Test Vivante 43 HT – elegante “Diva”
Die Tradition, auf die Werftchef Lars van Straten und seine Frau und Mitarbeiterin Bregina verweisen können, ist zeitlich leicht überschaubar. Denn erst im Jahre 2005 fassten beide den Entschluss, das zu tun, was sie heute mit berechtigtem Stolz vorzeigen können – nämlich Schiffe bauen. Aus dem Französischen frei übersetzt bedeutet „Vivante“ so viel wie „lebend, lebendig, lebhaft“. Ein Synonym, das so recht zu beiden passt, denn die Ideen, die sie in ihren Schiffen realisieren, sind alles andere als verstaubte Ladenhüter. Modernstes Design, gepaart mit Eleganz und technisch auf dem neuesten Stand, das ist die Maxime, die sie von sich selbst fordern, dabei aber niemals die Wünsche des Kunden aus dem Blickwinkel verlieren. Daher wird jede Vivante Yacht stets ein Unikat nach dem Prinzip „Custom build“ sein.
Doch worauf basiert die These, dass ein so junges Unternehmen von sich behauptet, auf ein gerüttelt Maß an Erfahrung zurückgreifen zu können? Des Rätsels Lösung ist ganz einfach: Die Vivante-Werft sitzt wie eine Spinne im Zentrum des friesischen Freizeit-Bootsbaues. Wenn man so will, „umzingelt“ von etablierten Spezialisten, die seit Jahrzehnten nichts anderes tun als Stahl- oder Aluminiumschiffe auf Kiel zu legen (eine Vivante gibt’s auch in Leichtbauweise), sie auszubauen, technisch auszurüsten, zu lackieren, ihnen das perfekte Finish zu verpassen.
Diese wohl einmalige Konstellation hat Lars van Straten erkannt und weiß sie perfekt zu nutzen, denn auf die Frage nach seinem Mitarbeiterstab antwortet er verschmitzt: Keinen – außer meiner Frau. Ideen umsetzen, den künftigen Eigner mit einbinden, Aufträge im Umkreis von rund einem halben Kilometer auf Partnerunternehmen verteilen, diese kontrollieren, dazu braucht es keinen „personellen Wasserkopf“, kein kostenintensives Personal. Viel wichtiger ist es da schon, mit profilierten Designern und Schiffsarchitekten zusammenzuarbeiten, wie zum Beispiel „Vripack“. Dreimal darf geraten werden wo die sitzen? – natürlich in Sichtweite in Sneek. Und dass dieses System bestens funktioniert, dafür treten bislang mehr als ein Dutzend gebaute Schiffe aus dieser Edelschmiede den Beweis an.
Derzeit sind sechs unterschiedliche Modelle auf der Angebotsagenda gelistet: Die hier vorgestellte 43er Hard Top, die auch als Cabrio Cruiser gebaut wird und in ihrer Klasse 2009 das Prädikat „Motorboot des Jahres“ in Holland für sich in Anspruch nehmen konnte. Daneben bietet die Werft den Typ 50 Fuß ebenfalls als „CC“ und „HT“ an und schließlich noch eine 42er und 55er Vivante. Wer übrigens einmal probeweise „Vivante-Luft“ schnuppern möchte, zwölf Charterschiffe stehen für „Eignern auf Zeit“ in Sneek auf Abruf und von den 20 hauseigenen Liegeplätzen wird der eine oder andere auch für Gastlieger reserviert.
Fahreigenschaften
Stahlverdrängern wird zuweilen recht eigenwilliges Fahrverhalten nachgesagt, was mitunter auch nicht von der Hand zu weisen ist. Die Fahrt voraus ist in der Regel zufriedenstellend, deutliche Unterschiede zeigen sich jedoch besonders beim Manövrieren zum Beispiel in Sachen Drehkreise. Mehr oder weniger üppig fallen diese aus, nach achtern hingegen treiben sie Rudergänger schon `mal an den Rand der Verzweiflung.
Wer davon ein Lied singen kann, dem sei ein Probeschlag auf unserem Testprobanden empfohlen. Bei einem Ruderblatteinschlag nach jeder Seite von 45° – 6,5 Umdrehungen komplett – kann die serienmäßige Bug- und Heckschraube getrost vergessen werden. Mit zügiger Drehzahl von 1.200 bis 1.800 U/min dreht der Rumpf über Bb. und Stb. quasi auf der Stelle. Und das völlig ansatzlos ohne langwierige Eingewöhnung. Alle Achtung! Nicht ganz so rasant und spontan zeigt sich dieses Verhalten achteraus, doch auch hier kann nicht gemeckert werden. Hat sich die „43“ erst einmal eingedreht, dann geht’s auch dabei im wahrsten Sinne des Wortes rund. Kommen schließlich Bug- und Heckschraube obendrein zum Einsatz, kann man damit seinen Namen ins Heckwasser schreiben.
