Test Scorpion Strike: RIB`n Roll
Design/ Konzept:
Nicht weniger als die Neudefinition des RIBs war die Zielsetzung beim neuen Modell und so wurden alle Komponenten auf den Prüfstand gestellt und optimiert. Neben besten Fahreigenschaften sollte das neue Boot ein Musterbeispiel an Effizienz und Ökonomie sein, und sowohl mit einer Einzel- als auch mit einer Doppelmotorisierung höchstmögliche Performance bietet. Andy Griggs – den Namen des studierten Industriedesigners, der seine praktische Ausbildung bei BMW absolvierte, darf man sich merken, denn er zeichnet sich verantwortlich für die gelungene Verwandlung vom Rennboot zum schicken Sportster. Dynamik, Sportlichkeit und Eleganz strahlt das scharf geschnittene Design des Bootes dann auch aus. Fließende Linien, elegant eingezogene Flanken vorn und achtern, eine geschwungene Steuerkonsole, die sauber im Rumpf eingefassten Sitzmöbel – das Design des Bootes wirkt wie aus einem Guss und schafft die Verbindung zwischen einem RIB und einem eleganten Sportboot, weit weg von dem raubeinig-aggressiven Design, das bei dieser Gattung Boot häufig anzutreffen ist. Wem die Farben des Testbootes nicht zusagen – sei`s drum, die Werft fertigt nach Kundenwunsch.
Ausstattung/ Qualität:
Perfekt – damit ist eigentlich alles gesagt in Bezug auf die Bauqualität, und gemeint ist damit nicht „ganz ordentlich“ oder „so kann man das machen“, nein – die Werft setzt Maßstäbe und arbeitet auf Premium-Niveau bis ins Detail: die sauber gearbeitete Trittstufe mit Teakbelag, der in Chromleder gefasste Griff für den Copiloten, alle Handgriffe sind genau dort wo sie gebraucht werden, die Holzarbeiten makellos, das Stabdeck unter Vakuum verklebt, Spaltmaße gleichmäßig, die Laminierstärken der Bauteile sowieso. Im Stauraum im Bug ist sogar ein fester Behälter für den Anker einlaminiert. Natürlich mit saugend passgenauem Deckel. Die Verklebungen der Übergänge der Schläuche – natürlich im Hause Scorpion selbst maßgefertigt aus Hypalon – zum Rumpf ist sauber und kaum auffällig, ein umlaufender Scheuerschutz ist selbstverständlich. Interessant: Die vollschalige, mit Carbon- und Aramidfasern verstärkte GFK Konstruktion des Decksbereiches, in der die Schläuche außen integriert sind. Der schlanke Rumpf erhält so eine ordentliche Steifigkeit, auch die Bugsektion ist laminiert. Eine „Soft-Version“ mit umlaufendem Schlauch und vorderer Sonnenliege ist aber auch möglich. Riesige Stauräume, hochwertige Polsterung der Sitze, Ullman Suspension Seats am Fahrtstand, ICOM-UKW Gerät als Standard— Das Beste ist grad gut genug. Schon die Standardausstattung ist umfangreich und lässt nur wenige Wünsche offen.
Fahreigenschaften:
Über Manövriereigenschaften braucht bei einem RIB nicht viel gesagt werden. Vielleicht nur soviel, als das die Scorpion dank des scharf geschnittenen Rumpfes etwas weiter eintaucht und so nicht wie eine Blase auf dem Wasser treibt, die Schaltung des Mercury Varedo butterweich ein- und auskuppelt und im Standgas gerade mal 1,5-2 Knoten bei 700 U/min anliegen und sich der neun Meter lange Bolide so punktgenau mit der elektro-hydraulischen Lenkung manövrieren lässt.
Ergonomisch sitzt es sich am Fahrstand. Die Ullmanns sind erwartungsgemäß bequem, die Füße finden eine perfekte Abstützung auf der abgeschrägten Fläche vor der Konsole, Steuerrad, Gashebel, Anzeigen, Handgriff des Copiloten – Alles da wo es hingehört, bestens bedienbar und gut ablesbar.
Fünf bis sechs Windstärken drücken in den Solent und bauen gegen die ausgehende Tide eine ruppige, kurze Hackwelle auf. 4,5 Knoten zeigt das GPS als wir mit 1000 Touren gegen die Tide den Hafen verlassen, 2-3 Knoten könnten hier also locker hinzugezählt werden.
