Krk – Kroatiens goldene Insel
Das Flughafenterminal des Flughafens Rijeka im Norden der Insel Krk empfängt die Reisenden mit dem „Charme“ vergangener sozialistischer Zeiten. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Krk als „Wiege der kroatischen Kultur“ und als sechster Kontinent gerühmt wurde. Sie wird als „die goldene Insel“ unter den 1185 Inseln der kroatischen Küstenlinie bezeichnet. Gerade in der Nachsaison! Die großen Touristenströme sind fortgezogen und es breitet sich eine lauschige Beschaulichkeit aus, die sanft von den noch milden Temperaturen untermalt wird.
Marina Punat
Ca. eine halbe Stunde braucht es, um vom Flughafen mit einem Taxi oder Shuttle, die ca. 30 Kilometer entfernte Marina Punat inmitten der lagunenartigen Bucht Puntaraska Draga zu erreichen. Die Marina Punat ist die älteste, private Marina Kroatiens. Über 1000 Wasser – und 500 Landliegeplätze stehen in der perfekt gepflegten Hafenanlage zur Verfügung. Liegeplatzinhaber profitieren von kurzen Wegen und einer auf alle Wassersportbedürfnisse zugeschnittene Infrastruktur.

Der Hafen ist offizieller Stützpunkt der Sportbootvereinigung (SBV) im Deutschen Motoryachtverband – Mitglieder profitieren von Vergünstigungen – und ist Ausgangshafen für mehrere Charterunternehmen. Trailerboot-Touristen haben die Möglichkeit hier zu kranen und vielleicht in dem zur Marina gehörenden, behaglichen Hotel Kanajt mit Blick auf den Hafen und die Bucht zu logieren. Alternativ finden sie ein gemütliches Zimmer im fußläufig entfernten Punat, oder richten sich auf einem der diversen, oft lauschig unter Bäumen gelegenen Campingplätze der Insel ein. SeaHelp hat einen Stützpunk im Ort Punat und sichert das Revier mit leistungsstarken Booten für die technische Hilfeleistung auf See.

Das beschauliche und historisch interessante Punat mit seinen gut 2.000 Einwohnern ist das Zentrum des Olivenanbaus von Krk. Olivenanbau gehört auch zu den Tätigkeiten der Mönche des Franziskanerklosters auf der kleinen, dicht bewaldeten Insel Kosljun inmitten der Puntarska Draga. Der kleine Inselhafen dient nur der Versorgung des Klosters, aber eine Fähre von Punat aus bringt Besucher herüber. Sie können an diesem verwunschenen Ort der Ruhe in einem kleinen Museum die interessante Geschichte Punats und der Insel erfahren.
Historisch bedeutsam, aber für den Laien nicht ganz offensichtlich ist auch ein kleiner, grauer kuppelförmiger Steinbau am nordwestlichen Ende der Bucht beim Dorf Kornić direkt neben der Landstraße: Die nur ca. zwölf mal sieben Meter kleine Kirche des heiligen St. Donat, gilt neben den Kirchen in Nin und Zadar, als eines der bedeutendsten Denkmale der altkroatischen Architektur. Der Zeitpunkt der Erbauung ist nicht sicher und datiert zwischen dem 9. und dem 12. Jahrhundert.
Kultur und Steine


Wir gehen an Bord laufen durch die gut ausgetonnte Rinne, die an Punat vorbei in die Kvarner Bucht führt. Yachten sollten sich an den Tonnenweg halten, denn an den Engstellen lauern Untiefen und Felsen. Wir richten den Kurs immer der Küste Krks entlang nach Südwesten. Sind der Norden und das Zentrum der Insel noch dicht bewaldet, prägt eine gewaltige, schroff-karge aber auch beeindruckende Felsenlandschaft diesen Küstenstrich. „Die Steinige“ war schon früher ein Beiname der Insel, doch die karge Landschaft ist auch eine Folge der Abholzung der für den römischen und venezianischen Schiffbau beliebten, weil haltbaren Steineiche, die typisch für Krk war und es an zahlreichen Stellen glücklicherweise auch heute noch ist. Zahllose Buchten mit klarem, türkisfarbenem Wasser und weißen Steinstränden sind nur mit dem Boot erreichbar und laden zum Aufenthalt vor Anker ein. Jetzt Anfang Oktober stehen die Chancen gut, so eine Bucht ganz für sich alleine zu haben. Die Sonne brennt nicht mehr so heiß, aber das Wasser hat noch gut 20 Grad Celsius eine angenehme Bade-Temperatur.