Testgewicht 20 Tonnen. Wahrlich kein Pappenstiel. Da stoßen 125 Diesel-kW (170 PS) sicherlich an ihre Grenzen – sollte man meinen. Doch weit gefehlt. Bereits nach etwa zehn Sekunden, den Hebel auf voll voraus gelegt, notieren wir Marschfahrt von 10,2 km/h (5,5 kn) aus ruhender Position. Nochmal weitere zehn Sekunden verstreichen lassen, Vmax liegt an, 16,5 km/h (8,9 kn), Geräuschentwicklung 75 dB(A) am Steuerstand. Letzteres ein hervorragender Wert inkl. Wind-, Wasser- und Motoren-Phon-Cocktail, was für die exzellente Dämmung spricht. Im Marschfahrtmodus von ca. 1.200 U/min kommen dabei gerade `mal Stimmband schonende 60 dB(A)‘s herum.
Egal, für welchen Drehzahlbereich sich der Rudergänger auch entscheidet, der lang durchgezogene Kiel steht als Garant für spurtreuen Kurs, kaum der Rede wert gelegentliche Ruderkorrekturen. Verdrängertypisch die Geschwindigkeitsdifferenzen bei gleicher Drehzahl, jedoch unterschiedlichen Wassertiefen, zu entnehmen dem Kasten „Technische Daten“. Dies dürfte sich schnell ändern beim Befahren von Revieren der Kategorie „B“, außerhalb von Küstengewässern. Resümee dieses Kapitels: Alles im grünen Bereich.
Ausstattung und Verarbeitung
Eine Vivante, die bereits äußerlich die Eleganz einer italienischen Diva versprüht, sollte auch unter ihrer Schale das halten, was der bloße äußere Eindruck verspricht. Und dem ist auch so. Frisches, modernes Design von erlesener Qualität empfängt den Betrachter sowohl an, als auch unter Deck. Es wäre müßig, an dieser Stelle die unterschiedlichsten Einrichtungs-Layouts im Detail würdigen zu wollen. Und schon gar nicht käme der Faktor Custom build ausreichend zum Tragen. Daher wollen wir an dieser Stelle einen allgemeinen Eindruck vermitteln, der je nach persönlicher Intuition weiterentwickelt werden kann.
Im Vorschiff die traditionelle V-Kabine als des Eigners Reich mit großem Doppelbett und reichlich Stauraum, der auch anderen Ortes im Schiff perfekt genutzt wird. An Stb sich anschließend der Sanitärbereich mit elektrischer Toilette und Runddusche, ein vorgefertigtes Bauteil, das als abgeschlossene Einheit ins Schiff gesetzt wird. In Fahrtrichtung nach achtern die komplett bestückte Pantry. Hier bereits einer der nicht sofort ins Auge fallenden Gags im Schiff. Der Kühlschrank wurde auf Schienen montiert. Grund: Wird er aus dem Küchenblock herausgezogen, öffnet sich dahinter der Zugang zum separaten Technikraum. Gegenüber an Bb. die Dinette und schließlich der Eingang zur Gästekabine im Unterflurbereich, ebenfalls mit Doppelbett, unvermutet geräumig.
Dreistufig der Niedergang in den Salon mit üppigem U-Sofa an Bb., dessen Rückenlehne in Höhe des Steuerstandes klappbar ausfällt und somit gleichzeitig in die Funktion einer Beifahrerbank mutiert. Der Mann an der Haspel nimmt auf einem Multifunktions-Sessel Platz, ergonomisch hervorragend abgestimmt bei bester Rundumsicht. Vor ihm der klar gegliederte Steuerstand, eingebettet in ein ebenfalls vorgefertigtes GfK-Modul, das sich über die gesamte Schiffsbreite erstreckt. Nach achtern an Stb. schließlich eine Wetbar samt TV. Auf Kundenwunsch könnte hier auch eine zweite Pantry ihren Platz finden. Für reichlich Frischluft und Licht sorgen zudem zwei riesige Schiebeluken im Dach. Verschlossen wird der Unterdecksbereich durch eine schwere, dreiflügelige Schiebetür.
Überbreite, mit Flexiteak belegte Gangbords flankieren das geräumige, achterliche Cockpit mit Stauraum satt. Überkommendes Wasser kann ungehindert daneben über die Badeplattform ablaufen. Bequem von außen zu erreichen der Tipp-Top-Motorraum, eine Augenweide für jeden Technikfreak.
Besondere Würdigung verdient unter anderem das Ankergeschirr auf dem Vorschiff. Die Aufnahme der „gründelnden Haltekralle“ ist so konstruiert, dass bei deren Einholen eventueller Schmutz an der Kette sofort per Deckswaschanlage entfernt und außenbords abgeleitet wird. Integrierte Wasserabläufe auf dem Salondach verhindern auf Dauer hässliche Tropfnasen und wenn die See einmal von achtern anrollt, dann bricht sie sich am schrägen Achtersteven die Wellenkronen ab. Viele kleine Details sind es, die dieses Schiff zum echten Hingucker machen.
Mein Fazit:
Konstruktion/Design | Vripack Design |
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Herstellerland | Niederlande |
Motorisierung Test KW (PS): | Vetus Deutz DT 66 / 125 (170) |
Antriebsart | Welle |
Preis Standard/Testschiff: | 443000,- / 526000,-€ |
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13,57m
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4,50m
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1,10m
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2,80 -3,20m
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1 x 125 - 2 x 221KW / 1 x 170- 2 x 300PS
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Stahl
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800l
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550l
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ca.16000 (Stahl) / ca. 11000 (Alu)kg
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B
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8
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2 +1
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4