Test Sterk 31: 60 Knoten!

Kernige, sportliche Luxustender zum Racen, Baden, Sonnen, Lümmeln, Relaxen, eine gute Zeit auf dem Wasser haben, oder einfach nur „auf dicke Hose machen“ sind in und im Trend. Nun gibt’s noch einen. Aus Deutschland – und der hat es in sich.

Das Ganze war quasi schon zu Ende, bevor es richtig angefangen hatte – russische Raketentreffer legten die ursprüngliche Fertigungsstätte für die Formen im ukrainischen Mykolajiv zum Beginn des Ukraine-Krieges in Schutt und Asche. „Ca. die Hälfte der Formen, CNC-Maschinen, Werkzeuge usw. waren auf einen Schlag hinüber und verloren…“, erzählt Milan Sterk, Managing Partner der Werft MS-Marine und Sterk Yachts, geistiger Vater und Namensgeber des Modells rückblickend. „Wir hatten schon befürchtet, dass es da nicht gut geht und etwas die Hälfte des Formenbaus nach Italien verlagert, sodass nicht alles verloren war, aber dennoch war es natürlich ein herber Rückschlag ganz abgesehen von den dramatischen Folgen für die Leute vor Ort in der Ukraine“, so Milan Sterk gegenüber MotorBootOnline.

Das Unterwasserschiff wurde auf Speed und weichen Lauf getrimmt.

Doch das Team gab nicht auf, fand neue Produktionsstandorte für den Formenbau und die Laminier-Arbeiten in Italien und Polen und begann von Neuem. Die Endmontage, technische Ausrüstung und Fertigung der GFK-Teile findet jedoch in Deutschland in Postbauer-Heng bei Nürnberg statt. Bootshersteller Milan Sterk, Designer Carlos Vidal und Schiffsarchitekt Sasha Vlad sind keine Neulinge in der Branche und bringen jeder ca. 20 Jahre Erfahrung aus der maritimen Industrie mit.

Design, Konzept, Verarbeitung

Gibts bald auch mit T-Top und in weiteren Varianten: Sterk 31. Grafik: MS Marine / Sterk

Schnelle Hochleistungs-RIBS und Supersport-Boote standen Pate bzw. lieferten die Inspiration für den neuen Tender, der mehr sein sollte als eine luxuriöse, hochmotorisierte Badeinsel, sondern ein echtes Powerboat, dass diesen Namen auch verdient. „Die Fahreigenschaften des Bootes standen von Anfang an im Mittelpunkt und waren das, wo keiner von uns bereits war, Zugeständnisse zu machen“, so Sterk. X Rumpfdesigns, Seegangs- und Fahrsimulationen in aufwendigen und teuren Konstruktionsprogrammen später war sich das Team einig: Wir haben es!

Buy-a-Boat Inhaber und Sterk Händler Lars Kalter (li) und Werftchef Milan Sterk präsentierten den Prototyp der Sterk 31 auf dem Hamburg ancora Yachtfestival in Neustadt i.H. an der Ostsee

Was folgte war der Produktionsprozess des Prototypen, bei dem wieder „gut“ nicht gut genug war, und die Details den Unterschied machen sollten: „Auf der Sterk 31 sind z.B. die Rumpfschale und die Decksschale nicht einfach miteinander verklebt und die Naht wird nicht dort mit einer Scheuerleiste verdeckt – wir fügen die beiden Bauteile im oberen Bereich zusammen, und zwar so, dass eine Naht später gar nicht mehr sichtbar ist“, erklärt Milan Sterk. Das ist zwar sehr aufwendig, aber auch sehr stabil, steif und optisch natürlich sehr ansprechend, da nichts die schlanke und elegante Linie des mediterranen Designs stört. Zahlreiche weitere Details dieser Art machen den Unterschied der Sterk zu zahlreichen Großserienbooten in der Fertigung aus und heben das Qualitätslevel schon des Prototypen auf ein hohes Niveau.

Perfekte Funktionalität, Ergonomie und Verabreitung am Fahrstand der Yacht.

Das Design des Unterwasserschiffs mit Zwei-Stufenrumpf soll neben hohen Fahrleistungen auch in jeder Situation sichere Fahreigenschaften garantieren. Um das auch in die Praxis umzusetzen, wurden die finalen Abstimmungen in Zusammenarbeit mit den Technikern von Yamaha-Motor gemacht, die die beiden brandneuen Yamaha F 300 V6 Außenborder mit je 300 PS in jeder Hinsicht optimal auf die Sterk anpassten.

Gestreckt, elegant und mit bestens nutzbarem Layout und guten Platzverhältnissen zeigt die Sterk 31 was auf 31 Fuß machbar ist.

