Verbände kämpfen für die Sportboot-Fahrer
MotorBoot Online:
Herr Weber – welche Rolle spielen die Motorboot-Verbände
bei der Vertretung der Interessen der Bootssportler in der derzeitigen
Situation?
Klaus
Michael Weber:

In der ersten Phase der Verordnungen war die Information über die Konsequenzen über unsere Mitgliedsvereine an die Skipper der wichtigste Teil.
In der aktuellen Phase, in der es um mögliche Lockerungen geht, üben wir eine starke Beratungsfunktion gegenüber den Entscheidungsträgern der Politik, Ämtern und Behörden aus.
Hier erarbeiten wir Lösungsansätze, die den Bootssport ermöglichen, ohne die Zielsetzung der Maßnahmen zu gefährden. Bei unserem aktuellen Thema kommt uns als Verbände auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung zu. Dies heißt auch: Werben um die Akzeptanz für die erforderlichen Schutzmaßnahmen.
“Den Verbänden kommt auch eine gesellschaftspolitische Verantwortung zu…”
MotorBoot Online:
Mit welchen Stellen sind die Landesverbände in der
Diskussion, gibt es konkrete Vorschläge der Verbände für einen geordneten
Saisonstart und wenn – wie sehen die aus?
Klaus
Michael Weber:
Wir bringen
uns auf verschiedenen Ebenen ein. Über den Dachverband DMYV beim Deutschen Olympischen
Sportbund (DOSB), der die Interessen der Wassersportverbände auf Bundesebene
einbringt, über unsere Landesverbände, die über die jeweiligen Landessportbünde
agieren, aber auch mit den jeweiligen Landesregierungen in Kontakt sind.
Um den
Saisonstart zu ermöglichen, sehen wir drei notwendige Stufen:
- Den
Vereinen die Möglichkeit zu geben, ihre Steganlagen einzubringen - Den
Skippern die Möglichkeit zu geben, ihre Boote aus dem Winterlager in die
Vereinshäfen zu bringen - Den
Skippern die Zugänge zu den Wassersportrevieren zu ermöglichen
Dies alles auf der Grundlage der Verordnungen, die das Zusammentreffen von Gruppen verhindern. Wir können dies mit Hilfe der Vorstände unserer Mitgliedsvereine steuern.
“…nicht einfach Forderungen aufstellen, sondern regionalspezifische Lösungsansätze aufzeigen.”
MotorBoot Online:
Gibt es eine Abstimmung unter den Landesverbänden und
eine einheitliche Linie in Bezug auf die derzeitige Situation?
Klaus
Michael Weber:
Ja, es finden
regelmäßige Videokonferenzen des Verbandsrates statt, in denen wir die aktuelle
Situation bewerten, uns beraten und abstimmen. Dabei wollen wir nicht einfach
Forderungen aufstellen, sondern zeigen regionalspezifische Lösungsansätze auf,
die das Ziel aller Maßnahmen nicht gefährdet.

MotorBoot Online:
Spüren sie Druck von der Basis, wenn es in einigen
Bundesländern bereits erlaubt ist wieder zu fahren und in anderen nicht, und
wie reagieren Sie darauf?
Klaus Michael
Weber:
Aktuell
leisten unsere Vereinsvorstände eine hervorragende, wenn auch schwierige
Überzeugungsarbeit.
Der Druck
nimmt mit jeder Phase von Erleichterungen zu, da immer eine Erklärung erwartet
wird, warum wir nicht nachziehen können.
Im Übrigen
kommt dies auch sehr stark von den nicht organisierten Skippern, bei denen in
den Telefonaten sehr oft Informationsdefizite feststellbar sind.
Unsere
Reaktion hierauf ist eine intensive Informationspolitik über die jeweilige
Ist-Situation und welche Schritte wir als Verbände nun einleiten, aber auch
unsere zeitliche Erwartung, wann hierüber mit neuen Entscheidungen zu rechnen
ist.
In der Regel
stoßen wir dann auf überwiegendes Verständnis.
” Eine offene Informationspolitik wird eine große Bedeutung haben. ”
MotorBoot Online:
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in Bezug auf
die Umsetzung von Corona- Schutzmaßnahmen beim Bootssport?
Klaus
Michael Weber:
Wenn unser
Modell des Einstiegs in die Saison kommen sollte, wird sich der Vorteil des
organisierten Wassersports bewähren. Dies bringt allerdings auch eine hohe
Belastung für unsere Vereinsvorstände mit sich, die ja die Regeln und die
Umsetzung der Verordnungen steuern müssen. Das Problem werden die nicht organisierten
Bootssportler sein, denen erfahrungsgemäß der notwendige Informationsgrad fehlt
und diese die Situation oft eher aus Ihrem Eigeninteresse bewerten.
Eine offene
Informationspolitik wird auch weiterhin eine große Bedeutung haben.
“Solange Vereinsaktivitäten untersagt sind, wird auch eine Betreuung der Häfen nicht möglich sein…”
MotorBoot Online:
In einigen Bundesländern sind die Vereine ratlos, da der
Bootssport zwar nicht verboten ist, aber die Infrastrukturen, wie z.B. die
Stege nicht zur Verfügung gestellt werden können, da gemeinschaftliche
Vereinsaktivitäten untersagt sind. Wie sieht die Problematik im Detail aus und
sind die Dachverbände in die Suche nach einer Lösung eingebunden?
Klaus
Michael Weber:
Solange
Vereinsaktivitäten untersagt sind, wird auch eine Betreuung der Häfen nicht
möglich sein. Es fehlt damit die notwendige Infrastruktur für Tourenskipper,
die damit in erster Linie von den Konsequenzen betroffen sind.
Mögliche Lösungen können im ersten Schritt nur lokal über unsere Landesverbände geprüft und vorgeschlagen werden.
MotorBoot Online:

