Test Venatus Cabin
Egal, ob flotter Gleiter oder gediegener Verdränger, das Prinzip lautet: Ein Rumpf – zig Varianten, alles ist möglich. Jahrzehnte lange Erfahrung im Handel, Import und somit Verkauf bzw. Ausrüstung von Booten, der unmittelbare Kontakt zum Kunden, individuelle Umbauten nach Eignerwunsch, all dies ließ den Entschluss bei Werftchef Siggi George reifen, ein eigenes Produkt auf Kiel zu legen, welches in sich vereint, was bei einem „Boot von der Stange“ entweder gar nicht, oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand realisiert werden kann.
VENATUS-Fahrer legen keinen Wert auf modischen Schickimicki-Kram, das passt weder zu ihnen selbst, noch zu diesen Schiffen. Gefragt sind hier Stabilität, praxisorientierte Ausrüstung und Fahreigenschaften, die jedweden Wetterbedingungen trotzen. Daher hat sich inzwischen auch in Anglerkreisen herumgesprochen, was diese Boote abkönnen. Jüngste Tests in norwegischen Küstengewässern vor den Toren Bergens sollen bei einschlägiger Klientel wahre Begeisterungsstürme ausgelöst haben.
Doch nicht nur jene, die in rauer See festen und sicheren Stand an Bord suchen kommen auf ihre Kosten. Wer gänzlich ohne Deckshaus oder Kabine auf Tour gehen möchte, einem offenen Sportboot gleich – kein Problem, auch dem kann geholfen werden, der bekommt’s eben „oben ohne“. Eine Sonnenliege im Vorschiff? – den Steuerstand weiter nach achtern oder auch vorn? – eine Rundumsitzgruppe? – `nen Steuerstand nur mit Scheibe und seitlich offen? – individuelle Tankkapazitäten? – Beschläge nach Wahl? – Teakauslegeware? – Badeplattform ja oder nein? – oder der Einsatz beispielsweise als Fahrschul- oder Taxiboot? – alles kein Problem, der Möglichkeiten sind bei diesem Verwandlungskünstler kaum Grenzen gesetzt.
Und das absolute Highlight – die Motorisierungsvarianten. Unser Testproband, ausgerüstet mit einem Yanmar-Diesel-Reihen-4-Zylinder des Typs „4JH4-HTE“, der mit seinen 81 kW (110 PS) vornehmlich bei schweren, holländischen Stahlverdrängern, Motorseglern aber auch Profirettungs- oder Behördenbooten zum Einsatz kommt, machte dieser VENATUS ordentlich Feuer unter dem Kiel und ließ den Rundspant-Klinkerrumpf zum absoluten Gleiter mutieren.
Doch damit ist die Powerobergrenze noch längst nicht in ihre Schranken gewiesen. Wem’s noch mehr in den Fingern juckt, bitteschön, bis zu 40 Pferdchen mehr kann die Werft noch vor den Propeller spannen, denn auch mit 110 kW (150 PS) kommt der Rumpf bestens zurecht. Dass das allerdings nicht die Ultima Ratio in Sachen Motorisierung darstellt, dafür spricht, dass auch ein moderates Dieselchen von gerade mal 21 kW (29 PS) angeboten wird. Damit wandelt sich die VENATUS wieder zum reinrassigen Verdränger.
Fahreigenschaften
Alles steht und fällt mit der Propellerabstimmung. Und die auf Anhieb exakt hinzubekommen, ist entweder Glückssache oder jahrelange Erfahrung. Auf den Punkt gebracht, die Technikabteilung der VENATUS-Werft hatte das Quäntchen Glück, aber auch die Erfahrung vorangegangener Baunummern. „16 x 22 Zoll, 4-Blatt, Bronze, rechtsdrehend“ lautet die Zauberformel. Das passt wie die Faust aufs Auge. Dabei ist es auch fast egal, ob sich die Crew aus den zulässigen acht Personen an Bord rekrutiert, oder ein, zwei Mann weniger an Bord mit von der Partie sind. Wird er Turbo so richtig munter, jenseits der 2.500 U/min, dann geht ein spürbarer Ruck durch den Testprobanden, als schöbe ihn eine unsichtbare Hand noch einmal mit Vehemenz an.
