Seekrankheit ist eine Form der Reiseübelkeit, medizinisch Kinetose genannt. Hierzu zählen auch die Luftkrankheit, die beim Fliegen auftritt und die Raumkrankheit, die bei Astronauten im Weltraum auftritt. Ausgelöst wird die Reisekrankheit (Kinetose) zum Beispiel auch durch Computerspiele, Fahrgeschäfte auf der Kirmes oder in Autos und Zügen. Die dabei zugrunde liegenden Mechanismen sind sich sehr ähnlich: Reisekrankheit ist eine Sinnestäuschung.
“Am Anfang hat man Angst, dass man stirbt, am Ende hat man Angst, dass man nicht stirbt.“
Nach heutigem Wissensstand sorgen vier ‚Bausteine’ dafür, dass das Gehirn die Bewegungen und die Lage des eigenen Körpers im Raum interpretieren kann und wir das Gleichgewicht halten können. Mediziner sprechen vom visuellen System, also den Augen, vom vestibulären System, also dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr und vom propriozeptiven System, das aus einer ganzen Reihe von verschiedenen ‚Sensoren’ besteht, die zum Beispiel Informationen über die Stellung der Gelenke, Sehnen und Muskeln zum Körper liefern. Mechanorezeptoren in der Haut sorgen dafür, dass dem Gehirn bekannt ist, welche Körperteile momentan mit der Umgebung, zum Beispiel dem Boden, in Kontakt sind und bilden den Tastsinn. Melden nun die verschiedenen ‚Bausteine’ unterschiedliche Zustände, kommt es im Gehirn zu einer Fehlverarbeitung von Informationen und es kann Übelkeit bis hin zu Erbrechen auftreten.
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Unter Deck sind die Auswirkungen am stärksten und die Übelkeit setzt überfallartig ein. Das Schiff bewegt sich, es stampft und rollt. Die Augen melden ans Gehirn, dass man sich in einem geschlossenen Raum befindet, der erfahrungsgemäß nicht schaukelt. Die Sensoren in der Haut melden, dass man festen Boden unter den Füßen hat. Diese beiden Informationen passen soweit gut zusammen. Jetzt melden aber die Gelenke und Muskeln zusätzlich, dass sich der Körper ständig bewegt, und die Muskeln diese Bewegungen ausgleichen müssen. Zu allem Überfluss registriert das Gleichgewichtsorgan im Innenohr auch noch permanente Beschleunigungskräfte in verschiedene Richtungen. Das Gehirn kann diese Informationen nicht in Einklang bringen und reagiert in Form von Übelkeit mit Seekrankheit. Das kann sich mit starkem Erbrechen äußern und kann hin zu völliger Apathie führen.
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Die Ausprägung der Symptome ist dabei von Mensch zu Mensch meist sehr unterschiedlich. Mancher Segler verspürt nur eine leichte Müdigkeit und ist dadurch so gut wie gar nicht eingeschränkt, wohingegen ein anderer über Appetitlosigkeit, Übelkeit, Desinteresse, Apathie und Erbrechen klagt und damit zu verantwortungsvollen Tätigkeiten an Bord nicht mehr in der Lage ist.
Auch der Schwellenwert, ab wann die ersten Symptome auftreten, ist sehr verschieden. Bei dem einen reicht schon leichtes Schaukeln im Hafen, während beim anderen starker Seegang und heftige Schiffsbewegungen nötig sind, um seekrank zu werden.
Wer wie stark unter Seekrankheit leidet, lässt sich also pauschal nicht vorhersagen. Es gibt aber Untersuchungen, die gezeigt haben, dass das Geschlecht eine Rolle spielt. So scheinen Frauen tendenziell eher betroffen zu sein. Vermutet wird hier ein Zusammenhang von Hormonen und anderen körpereigenen Stoffen. Männer und Frauen unter 28 Jahren sind statistisch ebenfalls stärker betroffen. Körperliche Fitness wirkt sich positiv aus, vielleicht weil das Gleichgewicht besser geschult ist und das Gehirn besser auf ungewohnte Bewegungsabläufe trainiert ist. Da das Gehirn in der Lage ist, sich an die Bewegungen auf dem Schiff zu gewöhnen, lassen die Symptome normalerweise nach einigen Tagen nach. Der Segler ist nun seefest – bis zum nächsten Törn.
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Einer der körpereigenen Stoffe, die mit Seekrankheit direkt in Verbindung gebracht werden, ist Histamin. Der menschliche Körper synthetisiert Histamin selbst, nimmt es aber auch durch die Nahrung auf, wobei der Histamingehalt in unterschiedlichen Nahrungsmitteln stark variiert. Die Wirkungen von Histamin sind komplex, so hat es Einfluss auf den Magen-Darm-Trakt, das Herz-Kreislaufsystem, das zentrale Nervensystem und spielt in der Abwehr körperfremder Stoffe eine Rolle.
In Stresssituationen steigt die Histaminkonzentration im menschlichen Körper. Sowohl psychische als auch körperliche Belastungen, wie sie an Bord auftreten, tragen dazu bei. Eine erhöhte Histaminkonzentration ist einer der Auslöser für Erbrechen. Deshalb ist es wichtig, den Histaminhaushalt niedrig zu halten. Dies erklärt, warum in der Behandlung von Reisekrankheit und Seekrankheit im Speziellen gute Ergebnisse mit Medikamenten der Gruppe der Antihistaminika erzielt werden. Im Schlaf sinkt der Histaminspiegel übrigens von ganz alleine.