Vorbei an dem Küstenstädtchen Stara Baška umrunden wir die südlichste Inselspitze durch die Enge zwischen Krk und der kleinen Insel Prvic und laufen in die Bucht nach Baška ein. Baška mit seinen etwa 1800 Einwohnern ist eine der offiziell sieben Gemeinden Krks. Das hübsche Hafenstädtchen an der Mündung des Flusses Vela Rika ist berühmt durch seine weißen, langen Kieselstrände, von denen der längste ca. 1,8 Kilometer misst und als einer der schönsten der Adria gilt. Bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus befand sich nahe dem heutigen Hafen eine römische Siedlung. Die „Tafel von Baška“ aus der Kapelle Sv. Lucija in Jurandvor bei Baška ist eines der ältesten und bekanntesten Kulturdenkmäler der kroatischen Sprache und Geschichte. Sie wird auf das Jahr 1100 datiert. Die Inschrift gilt als die älteste ihrer Art in kroatischer Sprache und ist eine bedeutende Quelle für die historische Linguistik. Das Original wird in Zagreb aufbewahrt, in der Kapelle ist eine Kopie zu besichtigen.

Bora und Yugo
Wir tuckern weiter in Richtung Osten und fahren in die langegezogene Bucht Vela Luka ein. Ein schöner Strand und eine kleine „Konoba“ – ein kleines Restaurant, das während der Saison geöffnet hat, und das einen Bootsshuttle nach Baška anbietet, laden ein. Die Bucht ist zudem eines der letzten Schlupflöcher vor dem offenen Wasser des Velebitski Kanals, um ggf. Schutz vor der berüchtigten Bora zu finden. Der kalte Nordwind aus den Bergen des Velebiten-Gebirges auf dem nahen Festland, den die Einheimischen auch „den fröhlichen Wind“ nennen, da er meist bei schönstem Wetter und klarem Himmel auftritt, erzeugt beim Yachtie auf See alles andere als Heiterkeit. Aufgrund der Düsenwirkung des Gebirges kann er lokal bis zu 240 km/h – also ca. doppelte, offizielle Orkanstärke – erreichen.

So gilt der Velebitski Kanal nicht umsonst zu den gefährlichsten Gewässern des gesamten Mittelmeerraumes und die Bora-Warnungen des kroatischen Wetterdienstes sollten im ganzen Kvarner abgerufen und ernst genommen werden. Hohen Schwell aus Süd, feucht-warme Luft und auch Regen bringt der Gegenpol zur Bora, der aus Süden wehende Yugo, der gerade jetzt im Früh- bis Spätherbst auch die Sonnenstundenbilanz nach unten korrigieren kann. Liegeplatzinhaber der Marina Punat müssen sich aber auch dann keine Gedanken machen und können beruhigt schlafen.
Inselhauptstadt Krk

Wir verlassen die Vela Luka, passieren erneut die Meerenge bei Privic, und nehmen Kurs auf die Inselhauptstadt Krk. Statt kargem Gestein prägt nun wieder dichter Wald das Bild der Insel bis hinunter ans Wasser. Das mittelalterliche Krk ist mit ca. 3800 Einwohnern die größte Stadt der Insel und der Besuch ist ein absolutes MUSS. Krk entwickelte sich aus einer römischen Siedlung, deren Gründung über 2000 Jahre zurückliegt und war Sitz der Frankopanen. Das kroatische Adelsgeschlecht war seit dem 12. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert die beherrschende Fürsten-Familie in weiten Teilen Kroatiens. Sie genießt noch heute beim kroatischen Volk hohes Ansehen, da ihre Herrschaft als erfolgreich, weise und gerecht galt.

In der Nachsaison finden auch Gastyachten einen Liegeplatz zwischen Einheimischen, Fischern und ein paar Ausflugsbooten im geschäftigen, aber malerischen Hafen von Krk vor der schönen, historischen Kulisse. Bei starkem Yugo steht aber ggf. hoher Schwell aus Süd auf die Einfahrt und es empfiehlt sich, eher die Marina Punat anzulaufen. Sehenswürdigkeiten wie der viereckige Kula (Turm) von 1191, der sechseckige Hafenturm von 1407 als Teilstück des venezianischen Mauerrings mit römischen Relief, ein römisches Mosaik aus dem 2. Jahrhundert nach Chr., die Marienkathedrale und das Kastell der Frankopanen sollten idealerweise im Rahmen einer Stadtführung erkundet werden.

