Test Falcon BR 8: Finnischer Alu-Falke

Nun also auch die finnische GfK-Traditionswerft „Bella“. Aluminium lautet das Zauberwort, dessen im Focus stehenden Bootsbaumaterials sich offensichtlich ein um die andere Werft nicht mehr entziehen kann. Unter dem Label „Falcon“ werden derzeit von Bella vier Exponate in enger Zusammenarbeit mit dem finnischen Aluminiumspezialisten „Campnou Oy“ auf Kiel gelegt, die Modelle „BR 5“, „6“, „7“ und „8“.

Hinter „Bella-Veneet Oy“, einem in Finnland seit Anfang der 1970er Jahre als Urgestein des Sportbootbaues hoch angesehenem Konzern, seinerzeit aus der Taufe gehoben von Raimo Sonninen, verbirgt sich weit mehr als nur ein profaner Bootsbauer. Bella zählt zu den bedeutendsten und umsatzstärksten Herstellern von GfK-Motor-Sportbooten im skandinavischen Raum. Die Produktion begann seinerzeit in Kuopio, Mittelfinnland, inzwischen verteilt sich die Fabrikation auf fünf Standorte landesweit und seit geraumer Zeit auch in den Konzern involviert, der amerikanische Motorenhersteller Mercury Marine, alias Brunswick.

Bella-Veneet Oy vereint insgesamt aktuell vier Produktionsschienen unter einem Dach. Neben der für die seit der Saison 2018 neu ins Leben gerufene Aluminium-Range „Falcon“, genießen die Baureihen „Flipper“, die Edelmarke „Aquador“ und natürlich „Bella“ weltweit hohe Reputation. Die Basis für das Aluminiumboot-Projekt unter dem Arbeitstitel „Falcon“ wurde eigentlich schon vor Jahren gedanklich fixiert. Doch irgendwie verlief dieses Vorhaben im Sande. Dass diese Namensgebung jetzt in Form einer komplett neuen Bootskollektion realisiert werden würde, daran hatte seinerzeit niemand auch nur ein Quäntchen an Gedanken verschwendet. Doch wer Raimo Sonninen kennt, der weiß, dass dieser ehrgeizige Vollblutunternehmer keine halben Sachen macht. Sein Bestreben ist es, auch Falcon in der Kategorie der Aluminiumboote zum Qualitätsleader avancieren zu lassen. Man wird sehen.

Design, Konzept, Verarbeitung

Für die Erfolgschancen von Falcon spricht die jahrzehntelange Bootsbau-Erfahrung der bislang aufgelegten Bella-Produktschiene. Konsequenteste Entwicklung, Planung und Erprobung steht für ein Sortiment, das in seiner Klasse vielseitigste Raumlösungen sowie stilvolles und praxiserprobtes Design bietet. Hinzu kommt, dass durch die Zusammenarbeit mit dem Aluminiumspezialisten Campnou Oy ein Partner gefunden wurde, der über außergewöhnliches Know-how in Bezug auf die Fertigung von Bootsrümpfen dieser Art vorzuweisen hat. Auf den Punkt gebracht: Hier gehen zwei Bootsbau-Routiniers an den Start, deren Zusammenwirken darauf schließen lässt, dass Kosteneffizienz und hohe Qualität in allen Phasen des Herstellungsprozesses ohne Wenn und Aber gewährleistet ist.

Das beginnt bereits bei der Auswahl des verbauten Aluminiummaterials der Klasse „5083“, da bestens anodisierbar und somit von sehr guter Korrosionsbeständigkeit, hervorragender Schweißeignung und exzellenter Zerspan- bzw. Zugfestigkeit. Doch Aluminium ist nur die eine Seite der Medaille. Unter elegant schwarzgetönter Eloxierung verbirgt sich hochwertiges VA-Material in Form von Beschlägen, Schienen und Rahmen. Sämtliche Trittflächen an Bord sind zusätzlich mit Aluminiumplatten hochbelastbar geschützt, von der Bugspitze bis hin zu den achterlichen Seitenteilen neben der Motorwanne.

Als Paradebeispiel der vorstehend angesprochenen Kosteneffizienz, sei an dieser Stelle unter anderem auf das Wiedersehen mit einer alten Bekannten hingewiesen, nämlich die Innenschale dieser Falcon BR 8. Sie wurde originalgetreu übernommen aus der breit gefächerten Bella-Bootspalette, dem Modell „Bella 700 BR“.

Nehmen wir das Flaggschiff der Falcon-Flotte einmal etwas näher unter die Lupe. Beeindruckend die vielfältigen Möglichkeiten des Stauens, sogar „außenbords“ in den Kästen neben der begehbaren Motorwanne. Sie setzen sich fort im großzügig gestalteten Cockpit-Plichtbereich in den Backs- und Seitenbänken, unter dem Plichtboden zwischen den Frontschalensitzen und natürlich auch in den davor installierten Konsolen. Besonders üppig gestaltet fällt dabei die Backbordseite aus, deren Innenleben direkt vor dem Beifahrer, verschlossen durch eine riesige Tür, so viel Platz bietet, dass dort bequem eine Porta Potti installiert werden könnte. Nicht weniger geräumig der Stauraum im Fahrstand, direkt hinter der Tür und dem aufklappbaren Mittelteil des Windschildes Richtung Vorschiff. Auch dort wird jede Möglichkeit ausgereizt, die Räume unter den Sitzen und in der Bugspitze zum Stauen zu nutzen. Bei geschlossener V-Polster-Konfiguration wird aus dem Bugbereich eine großzügige Sonnenliege, das Pendant achtern realisierbar in gleicher Weise unter Einbeziehung des Sitz-U’s mit Einlegepolstern. Hinter den aufwändig verarbeiteten Polster-Rückenlehnen verschwindet das zweiteilige Cockpitverdeck samt Gestänge, mobiler Tisch, Kühlkiste, Hauptschalter- und Sicherungspaneel im Fußbereich komplettieren die Plicht.