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Seekrankheit äußert sich bei jedem Menschen anders. Während einige zu beginn einer Seereise nur ein leichtes Unwohlsein verspüren, setzt bei anderen beinahe sofort ein Brechreiz ein. Es gibt eine alte Regel, die besagt, dass Seekrankheit nach drei Tagen auf See aufhört. Dann habe sich der Körper an die Schiffsbewegungen gewöhnt. Doch das gilt nicht für alle Betroffenen. Es kann vorkommen, dass sich der Körper während der ganzen Reise nicht anpasst und man über Unwohlsein klagt. Da sich pauschale Aussagen nicht treffen lassen, sollte jeder seine eigenen Grenzen herausfinden. In ganz schweren Fällen muss unbedingt ein Arzt konsultiert werden, da der Flüssigkeitsverlust zu hoch wird.
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Die Seekrankheit lässt sich durch bestimmte Verhaltensweisen nicht generell verhindern, doch kann man einige Dinge beachten. Zu allererst gilt es Stress zu vermeiden. Wenn möglich, sollte ein Törn entspannt und ausgeschlafen begonnen werden. Es empfiehlt sich anfangs, nach Möglichkeit, auch auf lange Schläge und Nachtfahrten zu verzichten. Gerade Segler, die sich einen sehr strammen Zeitplan zurecht gelegt haben, und viele Meilen schon am Anfang des Törns segeln wollen, klagen oft über Seekrankheit. Die Ernährung spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Vor dem Ablegen sollte der Magen gefüllt sein, wobei darauf zu achten ist nicht zu viel zu essen, sondern wirklich nur bis sich ein Sättigungsgefühl einstellt. Hier sollte besonders auf histaminhaltige Nahrungsmittel verzichtet werden. Rauchen und der Konsum von Alkohol sind ebenfalls nicht förderlich. Auch die richtige Bekleidung trägt ihren Teil zu einer guten Vorbereitung bei. Wer friert, setzt sich unnötigem Stress aus, auf den der Körper reagiert. Also: warm genug anziehen. Außerdem sollte auf die eigenen Bewegungen geachtet werden. Nach Möglichkeit langsam und ruhig bewegen. Den Kopf nicht unnötig drehen und abknicken, lieber den ganzen Körper drehen. Unter Deck sind die Effekte der Sinnestäuschung stärker als an Deck. Das heißt, man sollte auf unnötige Ausflüge ins Bootsinnere verzichten und besser an Deck bleiben, wo sich zumindest der Horizont nicht bewegt. Auch Lesen kann dazu führen, dass jemand seekrank wird. Wer vorbeugen möchte, sollte auf einem Schiff nicht lesen und Gänge unter Deck meiden. Wenn sich der Körper an die Bewegungen des Schiffes gewöhnt hat, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper mit der Reiseübelkeit reagiert. Das gilt übrigens auch für eine Kreuzfahrt.
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Neben den schulmedizinischen Wirkstoffen gibt es eine ganze Reihe alternativer Behandlungsmöglichkeiten von Seekrankheit. Besonders zu erwähnen ist hier der Einsatz von Vitamin C, der sehr vielversprechende Ergebnisse in Versuchen erbracht hat und dem von vielen Seglern gute Wirkung in der Behandlung nachgesagt wird. Vitamin C baut das Histamin im Körper ab und wirkt daher gegen den Brechreiz. Ein Naturprodukt, welches ebenfalls der Übelkeit entgegenwirkt und praktisch ohne Nebenwirkungen daher kommt, ist Ingwer. Von Ingwer berichten viele Segler, dass er tatsächlich wirkt.
Nicht zu unterschätzen ist auch die Macht der Psyche, beziehungsweise der Placeboeffekt. Der Glaube an die Wirksamkeit eines Mittels, sei es schulmedizinisch oder alternativ, kann eine sehr gute Wirkung erzielen, wie diverse Versuche gezeigt haben.
Einige Betroffene der Seekrankheit berichten zudem, dass es ihnen nach dem Erbrechen besser geht und die Übelkeit verschwindet. Aber auch das ist von Person zu Person verschieden.
Beschäftigung an Bord ist ebenfalls ein gutes Mittel, um nicht seekrank zu werden oder die Übelkeit zu bekämpfen. Als sehr gut hat sich erwiesen, das Schiff aktiv zu steuern. Wer an Rad oder Pinne sitzt muss sich intensiv mit dem Seegang auseinandersetzen und die Wellen aussteuern. Das Gehirn bekommt daher die Information, dass eine bestimmte Bewegung stattfinden wird und ist nicht überrascht, wenn ds Gleichgewichtsorgan meldet, dass der Körper beschleunigt wird. In fast allen Fällen schwindet das Unwohlsein, sobald das Schiff selber gesteuert wird.
So haben auch Mittel gegen Seekrankheit, zu denen es teilweise keine oder nur sehr eingeschränkte Untersuchungen hinsichtlich der Wirksamkeit gibt, doch ihre Berechtigung. Denn: Was hilft, hat recht.
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Diese Tabletten helfen gegen Seekrankheit und sind in Apotheken erhältlich. Diverse Mittel sind frei in Apotheken verfügbar, andere sind verschreibungspflichtig. Manche Medikamente sind in Deutschland mittlerweile nicht mehr erhältlich, im Ausland teilweise schon. Alle Mittel gegen Seekrankheit müssen vor Auftreten der Symptome eingenommen werden. Die Zeitspanne variiert dabei zwischen den Arzneien, liegt aber meist zwischen drei und zwölf Stunden vor dem Ablegen. In jedem Fall sollten Sie die Einnahme von Medikamenten vor einer Reise mit Ihrem Hausarzt besprechen, denn alle Wirkstoffe haben Nebenwirkungen und können Wechselwirkungen mit anderen Arzneien, die unter Umständen bei Erkrankungen eingenommen werden müssen, auslösen. Dies ist auch ein Nachteil der effektivsten Medikamente, weswegen sie teils vom deutschen Markt verschwunden sind.