuvor bereits eingehend gewürdigt, werden damit zusätzlich untermauert.

Unter dem Aspekt Sicherheit zudem erwähnenswert, das Bauprinzip der zwei Kammern. Havarieschäden mit Wassereinbruch haben nicht zwangsläufig das Sinken des Schiffes zur Folge, die Motorsektion ist vom übrigen Teil des Rumpfes hermetisch getrennt.

Zur Innenaufteilung: Steuerstand, Salon und Pantry sind im geräumigen Pilothouse untergebracht. Im Vorschiff die übliche V-Kabine, allerdings mit freistehendem Doppelbett und separater Nasszelle. Der „geheime“ Zugang zur Gästekabine, die sich komplett unter dem Salonboden erstreckt,  mit eigener Toilette und getrennten Betten, verbirgt sich unter dem kurzen Querteil des L-Sofas vor der Rückwand des Decksaufbaues mit Tür und Ausstellfenster.

Professionell bestückt der Minor typische, in vertikaler Ausrichtung zu kippende Steuerstand mit bester Rundumsicht. Hervorragenden Seitenhalt bieten die in Offshoreposition umzustellenden Schalensitze für Rudergänger und Co. Schnelles Erreichen der bequem zu begehenden Gangbords garantieren die seitlichen Schiebetüren. Und wem das nicht genug an Frischluft liefert, dem steht es frei, sich des Schiebedaches zu bedienen.

Wer den Aufenthalt an Deck bevorzugt, dem sei das geräumige Cockpit empfohlen, mit großer Backskisten-Sitzbank und Tisch über dem geräumigen, aufgeräumten Motorraum. Auf Knopfdruck wird die gesamte achterliche Sektion hydraulisch angehoben, der Weg „in den Keller“ ist frei. Einfach in der Handhabung, jedoch durchaus wirkungsvoll, die Verlängerungsmöglichkeit des achterlichen Hardtop-Dachüberstandes. Ohne Stolperfalle der Weg auf die üppige, mit Teak belegte Badeplattform. Zwei dort integrierte Inspektionsluks, die den Zugriff auf die Z-Antriebe erleichtern.

Klappbare Ausstiegshilfen im Schanzkleid, Stauraum wo immer nur möglich, feinste Verarbeitung des Holzinnenausbaues in Walnuss und aufwändige Polsterungen, die stabile, vier Zentimeter starke VA-Seereling, zusätzlicher Heckanker auf der Badeplattform, Fenderhalter und Bugschraube, stehen für praxisgerechtes Handling und angenehmes Bordleben.   

Mein Fazit:

Mit dieser Minor Offshore 36 ist der Sarins-Werft wieder einmal ein perfekter Wurf gelungen. Ein Schiff mit vorzüglichen Fahreigenschaften und pfiffigen Details. Dieses Boot lechzt förmlich danach gefordert zu werden, egal, unter welchen Witterungsbedingungen auch immer. Lieferung in fahrfertiger Standardausstattung, die kaum Wünsche offen lässt.

Claus D. Breitenfeld
Sarins Boat Ltd. Kokkola 36 Offshore
Konstruktion/DesignSains Boat Ltd.
HerstellerlandFinnland
Motorisierung Test KW (PS):2x Volvo Penta D-6 370 / je 272 (370)
AntriebsartHeckantrieb/ Z- Duoprop
Preis Standard/Testschiff:ab ca. 325.000
  • 11,80m
  • 3,60m
  • 1,10m
  • 3,19m
  • 294-588 (Einzel- + Doppelmot)KW / 400-800PS
  • GFK
  • 860l
  • 330l
  • ca. 8000 (leer)/ ca. 9400 (Test)kg
  • B
  • 12
  • 2 + 1
  • 2 + 3