Test SK-Vlet 800 Cabin: Solider Stil und ausbaufähig
Die in der Headline manifestierte Apostrophierung „ausbaufähig“, kommt beim Testprobanden einer nicht alltäglichen Sonderstellung gleich, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn: Dieses Boot spiegelt das wider, was die Formulierung ausdrücken will, nämlich individuelle Gestaltung, nicht nur unter Deck. Zwar stählern gefertigt, der Testproband, jedoch kein Problem, dem derzeit aktuellen Trend folgend, auch der Bau in Aluminium.
Allerdings rein konstruktive Änderungen, speziell den Rumpf betreffend, sind ein absolutes „no go“, konnten doch dessen Laufeigenschaften rundherum überzeugen. Am Deckslayout hingegen moderate Veränderungen vorzunehmen, darüber ist mit Werftchef Tjerk Tuinstra durchaus zu diskutieren, austoben dürfen sich künftige Eigner ebenso bei der Gestaltung der Kabine. Daher hier ein noch ungeschliffener Rohdiamant.
Design, Konzept, Verarbeitung
Die Bezeichnung „Vlet“ oder „Sloep“ bedeutet frei übersetzt „glatt“ oder „flach“, anspielend auf den Tiefgang. Zwar ist dieser hier mit 0,75 m nicht als außergewöhnlich anzusehen, dennoch, für ein Schiff der Achtmeterklasse auch keine Selbstverständlichkeit, zumal der Rumpf einen Langkiel mit schützender Propellerhacke aufweist. Hohe Seitenstabilität garantiert zudem die stattliche Breite von 2,80 m. Dennoch, weit mehr an Bedeutung bei einer Vlet gilt dem Faktor „Durchfahrtshöhe“, denn nicht alle Brücken, und schon gar nicht die in abgelegenen Revieren, werden durchgängig an Wochenenden hochgezogen. Keine Chance des Passierens für Schiffe mit bewohnbarem Innenleben.
Doch obwohl dieser flach gehende „SK’ler“ im Kabinenbereich eine lichte Höhe von immerhin 1,30 m offeriert, über der Wasserlinie begnügt er sich mit gerade `mal 1,05 m, um ungehindert Straßenunterführungen zu passieren und das restliche, frustriert wartende Bootsvolk hinter sich zu lassen. Wem das allerdings nicht ausreichen sollte, bei künftigen Neubauten ist SK-Jachtbouw durchaus in der Lage, „Kompromisse nach oben“ zu machen. Höher geht immer . . .
Werfen wir einen Blick unter Deck. Wie bereits eingangs darauf hingewiesen, noch (fast) nackt und leer, sollte sich der Betrachter mit etwas Phantasie ein Bild davon machen können, welche Möglichkeiten gegeben sind, um den Vorschiffsbereich zu einem wohnlichen Zuhause zu gestalten. Steuerbords hinter dem Kabinen-Hauptschott, dort, wo derzeit ein profaner Tisch sein Dasein fristete, böte sich an die Pantry zu installieren. Bereits vorhanden, der 120 l-Frischwassertank unter dem Plichtboden. Gegenüber an Bb. gilt Gleiches für die Abteilung Sanitär in Form der Toilette. Wand- und Wegerungsverkleidung, V-Betten oder Doppelliege für zwei Personen samt absenkbarem Tisch, auch das ein Aspekt des Geschmacks und der Investitions-Bereitschaft. Dass dabei die Auswahl der Hölzer und Polstermaterialien nach des Eigners Wunsch realisiert werden, versteht sich eigentlich von selbst.
Verschlossen wird die Kabine mit einem Teak-Schiebeluk, derzeit einziges Echtholz-Element an Bord und einem Steckschott. Denkbar wäre jedoch auch eine zweiflügelige Tür, sowie die Belegung der Gangbords, des Plichtboden und der Sitzflächen mit massivem Teak.
Als Highlight der besonderen Art präsentiert sich der auf den ersten Blick relativ spartanisch anmutende Steuerstand backbords im Cockpit. Nix Außergewöhnliches – könnte man meinen – halt ein freihängendes Instrumenten-Pult mit Wetterschutz-Abdeckplatte aus Plexiglas, VA-Ruder und seitlicher Einhebelschaltung, installiert auf zwei dicken VA-Rundrohren, die in der Bordwand-Wegerung Halt finden. Doch weit gefehlt. Denn wenn Werftchef Tjerk Tuinstra verschmitzt grinsend die Elektrohydraulik der beiden Rohre in Action versetzt, tut sich Wundersames. Je nach Ausgangsposition schwenken die beiden Rohre nach oben oder unten, heben oder senken das Dashboard samt Ruder und Schaltung. Und das macht Sinn.
In der Regel werden An- und Ablegemanöver im Stehen gefahren. Dies bei abgesenktem Steuerstand zu vollziehen, ein recht mühevolles, Rücken strapazierendes Unterfangen. Umgekehrt, permanent in Easy-Rider-Manier und Harley-Lenker-Position, tief sitzend auf der achterlichen Backskiste den Kurs haltend, auf Dauer ebenso wenig erstrebenswert. Für Tüftler Tuinstra hier eine befriedigende Lösung zu finden zwar eine Herausforderung, jedoch kein Problem, wie die Praxis zeigt.