Die Spuren der Römer sind auch heute noch zu besichtigen. Am ungewöhnlichsten vielleicht im „Volsonis“ (www.volsonis.hr) nicht weit vom Hafen. Einem Restaurant, Café, Bar und Night Club und gleichzeitig einem Museum, das mit seinem Innenhof nicht nur ein schöner Ort für den Nachmittagskaffee ist, sondern dessen Katakomben eine historische Sensation sind. Im Zuge von Baumaßnahmen stieß man auf die in einer unteren Schicht liegenden gut erhaltenen Reste römischer Straßenzüge, Stadtbefestigungen und Grundmauern, sowie auf zahlreiche Artefakte und den Opferaltar für die römische Göttin Venus aus dem ersten Jahrhundert vor Christus, dem einzigen in der gesamten östlichen Adria. Diese Exponate und in Vitrinen ausgestellte Fundstücke sind heute Bestandteil der einzigartigen und verwunschenen Architektur des angesagten Clubs, dessen Besuch so zu einem kulinarischen Lifestyle-Erlebnis der besonderen Art in antikem Ambiente wird.

Das verwunschene Städtchen Dobrinj im Zentrum der Insel mit seinen engen Gassen, alten Gemäuern und den beiden Kirchen erreichen wir mit dem Mietwagen. Es bietet immer wieder phantastische Ausblicke und Sichtachsen über die Insel nach Norden und Osten. Von Dobrinj aus fahren wir herunter an die Ostküste nach Vrbnik, und durchfahren einen grünen Talkessel voller Rebstöcke des Žlahtina. Der trocken-fruchtige Weißwein ist eine Vrbniker Spezialität und beliebt zu Fischgerichten der lokalen Küche und eine echte Empfehlung.


Die Stadt Vrbnik im Osten
Vrbnik ist neben der Inselhauptstadt Krk die zweite Stadt, die auf dem Tour-Plan über oder um die Insel nicht fehlen darf. Die Frankopanen sollen von hier stammen und die Altstadt mit ihrem großen Glockenturm und zahlreichen historischen Gebäuden ist absolut sehenswert.


Vrbnik ist eine der ältesten Ansiedlungen Krks und liegt wehrhaft und eindrucksvoll auf einem 50 Meter steil ins Meer abfallenden Felsen. Seine dichte, verwinkelte Bebauung ist einerseits dem begrenzten Platz geschuldet, anderseits auch ein Schutz gegen die Bora. Autos gibt es hier kaum, sodass der typische städtische Verkehrslärm fehlt. Vrbnik verfügt am Fuße des Felsens über einen kleinen Hafen und einige kleine Buchten mit Kiesstränden in fußläufiger Entfernung. In Bora-verdächtigen Wetterlagen dort auf Leegerwall auf ein Gläschen Žlahtina oder für einen Stadtbesuch zu ankern, ist aber keine gute Idee.
Ein Spaß für Touristen ist die Durchquerung der Gasse Klancic, der angeblich schmalsten Straße der Welt, die an ihrer engsten Stelle gerade einmal 40 Zentimeter misst. Einen phantastischen Blick auf das gegenüberliegende Festland hat man von der Terrasse des beliebten Restaurants Konoba Nada, das lokale Küche auf hohem Niveau anbietet und auf der sich der Žlahtina besonders genießen lässt. Eine Tischreservierung ist empfehlenswert.

Der goldene Schein der abendlichen Oktobersonne ergießt sich ins Wasser der Puntaraska Draga. Wir genießen den Aperitif im Restaurant Marina in der Marina Punat und blicken zwischen den sanft schwojenden Yachten hindurch über die Bucht. Krk im Oktober – dieses steinige Eiland im Norden der Adria, dessen zerfurchtes Gesicht schon so viel gesehen hat: Römer, Venezianer, die Frankopanen, Kriege, Kommunisten und Touristen. Krk, Kroatiens goldene Insel – sie verzaubert. Vielleicht jetzt im ruhigen, milden Herbst noch mehr. Es lohnt sich, sie zu entdecken. Denn es gibt hier so viel mehr als nur Steine und Oliven.