Sämtliche fahrrelevanten Infos auf einen Blick am ergonomisch gestalteten Steuerstand bietet dem Rudergänger der Garmin-Touchscreen, Typ GPSmap XSV, flankiert von zwei analogen Instrumenten, die zusätzlich Auskunft über Geschwindigkeit und Drehzahl geben. Die Trimmklappenfunktion wird mittels eines Sticks aktiviert, für Scheibenwischer, Navilicht und Bilgenpumpe sind Kippschalter zuständig. Zündschloss, Einhebelschaltung mit Quickstopp, 12-V-Steckdose, USB-Anschluss, Staufach unter dem griffigen Ruder und Gläserhalter, alles in Armlänge erreichbar. Sicheren Seitenhalt garantieren die wertigen Schalensitze, multifunktional verstellbar und Offshore geeignet. Seitliche Fenderhalter ermöglichen den schnellen Zugriff, sorgen aber auch für Ordnung im Cockpit. Für den kleinen Abwasch an Bord steht ein Minispülbecken hinter dem Fahrer zur Verfügung.

Fahrfertig geliefert umfasst die Standard-Ausstattung unter anderem Badeleiter, Feuerlöscher, Trolling-Geschwindigkeitsregler, hydraulisches Ruder, Lenzautomatik, SmartCraft-Multifunktionsdisplay, Trimmklappen, zweiteiliges Verdeck und Windschild aus gehärtetem Glas. Als optionales Zubehör gelistet: Antifouling, Bugpersenning, Bugschraube, Kühlkiste, Frischwassertank, Tisch und Sonnenliegen.

Fahreigenschaften

Eigentlich kennt Werftchef Sonninen nur zwei Schalthebelpositionen – Vmax und Idle Speed – Leerlaufdrehzahl. Diesem Fahrstil gerecht werdend und keinen Kompromiss akzeptierend, ist auch die selbstauferlegter Forderung hohen Qualitätslevels sehr hoch angesiedelt. Damit zwangsläufig auch einhergehend die Bandbreite der Motorisierung. Bis beachtliche 300 PS billigt die Werft dem Testprobanden am Spiegel zu, die 150er Marke sollte allerdings nicht unterschritten werden, dann schlägt der Fahrspaß ins Marginale um. Dieser Empfehlung schließt sich der Chronist ohne Abstriche  an.

Zwar nicht die maximale Power ausreizend, entpuppte sich der im Test montierte, brandneue Mercury 225 V6-EFI-Einspritzer, 165 kW (225 PS), leistungsmäßig als durchaus akzeptabler Antriebsbolide, der aus dem Rumpf immerhin eine Topspeed von knapp 79 km/h (42 kn) bei 5.950 U/min herauskitzelte, feinfühlig ausgetrimmt nach nur zwölf Sekunden anliegend. Der dabei ermittelte Kraftstoff-Durchfluss von 0,98 Liter pro abgespultem Kilometer entspricht durchaus der Norm, sollte allerdings auch nur als kurzzeitiger Spitzenwert und nicht Durchschnittsverbrauch verstanden werden. Wird die Drehzahl nach Überwindung der Gleitphase auf 4.000 U/min Marschfahrt von immerhin noch flotten 52 km/h (28 kn) reduziert, halbiert sich auch blitzschnell der Durst des Merc um 50% auf ca. 0,51 Liter pro Kilometer.

Den Belastungsanforderungen des Rumpfes hingegen ist’s ziemlich einerlei, was der Mann an der Haspel fahrtechnisch im Schilde führt. Harter Rudereinschlag unter Volllast, egal, ob nach Stb. oder Bb., er macht alles mit, eindrucksvoll demonstriert auch durch die hier gezeigten Illustrationen. Gleiches gilt ebenfals für den Tanz über die Wellenkämme, der stets mit absolut softem Wiedereinsetzen ins nasse Element quittiert werden. Vertrauenserweckend dabei auch die satte, sonore Geräuschentwicklung der optimal schallgedämmten Gesamtkonstruktion.

Mein Fazit:

Mit der Falcon-Baureihe, ins besondere mit dem hier vorgestellten Paradepferd, Typ „BR 8“, etabliert sich der Bella-Konzern als durchaus konkurrenzfähiger Wettbewerber einer Produkt-Range, die stetig steigende Beliebtheit im Markt der Sportboote verzeichnet. Hervorragende Verarbeitung, hohe Belastbarkeit, exquisite, sportliche Fahreigenschaften, geringer Pflegeaufwand und dennoch ein gefälliges, smartes, familienfreundliches Erscheinungsbild, lassen inzwischen auch hierzulande immer mehr Bootsenthusiasten zu begeisterten Anhängern dieser Bootsspezies aus Leichtmetall werden.
Claus D. Breitenfeld
Bella-Veneet Oy Falcon BR 8
Konstruktion/DesignBella Boats
HerstellerlandFinnland
Motorisierung Test KW (PS):Mercury 225 V6, 165 (225), 4-Takt, 3,4 L, EFI-Einspritzung
AntriebsartAußenborder
Preis Standard/Testschiff:42.400,- ohne Motor / 66.400,-
  • 7,06m
  • 2,60m
  • 0,45 / 0,80m
  • ca. 1,40m
  • 110-220KW / 150-300PS
  • Rumpf: Aluminium / Innenschale: GFK
  • 250l
  • 10 / Optionall
  • 1400 (leer)kg
  • C
  • 9