Egal, in welcher Position, die analogen, gut einsehbaren Armaturen, liefern dem Rudergänger Infos über die Ruderlage, Motor-Drehzahl und Kühlwassertemperatur, Öldruck, Betriebsstunden, Batterieladezustand und Kraftstoff-Füllstand. Reichlich Stauraum bieten seitliche, fest verschweißte Kästen, die gleichzeitig, ebenso wie die Backskiste, als Sitzelemente unter Einsatz mobiler Polsterauflagen Verwendung finden. Besonderes Augenmerk verdient in diesem Zusammenhang die Montage der „verdeckten“ Luken-Scharniere, nicht störend und weitgehend vor Feuchtigkeit geschützt. Achtern schließlich eine gut begehbare Badeplattform, Flexiteak veredelt mit Badeleiter, VA-Festmacher-Doppelpoller vorne und achtern, dazwischen jeweils zwei Springbeschläge pro Seite und schließlich eine stabile Kunststoff-Scheuerleiste, die ihrem Namen alle Ehre macht.
Wie nicht anders zu erwarten, sauber und servicefreundlich auch die Maschineninstallation unter dem Plichtboden. Dort verrichtet bestens schallgedämmt der Vetus-Diesel M 4.45 seinen Dienst. Über eine 45 mm starke Antriebswelle, minimalst ölgeschmiert ohne Fett und Wasser, versorgt mittels Spezialbehälter, werden 42 PS von einem 18 x 14“, rechtsdrehenden 4-Blatt-Bronze-Propeller ins Wasser gequirlt, abgefedert durch 2,83 : 1 Getriebeuntersetzung. Besonderer Gag: Die Auspuff-Konfiguration arbeitet mit zwei flexibel aufgehängten Schalldämpfern, um so möglichst wenige Vibrationen ins Schiff zu übertragen. Der Anlasser saugt seine Power aus einer 50 Ah-Optima-Batterie, um die Bordverbraucher kümmert sich ein 200 Ah-AGM-Marine-Power-Pack. Und wie es sich gehört für einen Ganzjahres-Wasserlieger, die spezielle Motoren-Kielkühlung macht’s möglich.
Fahreigenschaften
Gelistet werden auf der Motorisierungs-Agenda sechs Vetus-Dieselvarianten, von 16 – 80 PS. Das Testaggregat mit 42 Pferdestärken liegt gut im Mittelfeld und passt adäquat bestens zur Masse des Objektes von ca. 4.000 kg leer. Optionalen, anderen Motorisierungswünschen steht SK jederzeit offen gegenüber.
Da aus einer Vlet wird niemals ein Racer werden wird, dominiert Wasserwandern hier ohne Wenn und Aber. Relativ müßig aus diesem Grund, die Diskussion um PS, Speed und Beschleunigung, denn sehr viel schneller als die sogenannte Rumpfgeschwindigkeit werden Boote dieser Art eh‘ nicht. Ergo, mit 7,5 kn Vmax bei 3.000 U/min liegen wir sogar überm Soll und 5,7 kn Marschfahrt bei moderaten 1.800 U/min, die mit 3,10 Liter Diesel zu Buche schlagen, preiswerter kann Wassersport dieser Art kaum zelebriert werden.
Dabei spielt es eine Rolle, ob, wie beim Testschlag, sich die Crew aus lediglich zwei Personen rekrutiere, oder die zulässigen sechs (oder mehr) an Bord gewesen wären. Ist die Masse Schiff erst einmal in Bewegung, übernimmt die Trägheit das Kommando.
Aus ruhender Position bis Topspeed verstreichen 21 Sekunden. Wär’s dramatisch würden’s 25 sein? Nein, völlig Latte. Da ist’s schon wichtiger, wie kommt der Dampfer um die Kurve, wie oft muss an der Haspel gekurbelt werden? Aber auch dabei gibt’s nix zu meckern. Leichtgängige 6¾ Mal, dann ist der Anschlag von Bb. nach Stb. geschafft, Rumpf und extra großes Ruderblatt danken es mit knappen Drehkreisen von einer bei eineinhalb Bootslängen. Spontan die Reaktion auch auf geringste Kurskorrekturen, stets beste Sicht voraus, egal, bei welcher Drehzahlstufe, so gut wie kein Krängungsverlangen, auch nicht unter Fullspeed und hartem Rudereinschlag.
Mein Fazit:
Konstruktion/Design | SK |
---|---|
Herstellerland | Niederlande |
Motorisierung Test KW (PS): | Vetus M 4.45, 31 kW (42 PS), 4-Zyl. in Reihe, 1,75 L |
Antriebsart | Welle |
Preis Standard/Testschiff: | 77.500,- / 80.000,-€ |
-
8,0m
-
2,80m
-
0,75m
-
1,05m
-
18,4-40,4KW / 25-55PS
-
Stahl oder Aluminium
-
120l
-
120l
-
4000kg
-
C
-
6
-
-