Das Konstruktions-Team überlässt nichts dem Zufall. Bereits in der Konstruktionsphase legen sich die Scorpion Konstrukteure auf favorisierte Motoren fest. Das Ergebnis ist ein perfekt abgestimmtes Paket. Bei ca. 2700 U/min haben wir die Gleitfahrtgrenze erreicht und bei 3000 U/min rutschen wir weich gefedert mit ca. 21 Knoten über Grund über den Solent, den Motor leicht getrimmt. Bei satten 35 Knoten (!) und 4300 U/min pendelt sich ein entspannter Cruising-Speed ein, eine Hand locker am Rad, die andere spielt etwas mit dem Gas. Hohe Fahrt in ruppiger Welle: Kaum zu spüren, so weich setzt die Strike ein und federn die Sitze. Es fährt sich komfortabel – sportlich, aber lässig. Ca. einen Liter Brennstoff pro Meile genehmigt sich das Boot laut Werft bei dieser hohen Fahrt mit dieser Motorisierung unter guten Bedingungen – Chapeau!
Mit 300 wilden Pferden am Spiegel sollte man beim Kurven fahren den Verstand eingeschaltet lassen, doch die Schlenker lassen sich sportlich fahren, das Fahrverhalten ist allgemein sicher und ohne die Neigung einzuhaken. Auch harte Kurswechsel verzeiht die Strike und geht doch zur Sache und legt sich dabei ordentlich auf die Backe. Die Abstimmung mit dem Mercruiser Varedo ist perfekt, aber eher auf Kultur als auf Krawall ausgelegt. Wer es mit mehr Biss mag: Als Alternative zum 2,6 Liter V 6 Mercruiser Verado empfiehlt die Werft den 4,2 Liter V6 Yamaha, ebenfalls mit 300 PS, aber durch den größeren Hubraum mit mehr Drehmoment.
300 PS am Heck sind nichts für britisches Understatement. Wohlan denn, ganz britisch auf die andere Art: Hebel on the Table! Instinktiv werden die Füße auf den Boden gepresst, wenn man als Fahrer eines solchen Geschosses den Pferdchen die Zügel freigibt. In Erwartung brachial entfesselter Gewalten in grobem Seegang bleibt eine leichte Verkrampfung nicht aus.
Doch: Stets findet Überraschung statt, wo man es nicht erwartet hat: Mit zwar deutlicher Vehemenz und spürbarem Druck im Kreuz, doch gleichzeitig fast sanft und sehr linear kommt die Strike in Fahrt, knackt locker die 40 und die 50 Knoten Marke, ohne auch nur einen Moment an Schub zu verlieren oder sich Hänger in der Beschleunigung zu leisten. Erst auf den letzten 400 Touren oberhalb der 6000er Marke genehmigt sie sich ein paar Sekunden, bis sich die Anzeige auf dem GPS bei 53 Knoten einpendelt. Mit 365 Litern randvoll getankt übrigens! Dabei scheint das Boot fast schwerelos zu sein. Nur leicht und genau richtig abgestimmt federn die Ullmanns ein, wenn die Strike von einem Wellenkamm zum nächsten jagt. Fahrgeräusche? Gibt es, klar – aber Wind und Wellen machen dabei den Großteil aus. Der Verado im Heck ist kein krakeelender Schreihals, sondern hat Benimm. Der Scorpion Fahrstand stanzt bei flotter Gangart ein amtliches Loch in die Atmosphäre. Die Crew sitzt geschützt. Wir fahren einen Bogen. Die schlanke Strike zeigt sich von der sportlichen Seite und legt sich wie ein Motorradfahrer steil in die Kurve, bis sie sich mittschiffs sicher mit den Schläuchen auf der Wasseroberfläche abstützt.
Glattwasser kann jeder, also voll gegenan. Die Strike ballert mit 50 Knoten über den Solent, schneidet die Seen mit scharfer Klinge, hebt sanft den Bug und nickt ganz sachte… Ein neun Meter langes, scharfes Offshoregeschoss in kurzer Welle…alles locker – das hat wirklich Klasse und da sind nach oben noch viele Reserven! Kein Tropfen Wasser im Cockpit, weiches schwingen der Ullman Seats, sogar achtern lässt es sich bei dieser Fahrt geschützt sitzen und den Speed genießen. Mehr davon! „Vertikalbeschleunigungskräfte“ heißt das Zauberwort, mit dem in der professionellen Schifffahrt genau definiert wird, welche G- Kräfte auf die Crew bei hoher Fahrt im Seegang wirken dürfen. Da trennst sich schnell die Spreu vom Weizen. Auch diesbezüglich: Fahrverhalten Premium-League tauglich, je doller es kommt, desto mehr zeigt das Boot seine Stärken.
Mein Fazit:
Konstruktion/Design | Scorpion RIBs/ Andy Griggs |
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Herstellerland | England |
Motorisierung Test KW (PS): | Mercury Verado V6 / 220 (300) |
Antriebsart | Außenborder |
Preis Standard/Testschiff: | ab ca. 69.000,- netto ohne Mot.€ |
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9m
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2,75 (außen) /1,80(innen)m
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0,50m
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220KW / 300PS
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GFK/ CFK / Hypalon
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ca. 365l
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1660 (leer)kg
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B