Lassen wir’s jedoch kommod angehen. Eingekuppelt voraus pendelt sich der Drehzahlchronometer bei 800 U/min ein, der Zweiliter- Yanmar schnurrt mit 59 dB(A) vor sich hin und schiebt bereits in dieser unteren Fahrstufe über den dicken Bronzeprop die VENATUS mit 9,2 km/h (5 kn) durchs Wasser. Ohne zu Gieren kann das hydraulische Ruder freigegeben werden, der lange, durchgezogene Kiel, geschützt von einem massiven VA-Stahlband, dessen achterlicher Bereich in einer Propellerschutzhacke gegen Grundberührung mündet, hält Kurs.
Die Gleitgrenze – vier ausgewachsene Mannsbilder sorgten für entsprechenden Ballast an Bord – lag bei etwa 2.300 U/min. 21,8 km/h (11,8 kn), signalisierte das Hand-GPS. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass dieser VENATUS relativ großflächige, starre Trimmklappen angeflanscht worden waren, die allerdings keinerlei Einfluss auf die Startphase hatten, sondern lediglich quasi eine Verlängerung des Unterwasserschiffes darstellten, ganz nach dem Motto „Länge läuft“. Bei schwächeren Motorisierungen könnte über eine flexible, elektrohydraulische Variante nachgedacht werden, die den Übergang in die Gleitphase erleichtert, was jedoch in diesem Fall nicht erforderlich war, denn nach knapp zehn Sekunden ist „der imaginäre Berg“ überwunden, ohne dass dabei die Sicht voraus nennenswert beeinträchtigt wird, das Vorschiff nur unwesentlich ansteigt.
Bei 2.800 U/min machen wie die Marschfahrt fest. 33,7 km/h (18,2 kn), der dB(A)-Wert, gemessen im Abstand von 20 m vom Ufer, liegt knapp unter der 70er-Marke. An Bord logischerweise etwas höher. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass der Testschlag zu einem Zeitpunkt stattfand, als noch keinerlei Geräuschdämmung den Motorraum zierte.
Punktgenaue, maximale Yanmar-Drehzahl von 3.200 U/min erreichte die VENATUS schließlich in der „Hebel-auf-den-Tisch-Phase“. Sechs Ruderumdrehung Volleinschlag von einer Seite zur anderen und mit satten 44,7 km/h (24,1 kn) rauscht der Klinkerrumpf in die Kurve. Dabei hält sich das Krängungsbegehren im Rahmen, keine Propellerkavitation, kein Einhaken, kein achterliches Abdriften. Logisch, dass dabei etwas Geschwindigkeit auf der Strecke bleibt, dennoch wie unsere Bilder eindrucksvoll unter Beweis stellen, stets sauberer Wasserabriss, flache Heckwelle, dynamisches Fahrverhalten.
Mit vollem Speed summiert sich der Kreisdurchmesser auf hervorragende ca. dreieinhalb Bootslängen, für das Manövrieren bei niedrigster Drehzahl müssen etwa 1,5 bis zwei Einheiten kalkuliert werden. Bei der rechtsdrehenden Schraube voraus und nach achtern über Bb. etwas weniger als Stb., dem Zusammenwirken von Radeffekt und Ruderblatt Tribut zollend.
Auf fließendem Binnengewässer Rauwassereigenschaften in voller Bandbreite auskosten zu wollen, stellt die Testcrew stets vor Probleme. Heckwellen anderer Schiffe können dabei nur eine bedingt geeignete Alternative zur Küste sein. Dennoch, ansatzweise zeigte sich die VENATUS auch hier durchaus souverän im Fahrverhalten, was sich in sattem Eintauchen in die Welle, trockenem Lauf und überaus stabilem Kurshalten widerspiegelte. Bestärkt wurde der Chronist in dieser Aussage – wie bereits erwähnt – durch Kollegenberichte aus dem hohen Norden, die bei Wellenhöhen von eineinhalb bis zwei Metern unter Volllast ob der Fahreigenschaften ins Schwärmen gerieten. Resümee: Wandlungsfähiger Tausendsassa für alle Fälle.