Elegant, sportlich und mit fließenden Linien reckt sich die Sterk 31 am Steg anlässlich des Hamburg ancora Yachtfestivals und wird dort vom Sterk-Händler, der Firma buy-a-boat aus Schortens bei Wilhelmshaven, präsentiert. Dankenswerterweise verzichteten die Designer auf martialisch-kantige und optisch polarisierende Attribute, sondern schufen eine wirklich schöne und elegante Yacht. Nur leicht fällt der Vorsteven nach vorne ein. Das ist modern, sieht schick aus und passt aber auch noch unter funktionalen Aspekten, sodass z.B. auf aufwendige Konstruktionen zur Führung des Ankergeschirrs verzichtet werden kann. Funktionalität stand auch beim Layout des Interieurs ganz oben, das einige Überraschungen bereithält.

Wenn`s mal spät geworden ist: Die Achterkabine bietet eine Doppelkoje, oder alternativ Stauraum für Watertoys & Co.
Im vorderen Teil der Centerkonsole versteckt sich ein vollwertiges Badezimmer.

Auf den ersten Blick bietet sich ein gewohntes Bild: die große Sonnenliege achtern mit der davor angeordneten Rückbank des Cockpits, dann die Fahrkonsole mit Fahrer – und Beifahrersitz, im Bug eine V-Sitzgruppe und die Möglichkeit, einen Tisch in einer Aufnahme am Boden einzustecken. Unter der Sonnenliege jedoch findet sich eine große Übernachtungskabine mit einer Doppelkoje, Fenstern zur Belüftung und Leselampen, die den Aufenthalt über Nacht in der Ankerbucht erlaubt.

Vorne in der Fahrkonsole gibt’s eine durchaus großzügige Nasszelle mit Toilette und Waschbecken, die nichts gemein hat mit den üblichen „Not-Klos“ auf vielen Booten, sondern dank der großen Abmessungen auch von großen Personen bestens nutzbar ist. Auffallend sind auch die großen Badeplattformen beidseitig der Außenborder. Verarbeitungsseitig weist auf den ersten Blick nichts darauf hin, dass wir es hier mit einem Prototypen zu tun haben – im Gegenteil: Was die Werft hier als Erstlingswerk abliefert, wird woanders im Serienstandard manchmal nur mühsam erreicht. Praxisgerecht und schnell griffbereit und wieder weggestaut werden die Carbon-Pylone der Biminis in einer Halterung im Schanzkleid gelagert, klasse sind die beiden großen je 52 Liter fassenden maßgefertigten Kühlboxen unter der Sitzbank. Für die Zukunft ist eine Version mit T-Top, Wetbar und auch eine Variante mit geschlossenem Deckssalon geplant.

Fahreigenschaften

Ab dafür: Welle nimmt der Rumpf mit Sport-RIB Genen locker und mit Verve!

Drei Positionen bietet die im Fußboden abgestufte Fahrkonsole: Stehend, sitzend und mittels Flip-up Funktion des Sitzes natürlich auch halbstehend und lehnt sich konstruktiv auch hier wieder an die Fahrkonsolen der großen RIBs an. In Sachen Ergonomie und Anordnung aller Anzeigen und Bedienelemente ist hier alles so vorbildlich angeordnet, dass jeder „seine“ ideale Fahrposition finden sollte. Am Heck der Sterk sind die neuen Yamaha V6 Motoren mit 4,2 Litern Hubraum und je 300 PS im Doppelpack angebolzt. Ausstattungsseitig bietet Yamaha hier das volle Programm mit Helm-Master Joystick und Extra Yamaha Anzeige-Display, das neben den beiden MFDs im Cockpit zusätzliche Infos zum Trimm, der Drehzahl, Brennstoffverbrauch usw. Entsprechend easy ist das „Ausparken“ aus der Boxengasse nicht mehr als eine Fingerübung und bald schlendert die Sterk gelassen mit seidig säuselnden Yamahas am Heck wie auf Schienen fahrend das Fahrwasser hinaus in die Lübecker Bucht. Hier werden wir uns bald des frischen Nordost-Windes bewusst, der in bekannter Manier eine polterige Kabbelwelle von Finnland über die ganze Ostsee an die Schleswig-Holsteinischen Gestade vor sich herschiebt.

Wie geschaffen ist das, um einem schnellen Motorboot mal auf Props und Kiel zu fühlen, um zu sehen, was so geht, auch wenn’s mal etwas rappelt. Was einen Segler juchzen lässt, bringt manchen Motorbootfahrer zum Fluchen, wenn es in Gleitfahrt übers rumpelige Geläuf gehen soll – zumindest dann, wenn er kein Boot wie unsere Sterk unter dem Allerwertesten hat. Die quittiert den einsetzenden fulminanten Schub der beiden Yamahas mit Gelassenheit und messert alsbald in komfortabler Gangart auf eine spektakulär unspektakuläre Art und Weise mit lockeren 25 Knoten (ca. 46 km/h) Marschfahrt gegenan. Nichts malträtiert der Crew die Bandscheiben und den Steiß, kein Spritzer Seewasser benetzt das Deck, so weich flutscht der Renner aus der Oberpfalz durch und über die kurze Ostseewelle. Geil!

Rock’n Roll: Bei 40 Knoten Speed ist nach oben raus noch ordentlich was drin. Das Fahrverhalten bleibt dabei sicher.