Die Politik macht z.T. Unterschiede zwischen gewerblichen
Häfen und Marinas, in denen der Zugang zu den Booten gestattet ist und
Vereinshäfen, wo die Skipper zur Untätigkeit verdammt auf dem Trockenen sitzen…
Klaus
Michael Weber:
Diese
Differenzierung ist aus meiner Sicht unverständlich. Hier gaben wohl
wirtschaftliche Überlegungen der Politik den Ausschlag.
Die meisten
Vereinshäfen sind da schon in Bezug auf die Größe im Vergleich zu den großen
gewerblichen Marinas deutlich übersichtlicher, die Mitglieder kennen einander
und nehmen Rücksicht. Absprachen und Verhaltensregeln sind so auch über die
Vorstände einfach an die Mitglieder zu kommunizieren.
Hier scheint
mir die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln einfacher zu sein, von daher
würde ich dafür plädieren, die Vereinshäfen hier nicht zu benachteiligen.
MotorBoot Online:
Wer an Motorbootsport denkt, der auch an Rennsport oder
an Sportarten, die damit zusammenhängen, wie z.B. Wasserski- und Wakeboard
fahren. Wie schätzen Sie die Situation in diesen Bereichen ein und wie die
Aussichten für die Sportler in diesem Jahr noch aufs Wasser zu kommen?

Klaus
Michael Weber:
Beides sind Einzelsportarten, die aus meiner Sicht unter die Erleichterung fallen sollten, da die Regeln hier eingehalten werden können. Bei Wettbewerben wird es Einzelfallentscheidungen geben, die die speziellen Veranstaltungsbedingten und örtlichen Bedingungen berücksichtigen werden.
“Der kritische Erfolgsfaktor in den nächsten Wochen wird das Verhalten der Bootssportler sein.“
MotorBoot Online:
Wie lautet Ihr Appell an die Skipper, die ungeduldig
sind, endlich aufs Wasser zu können?
Klaus
Michael Weber:
Sich aktuell,
insbesondere regional informieren, sich verantwortlich für Vorsichtsmaßnahmen
fühlen und so die Voraussetzungen für weitere Lockerungen schaffen. Der
kritische Erfolgsfaktor in den nächsten Wochen wird das Verhalten der
Bootssportler sein. Wenn das funktioniert, dann habe ich einen vorsichtigen
Optimismus…
MotorBoot Online:
Herr Weber, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Boots-Spaß mit Verantwortung

Erste Lockerungen für Bootsfahrer wurden bereits umgesetzt, unterscheiden sich jedoch von Bundesland zu Bundesland. Bei aller Ungeduld, aufs Wasser zu kommen, ist auch Einsicht notwendig: Die Restriktionen wurden nicht beschlossen, um Menschen den Freizeit-Spaß zu verderben, sondern die Ausbreitung einer unter Umständen tödlich verlaufenden Krankheit zu verhindern.
Je mehr wir uns im täglichen Umgang miteinander verantwortungsvoll, nachsichtig und tolerant verhalten, umso schneller haben wir die Chance wieder gemeinsam unbeschwerte Stunden an Bord zu erleben. Denn die gesellschaftspolitische Verantwortung beginnt letztlich bei jedem einzelnen.