Test Yamarin Cross 54 Bow Rider

Wer sich die Mühe macht und sämtliche, auf der Yamarin-Webside gelisteten Exponate addiert, der kommt auf die stolze Zahl von rund 40 Booten jeglicher Couleur in GfK- und Aluminium-Bauweise. Vom kleinen, offenen Flitzer bis hin zur ausgewachsenen Kajüte erstreckt sich das Portfolio in den Größenordnungen zwischen knapp fünf und acht Metern Länge über Alles. Und nicht erst seit gestern groß im Kommen, die Alu-Cross-Serien. Claus D. Breitenfeld hat einen der kleinsten Vertreter dieser Art, den „Yamarin Cross 54 Bow Rider“, mit viel Spaß über den „Vanajavesi-See“ im Südwesten Finnlands gescheucht.

Ohne Wenn und Aber kann Yamarin das Prädikat für sich reklamieren, eine der beliebtesten Bootsmarken in Finnland zu sein. Doch nicht nur die Skandinavier wissen den hohen Qualitätsstandard dieser Produkte zu schätzen, Yamarin ist in vielen europäischen Ländern unter Motorboot-Freaks längst kein Geheimtipp mehr. Dennoch, obwohl die Werft, die die Aluminiumrümpfe ihrer „Crosser“ in Ähtäri fertigt, international relativ breit aufgestellt ist, vergibt sie ihre Händler-Lizenzen nicht nach dem Gießkannenprinzip. Nur ausgesuchte, nachweislich qualifizierte Importeure und wiederum deren Dealer, werden in die große Yamarin-Familie aufgenommen.

Für Deutschland hat diesen Part hoch im Norden der alteingesessene Wassersportspezialist „Motorenservice Vogt“ in Kappeln an der Schlei übernommen. Ein Unternehmen, das sich seit jeher nicht nur auf den Verkauf diverser neuer und gebrauchter Bootsmarken spezialisiert hat, Vogt ist auch Ansprechpartner für Wartung und Service aller Art rund ums Boot, Trailer, technische Installationen und Pflegedienste.

Damit schließt sich der Kreis in Bezug auf Tradition und Zuverlässigkeit, denn auch die Yamarin-Werft ist kein „grüner Springinsfeld“. Rund viereinhalb Jahrzehnte tummelt sich dieser finnische Bootsbauer bereits im „wässrigen Metier“ und gilt seit Anbeginn des Jahres 1972 als Vorreiter im nordischen Bootsdesign. Klare, unverschnörkelte Formen, effiziente Raumausnutzung – und das nicht nur bei den großen Boliden – damit hat sich Yamarin seine allseits geschätzte Reputation geschaffen.

Design, Konzept, Verarbeitung

Und mit der endenden These des vorstehenden Kapitels, wird auch der Bogen geschlagen zu detaillierteren Bewertung unseres Testprobanden. Dieser Yamarin Cross 54 Bow Rider präsentierte sich in der Praxis als ein unglaublich geräumiger und wendiger Vertreter seiner Zunft. Okay, wem die große Wasserwanderung vorschwebt, der ist hier fraglos fehl am Platze. Geht’s jedoch darum, schnell und unkompliziert Kurzstrecken abzureiten, mal `ne Runde Wasserski hinzulegen, mit der kleinen Familie auch nur für ein paar Stunden Freizügigkeit zu genießen, der liegt mit diesem Boot goldrichtig.

Hinzu kommt die optimale Revierunabhängigkeit. Bei einem Leergewicht von moderaten 580 kg ohne Motor und in der hier vorgestellten Konstellation mit dem Yamaha F70 AETL, summieren sich die zu ziehende Netto-Last auf etwa 700 kg. Ergo, ein 1.000 bis 1.100er-Trailer würde locker im Gespann-Betrieb ausreichen, um nach Lust und Laune die Fahrgebiete mit jedem Mittelklasse-Pkw zu wechseln. Soviel zum Punkt Flexibilität.

Nicht minder ausschlaggebend für die Kaufentscheidung, die Produktqualität. Und die beginnt bereits mit der Wahl des Basismaterials. Hier lässt es sich die Werft nicht nehmen, den ganz hohen Level anzupeilen. Bootsbau unter Berücksichtigung rauer, nordischer Witterungsbedingungen, da wäre jegliche Kompromissbereitschaft fehl am Platze. Bei den Yamarin-Crossern kommt für die Rumpffertigung ausschließlich Aluminium der Zertifizierungsklasse „EN AW 5083“ zum Einsatz, das sich normalerweise in der Berufsschifffahrt wiederfindet. Die Vorzüge: Gute Anodisiereigenschaften und damit hohe Korrosionsbeständigkeit, sehr gute Schweißeignung, beste Zerspanbarkeit und darüber hinaus 30% mehr Festigkeit, als das üblicherweise verwendete Aluminium der Klasse „EN AW 5754“.

Als Yamarin im Jahre 2011 die ersten Cross-Modelle in den Markt brachte, war die Überraschung groß. Eine Aluschale mit dem komfortablen Innenleben eines GfK-Bootes zu kombinieren, das soll Zukunft haben? Ein simpler und dennoch gleichzeitig genialer Schachzug, der vor allem beim etwas zarter besaiteten Geschlecht sehr gut ankam. Nicht jede Bootsfrau konnte und wollte sich mit bislang kühlem Aluminium-Arbeitsboot-Charme anfreunden. Eine familienfreundliche Alternative war geboren. Dafür spricht auch die Tatsache der Zertifizierung für sechs Personen, das für diese Bootsgröße relativ hohe innere Freibord und die Fahrstand- sowie Beifahrerkonsolen, die bei geschlossenem Mitteldurchgang auch den Jüngsten an Bord ausreichend Windschutz hinter den von stabilem Handlauf eingefassten Scheiben garantieren. Ein hohes Maß an Sicherheit bietet darüber hinaus der geriffelte, aufgeklebte, schwarz lackierte Aluboden selbst bei Nässe.