Die butterweich laufenden Fahrhebel beherzt nach vorne geschoben, ändert sich dies auch nicht, als wir den Speed nochmals um zehn Knoten steigern. 35 Knoten (ca. 65 km/h) gehen hier als angenehm fahrbare, zügige Marschfahrt durch – im Übrigen bei einem Verbrauch von unter 1,9 Litern Sprit auf die nautische Meile! Die Kurvenfahrt bei diesem Speed gestaltet sich ebenso lässig, wie der ganze Rest der Vorstellung. Ohne auch nur den Ansatz zu zeigen, mit dem Heck ausbrechen zu wollen, geschweige denn einzuhaken, ballert die Sterk mit Wucht ums Eck, dass es eine Pracht ist. Auch an den Props ventiliert nichts und selbst bei 40 Knoten plus schrammt der Bolide fast rechtwinklig um’s Eck wie Rennfahrer-Legende Walter Röhrl im Quattro bei der Rally Monte-Carlo in seinen besten Tagen.

Ein Fragezeichen im Gesicht hat der Chronist erstmal beim Abgleich der Motordrehzahl mit der gefahrenen Geschwindigkeit. Denn wo sich andere bei diesem Speed an den Volllastbereich heran quälen, ist hier die gehobene Mitte des verfügbaren Drehzahlbereichs erreicht. Weia! Da ist noch einiges drin! Für den Vollgas-Test drehen wir eine schnelle Kurve, begeben uns dann doch mal ein Stück in die Landabdeckung und lassen das Aas mit Vollgas dann mal richtig fliegen! Nach 15 Sekunden aus dem Stand sind die 35 Knoten erreicht, zack – da gehen die 40 durch, die 45 sind nur ein Wimpernschlag, bei 50 Knoten ist noch was drin, etwas nachgetrimmt werden 55,56…57 Knoten (ca. 106 km/h) hochgezählt. Jetzt sind wir aus der Abdeckung raus und die Bucht ist gleich zu Ende. Selbst in diesen Geschwindigkeitsbereichen fühlt sich die Yacht immer noch souverän und sicher an. Das berüchtigte „Chine-walking“ – also das beginnende „Wackeln“ des Rumpfes um die Längsachse, das bei Stufenrümpfen gerne bei sehr hohem Speed auftritt, haben wir hier z.B. nicht bemerkt.

Bulliger Schub: Die beiden Yamahas verrichten am Heck zuverlässig einen kraftvollen, aber akustisch unauffälligen Job.

Bei ca. 60 Knoten (ca. 111 km/h) soll bei glattem Wasser unter optimalen Bedingungen die Vmax liegen, so der Hersteller und das mit zweimal 300 PS am Heck. Konstruktiv könnte die Sterk auch die großen Yamaha XTO-Offshore V8 Motoren mit je bis zu 450 PS am Heck vertragen, mit denen dann wohl auch Geschwindigkeitsbereiche um die 80 Knoten erreicht werden könnten. „Aber wen willst Du damit noch aufs Wasser lassen…?“ so Lars Kalter, Inhaber und Geschäftsführer von Sterk-Händler buy-a-boat.

Den kompletten Test mit vielen Daten, Messwerten und weiteren Bildern lesen sie in einer der kommenden Ausgaben des MotorBoot Magazins. Als gedrucktes Heft im Abo oder im Rahmen der Mitgliedschaft in der Sportbootvereinigung im DMYV (SBV), digital gleich hier im Shop oder mobil in der MotorBoot-Magazin App im Google Play Store und im Apple -Store.

Mein Fazit:

Dier Sterk 31 ist eine außergewöhnlich Performance-orientierte Fahrmaschine, die in dieser Bootsklasse in dieser Hinsicht sicher ihresgleichen sucht. Dabei überzeugt das Boot nicht nur mit hohen Fahrleistungen, sondern auch mit der fast traumwandlerischen Fahrsicherheit, die es selbst bei hohem Speed an den Tag legt. Darüber hinaus ist das Boot dank großer Funktionalität, einer Übernachtungsmöglichkeit und einer vollwertigen Nasszelle und einer umfassenden Ausstattung vielseitig nutzbar und schon der Prototyp kann durch eine hohe Verarbeitungsqualität und eine hochwertige Ausstattung punkten. Angesichts dessen liegt die Sterk 31 mit knapp 290.000,-€ in der Testkonfiguration aber auch preislich in der Oberliga in dieser Bootsklasse.

Christian Schneider
MS Marine Sterk 31
HerstellerlandDeutschland
Motorisierung Test KW (PS):2x Yamaha F 300
AntriebsartAußenborder
Preis Standard/Testschiff:206.000,- / 289.999,-
  • 9,73m
  • 2,99m
  • 2x 220KW / 2x 300PS
  • GFK
  • 530l
  • 130l
  • ca. 4100kg
  • B/C
  • 6/9
  • 1
  • 2
  • ca. 60kn