Ausstattung und Verarbeitung
Dieses Kapitel kann relativ kurz abgehandelt werden, gibt es doch – wie eingangs angerissen – der Variations- und Ausstattungsmöglichkeiten derart viele, dass diese im Detail eigentlich nur mit der Werft zu erörtern sind. Pauschal jedoch gilt, dass wir es hier mit einem Schiff zu tun haben, aus der Praxis für die Praxis geboren. Stabilität steht an erster Stelle. Dies ist zum Beispiel leicht zu erkennen an der Bordwandstärke der Speigatt-Lenzöffnungen im Fußbereich oberhalb der Bodengruppe. Und wenn bei Kennerblicken auf die Ruderanlage, samt darüber liegender Auspuff-Mimik, Borddurchlässen, Beschlägen und Relingsteilen die Augenbrauen anerkennend in die Höhe gehen, dann hat das seinen berechtigten Grund.
Das Strickmuster dieser Kabinenvariante ist simpel und speziell für den Angel-Charterbetrieb auf der Ostsee ausgelegt, vom Auftraggeber so gewollt, komfortable Veredelungen jederzeit möglich. Flexiteak auf dem Schandeck unterstreicht den maritimen Touch, jede Menge Stauraum unter dem riesigen Luk im Vorschiff, wo auch bestens zugänglich der Kraftstofftank seinen Platz findet. Achtern die VA-Badeleiter, davor ein Luk das die Ruderanlage abdeckt und hinter einer Sichtblende zum Achtersteven die Auspuffanlage mit überdimensionalem Schwanenhals, abgesichert gegen Wasserschlag.
Im Ruderhaus – begehbar durch zwei Schiebetüren von achtern und an Stb. – vier Holz-Klappsitze, je nach Bedarf zu aktivieren, Fahrer- und Beifahrerstuhl davor auf Teleskopfüßen montiert und der Zugang zum Motorraum unter dem Boden. Beste Rundumsicht garantieren die großen Fenster aus Securit-Sicherheitsglas, stilvoll eingepasst in wartungsfreie, handlaminierte GfK-Rahmen. Unter dem Steuerstand leicht zugänglich die Elektrik mit den Hauptschaltern.
Besonders wichtig für die fischende Klientel, die breiten, seitlichen Durchgänge neben dem Kabinenaufbau, die es auch möglich machen, ohne Spagat ähnliche Verrenkungen in dicken Gummistiefeln quer zur Fahrtrichtung Würmer zu baden.
Mein Fazit:
Es gibt kaum einen Einsatzbereich, dem das Grundkonzept der VENATUS nicht gerecht werden würde. Zugegebenermaßen müssen künftige Eigner auf das Glitter-, Flitter- und Schickimicki-Image „geleckter“ Boote verzichten, doch das will eine VENATUS auch gar nicht vermitteln, wobei, je nach Ausstattung, auf annehmbaren, praxisbezogenen Komfort keineswegs verzichtet werden muss. Hier stimmt unterm Strich alles, Technik, Qualität und Preis. Eben ein Boot für alle Fälle.
Konstruktion/Design | Venatus Boote |
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Herstellerland | Deutschland |
Motorisierung Test KW (PS): | Yanmar 4JH4-HTE / 81 (110) |
Antriebsart | Welle |
Preis Standard/Testschiff: | 36300,- / 46400,-€ |
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7,45m
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2,50m
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0,65m
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2,01- 2,18m
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21 - 92KW / 29-125PS
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GFK
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112-200l
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optionall
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2200 (Testboot/ leer ab 1600)kg
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C
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8
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1
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2 (optional)