Das wahre Stauwunder in dieser Größenklasse ist der Tatsache geschuldet, dass kaum eine Chance ausgelassen wurde, jedwede Möglichkeit dafür zu nutzen. Begonnen im Vorschiff mit dem Innenleben der Bug-Doppelstufen, sich nach achtern fortsetzend unter den Sitzen vor den beiden Konsolen, im Bodenbereich zwischen Fahrstand und Copilot – dort nutzbare Länge von 1,80 m (!) – unter der bootsbreiten, achterlichen Sitzbank und dem Tritt backbords neben der Motorwanne sowie in Teilen der Wegerung. Komfortabel und vor allem polsterschonend, die trittfähigen Aussparungen als  Ein- und Ausstiegshilfen neben den fest einlaminierten Sitzflächen.

Finnischen Wetterkapriolen Rechnung tragend, kam beim Probeschlag auch die straff sitzende, hinter der Rückenlehne nicht störend zu verstauende, absolut wasserdichte Persenning zum Einsatz. Dennoch ungehindert die Rundumsicht, kein nerviges Geflatter, dem Speed von knapp 60 km/h souverän standhaltend. Rudergänger und Copilot platzieren sich auf ergonomisch bestens abgestimmten Schalensitzen mit hohem Seitenhalt, 360° drehbar und in Offshore-Position zu verstellen. Das Dashboard bestückt  mit großem, informationsüberquellendem Garmin-Flatscreen, zwei digitalen Yamaha-Multifunktionsanzeigen und diversen Kippschaltern, bestens und blendfrei abzulesen.

Der achterliche Motorschutz- und gleichzeitig Wasserski-Zugbügel bombenfest installiert, steuerbords die abklappbare Badeleiter neben der aufgeräumten Motorwanne, der gut zugängliche Kraftstoffeinfüllstutzen für den 64 Liter fassenden Einbautank, solide Festmacherbeschläge, die VA-Vorschiffsreling mit Bugöffnung und im Cockpit installierte Fenderhalter, runden das positive Erscheinungsbild diese Flitzers der Fünfmeter-Klasse ab.

Fahreigenschaften

Nach CE-zertifiziert, billigt Yamarin diesem Cross 54 zu, 70 PS an den Spiegel zu hängen und empfiehlt nicht unter 50 PS abzusacken. Das ist grundsätzlich okay und die Fahrwerte, ermittelt mit zwei Personen an Bord, gehen auch soweit in Ordnung. Dennoch ist der Chronist der vollen Überzeugung – da absolut beeindruckt von den souveränen Fahreigenschaften – dass der Rumpf so um die 20-PS-Einheiten nach oben auch problemlos wegstecken könnte. Vor allem dann, würde die volle Crewstärke von sechs Personen ausgereizt.

Sauber die Kursstabilität auch bei Langsamfahrt, nur wenige Ruderkorrekturen sind erforderlich und Fahrspaß pur unter Volllast. Nach lediglich vier Sekunden liegt Gleitfahrt mit 26 km/h bei 3.500 U/min an, Vmax erreichen wir zwölf Sekunden später bei 6.100 U/min, 58,3 km/h. Hart gelegtes Ruder, vier Umdrehungen von Seite zu Seite, und aus ruhender Position die Gaszufuhr sukzessive bis zum Anschlag gesteigert, nicht die Spur einer Propellerkavitation erkennbar. Wieder auf Geradeauskurs bei mittlerer Motor-Trimmposition ohne Gasreduzierung, tänzelt der Rumpf unbeirrt über die Schaumkronen, ohne auch nur ein Quäntchen an Schwäche zu zweigen. Wellen-Amplituden bis gut einen halben Meter werden plattgebügelt, weich das Einsetzen nach Sprüngen, bei denen zuweilen der Kontakt zum Wasser verloren geht.

Manövrierkritik an dieser Stelle sei komplett vernachlässigt, bei Drehkreisen von fast auf dem Teller bis lediglich einer Bootslänge. Wer damit nicht klar kommt, der sollte besser auf Floßfahrten umsteigen.

Mein Fazit:

Dieser „Yamarin Cross 54 Bow Rider“ ist, wenn man so will, in seiner Größenklasse ein wahrer Tausendsassa schlechthin. Egal, welchem Einsatzbereich auch zugedacht, sei es als transportierendes Arbeitspferd, Wochenend-Familienkutsche oder sportliche Ambitionen wie Wasserskilaufen, Tuben etc. befriedigend, er macht alles mit, bedarf Dank seines unproblematischen Konzeptes kaum aufwändiger Pflege und kommt bereits standardmäßig bestens fahrfertig ausgestattet daher. Nur wenige Optionen, wie unter anderem Kartenplotter, Hafen- und Transportplane, Tisch oder der zusätzliche Alufußboden sind auf der werftseitigen Optionsliste zu finden.
Claus D. Breitenfeld
Yamarin Cross 54 BR
Konstruktion/DesignYamarin
HerstellerlandFinnland
Motorisierung Test KW (PS):Yamaha F70 51 kw (70 PS)
AntriebsartAußenborder
Preis Standard/Testschiff:20310,- (ohne Mot./ 32410,-
  • 5,28m
  • 2,09m
  • 0,35/ 0,85m
  • 1,37m
  • 37-52KW / 50-70PS
  • Aluminium / GFK
  • 64l
  • 580kg
  • C
  • 6